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Zedler:Wenig, oder Wenige

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wenig

Band: 55 (1748), Spalte: 7–8. (Scan)

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Wenig, oder Wenige, Lat. Pauci, Pauca. Was in dem gemeinen Leben durch diese Worte angezeiget werde, ist bekannt genug; nicht aber, was es in dem Ausspruche unsers Heylandes heisse, den wir Matth. XXV, 21 lesen: Ey du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen etc. Durch das Wenige verstehet der HErr alle diejenigen Güter, darüber er uns in dieser Welt zu Knechten und Haußhaltern gesetzet; durch das viel aber verstehet er die Himmels-Güter, die er dort oben seinen treuen Dienern und Dienerinnen will einräumen. Hier fragt sich es, wie denn die Güter dieser Welt können ὀλἰγα, pauca oder exigua, wenig, genennet werden, da ihr doch eine sehr grosse Anzahl ist: Sie sind nicht alle zu zählen, Ps. XL, 6. sie sind nicht gering, sondern vortrefflich groß. Groß wegen des Gebers, welches ist der grosse GOtt im Himmel, von welchem alle gute und alle vollkommene Gaben, Jac. I, 17; groß wegen der Würdigkeit, denn sie sind nicht geringe zu schätzen; Groß wegen des Nutzens, den wir davon haben, denn er ist auch nicht schlecht und geringe. Es fragt sich auch, warum denn und wie nach die Himmels-Güter πολλἁ, oder viel, genennet werden? Die Antwort ist auf beydes: Wenig werden die zeitlichen Güter genennet und gering, nicht an und vor sich selbst, denn freylich sind ihrer sehr viel, sie sind auch wichtig und fürtrefflich; sondern wenig und geringe werden sie genennet theils respective, weil GOtt noch vielmehr grössere und wichtigere Güter hat: Je mehr GOtt giebt, je mehr er hat, und bleibt doch ein reicher GOtt. Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle, Ps. LXV, 10. Theils comparative in Gegenhalt gegen die Güter des ewigen Lebens. Denn dieselben sind freylich viel grösser, und ist ihrer viel mehr als der Güter dieser Welt. Es ist das Gut des ewigen Lebens eine über alle massen wichtige Herrlichkeit, 2 Cor. IV, 17; Es hats kein Auge gesehen etc. 1 Cor. II, 9. Theils, weil sie nicht beständig seyn und aufhören, und dahin hat auch der Syrische Dollmetscher gesehen, wenn er ein solch Wort gebrauchet, das nicht nur eine Wenigkeit, sondern auch eine Geschwindigkeit und kurtzen Uebergang bedeutet. Viel aber werden die Güter des ewigen Lebens genennet eben aus den Ursachen, nemlich in Gegenhalt der zeitlichen Güter, welche sie an der Zahl weit übertreffen; an Gewichte überwiegen; denselben an der Kostbarkeit vorgehen; und auch viel beständiger und dauerhafft seyn. [8]

So stehet auch Luc XIII, 23. HErr! meynest du, daß wenig selig werden? Die Juden sind allzu sicher gewesen wegen ihrer Seeligkeit, denn sie lehren, daß gantz Israel an der zukünfftigen Zeit Theil haben werde; (Gemara Sanhedrin c. 20) daß Abraham an den Thoren der Höllen sitze, und keine Uebertreter Israelis zur Höllen hinunter fahren lasse. Aus solcher ungemeinen Sicherheit entstund diese Frage, welche der liebste Heyland gründlich beantwortet. Amel. N. T. P. II, p. 178 u. f.

In den Rechten haben die Worte: Wenig, oder Wenige, Pauci oder Pauca, nicht allemahl einerley Bedeutung, oder Bestimmung, sondern sie sind so wohl nach Beschaffenheit der Personen, als der Sachen, wie auch der Fälle, und der Zeiten, öffters gar sehr von einander unterschieden. Siehe Bartolus in l. scire oportet. ff. de excusat. tut. Insbesondere aber heissen in l. 1. ff. de praescript. verb. Wenige so viel, als zwey. Da hingegen in dem l. licet Imperator. ff. de leg. 1. u. a. m. dreye schon vor viele genommen werden. Spiegel und Calvinus in Lex Jur. v. Pauca.