Zedler:Weydesprüche

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Weydewerck der kleinen Kinder

Band: 55 (1748), Spalte: 1151–1158. (Scan)

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Weydesprüche. Die Hochachtung des edlen Weydewercks bestund bey den Alten insbesondere darinne, daß grosse Fürsten und Herren sich gefallen liessen, nicht nur zur Sommers-Zeit grüne, und zur Winters-Zeit bey Sauhatzen graue Kleidung, gleich denen Jägern, sondern auch wohl das völlige Jägerzeug, als Hirschfänger und Hornfissel oder nach Beschaffenheit Jagd- und Flügel-Hörner an sich zu tragen, nicht minder auch mit besonderer Begierde die Jägerey bey einem tüchtigen Weydmanne zu erlernen, den Leit- und andere Hunde ordentlich zu arbeiten und gesetzt zu machen; hiernächst aber auch die Fehrten der wilden Thiere, deren Wechsel und Wandel, und was sonst zum Jagen und Weydwerck gehöret, genau zu untersuchen, und solches sich bestens bekannt zu machen. Zwar kan man nicht in Abrede seyn, daß jetziger Zeit auch noch einige Fürsten, Grafen und Herren sich finden, die aus besonders hoher Achtung des Weydwercks denselbigen Exercitien mit Dero hohen Person hochrühmlich beywohnen, solche auch wohl selbst anzuordnen und zu bewerckstelligen belieben. Um aber wieder auf den Gebrauch der Vorfahren zu kommen; so nahmen auch die grossen Herren alle Weydmännische Redens-Arten, Weydsprüche und Regeln, gleich denen Jägern mit an. Woraus zu schliessen, daß solche dem Weydwercke eine grosse Hochachtung und Zierde gegeben; Allermassen bey allen Vornehmungen des Weydwercks die Herren mit den Jägern, wie auch die letztern mit und unter einander selbst, nach zierlicher, ob schon nicht nach jetziger ausgekünstelter, poetischer Art, zur Aufmunterung, Anfragung, Fortsetzung und Beendigung, vor, bey, in und nach der Jagd Reimenweise gesprochen, folglich selbiges sowohl vergnüglich, als ordentlich, hieran auch ein geschickter und gelernter Jäger zu erkennen gewesen, wie denn auch zugleich ein junger Weydmann mehr Hochachtung vor das Weydwerck bekommen, und auch durch die fleissige Lernung und Begreiffung der Weydsprüche die Gründe, so zum Weydwercke gehören, besser ins Gedächtniß gefasset worden. Denn es war nicht genung, daß man die Weydsprüche nur herbeten lernte; sondern es wurden die Jungen von den alten Jägern, oder auch Fremde, welche sich vor Jäger ausgaben, besonders in Jäger-Gesellschafften, oder Zusammenkünfften, auch bey Behengungs- und Jagens-Zeiten, examiniret, wie sie diesen oder jenen Weydespruch verstünden, und im Wercke selbst erweisen könnten. Ueberhaupt war es eine sehr löbliche und nützliche Einrichtung, und zeigte auch, wie oben gedacht, hiermit einen würcklichen gelernten und exercirten Jäger an; immassen mancher, so sich vor einen Jäger ausgeben wollen, und sich in der That etwa so nicht verhalten, oder auch aber in seinem Exercitio faul und nachläßig, etwas zu begreiffen, gewesen, sodann aber, da er unter rechtschaffene Jäger in Gesellschafft oder bey Jagen gekommen, von Weydsprüchen gar wenig, oder die darinne enthaltenen Fundamente nicht gewust, schamroth gemacht, oder da er sich etwa darüber beleidigt befunden, [1152] mit andern Extremitäten von der Gesellschafft der Weydeleute abgewiesen wurde. Es wäre zwar zu wünschen, daß die alten Weydmanns-Gebräuche annoch in vorigem Werth gehalten würden; Aber so ist nur zu bedauren, daß sie in diesem Jahrhundert sehr abkommen, und wird es vor was altväterisches gehalten, dahero auch viele als Jäger mit unter herlauffen, die doch gar wenig vom Weydwerck gesehen oder gelernt haben. Und ob gleich in unserm geliebten Deutschlande auch noch recht tüchtige und prave Weydmänner vorhanden sind; So müssen sie sich dennoch zum Theil den Lauf der Zeit mit gefallen lassen, daß mancher Ungelernter und Ungeübter unter der Zahl der Jäger mit einhergehet. Aus Ursachen, weil die alten Weydmännischen Gesetze nicht mehr recht brauchbar gehalten werden; Und unter und für sich selbst solche wieder empor zu bringen, will es fast was schweres seyn. Ob nun schon, wie mehrmahls gedacht, die alten Regeln und Weydmanns-Gebräuche jetzo grossen Theils erliegen; So haben wir dennoch den Alten zum Ruhme, von deren löblichen Ordnungen, dem Weidwercks-Liebhabenden und hierinne Unwissenden etwas vorzeigen, und zu betrachten geben wollen, wie sie das Weydwerck und auch sich selbst beehret. Denn wean sie gleich von fremden und entfernten Orten zusammen gekommen, so haben sie doch einander Lieber, als mein lieber Weydemann, genennet, auch nach alter Deutscher Art, der Kunst und Profeßion wegen, als Verbrüderte sich gehalten, wie im Nachfolgenden zu ersehen, da es gemeiniglich zur Anrede heist: Mein lieber Weydemann, sage mir an, u.s.w. Die Antwort drauf: Mein lieber Weydemann, das will ich dir wohl sagen an, u.s.w. Wobey auch zu gedencken, daß, so sie zusammen gekommen, oder von einander geschieden, sie sich auch Heil, oder, wie es eigentlich gemeynt gewesen, alles Gutes angewünschet, welches zwar noch bey einigen Weydleuten gebräuchlich, daß sie einander mit diesen Worten begrüssen, oder Abschied nehmen: Weydemanns Heil, oder auch bey einigen: Glück auf. Dieses zum Voraus gesetzt; so sollen nunmehr auch die sonst üblichsten Weydesprüche folgen.

Wenn ein Weydmann den andern des Morgens aufgeweckt, oder aus seiner Wohnung abgerufft, und sie folgends mit einander zu Holtze ziehen wollen.

Auf! auf! mein lieber Weydmann, mit Weydmanns Heil, daß uns, so GOtt walt, was Gutes werde zu Theil.

Antwort:

Jo, ho! mein lieber Weydmann, gleichfals mit Heil, daß GOtt dir und mir gebe all gute Weil.

So sich der Weydmann vor dem Jagd-Palais oder Jagd-Schlosse hören läst, die Herrschafften aufzumuntern, und zur Jagd einzuladen:

Auf! auf! Edle Weydleut, Herren, Ritter, Reuter und Knecht, auch alle gute Gesellen, so mit mir heut aufs Jagen wollen. Auf! auf! Edle Damen und Jungfrauen, last uns heute das [1153] prave Jagen beschauen, mit Fleis, Vergnügen, und ohn alles Grauen. Auf! auf Kellermeister und Koch, füllet die Fläsch, und richtet doch das Frühstück, gut und fein balde, dieweil wir ziehn zum Walde, damit wir uns können ergötzen, ehe wir das Jagen fortsetzen.

Antwort.

Weydmanns Heil, Weydmanns Heil, Weydmanns Heil!

Wenn ein Herr, den Weydmann, oder ein Weydmann den andern fraget, wo der Zug und das Jagen hingehen soll.

Ho! ho! mein lieber Weydmann, wo wollen wir heute hinan?

Antwort.

Hin, hin, zum Stahlberg auf A und No. 6. an jener Buchen, da wollen wir den edlen Hirsch suchen, alldort bey jenen Linden, da wollen wir ihn finden, an dem Stechplan und bey den Bürcken, da wollen wir, so Gott will, den edlen Hirsch zuwircken.

Wenn der Jäger den Leithund fasset, und mit ihm ausziehen will.

Hin, hin, frisch und ritterlich, der helle Tag scheint über dich, ho! ho! ho! ho! trauter Gesell, hin, hin.

Wenn ein Weydmann den andern fraget, wo sie mit ihrem Zuge wieder zusammen kommen wollen.

Ho! ho! mein lieber Weydmann, wo kommt, ho! ho! woit gut, mein Zug zu deinem wieder an?

Antwort.

Jo, ho! mein lieber Weydmann rund, ich thue dir kund, du ziehest auf der 6 bis an A, allwo ich deiner warte da.

Wenn die Weydleute auf der Vorsuch wieder zusammen kommen.

Ho! mein lieber Weydmann, was ist Dir auf Deinem Zuge gangen an?

Antwort.

Jo, ho! mein lieber Weydman, daß will ich dir bald sagen an, ein jagdbarer Hirsch und ein hauend Schwein, was könnte uns ho! ho! woit gut wohl liebers seyn?

Ferner zum Rapportiren:

Ho! ho! mein lieber Weydmann gut, sage mir mit frisch- und frölichem Muth, was hast du auf deinem Zuge vernommen, der edlen Hirsch zu Holtze sind kommen?

Antwort.

Jo, ho! mein lieber Weydmann woit gut, ich sage dir mit frisch- und frölichem Muth, sechs gute Hirsch kommen dort oben bey der Bircken, so GOtt will, wollen wir sie bald zerwürcken, drey kamen an jener Ecken, sie thun zusammen hierinn stecken.

Mein lieber Weydmann, sage mir an, was hast du mit deinem Hund wechselnd vernommen, wo die Hirsch von meinem Zug sind hinkommen? [1154]

Antw.

Jo, ho! mein lieber Weydmann, es giengen meinen Hund zehn Hirsche bey der 4 wechselnd an, drey sind heraus, und 7 bleiben drüben, diese sind in unserm Jagen blieben.

Jo, ho! mein lieber Weydmann, wie viel hat der edle Hirsch, ho! ho! woit gut heut Wiedergänge gethan?

Antw.

Jo, ho! mein lieber Weydmann, sechs oder sieben, damit hat der edle Hirsch ho! ho! woit gut seine Zeit vertrieben.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, was ist dir auf der Vorsuch gangen an?

Antw.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, ein edler Hirsch von 20 Enden, thut sich vor meinen Hund zu Holtze wenden, er steckt über Thal dort an den Wänden.

Wenn bestätiget ist, und das Zeug gestellt werden soll.

Auf! auf! mit Weydmanns Heil, Jagdmeister und Zeugknecht, richtet das Zeug hinter mir her auf meinen Zugrecht, unserm Fürsten zur hohen Freude, und dem edlen Hirsch zu Leide.

Ein Jäger zum andern um die Jagdhunde zu fragen.

Ho! ho! mein lieber Weydmann, hast du nicht vernommen, wo meine hochlautende Jagdhunde sind hinkommen?

Antw.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, ich hörte jetzt zu dieser Stund, weder Jäger, noch hochlautenden Jagdhund.

Ho! ho! mein lieber Weydmann, kanst du mir nicht sagen, ob du deine hochlautende Jagdhunde hast sehen oder hören jagen?

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann woit gut, alldort in jenem Thal sie haben den rechten Anfall, sag ich dir frey, es waren der Hunde drey, der eine der war weiß, weiß, weiß, der jagte den edlen Hirsch mit allem Fleiß. Der andere der war fahl, fahl, fahl, der jagte den edlen Hirsch über Berg und Thal. Der dritte der war roth, roth, roth, der jagte den edlen Hirsch bis auf den Tod.

Bey dem Abjagen, ist ordinair gespeiset worden, da denn der Herr befohlen:

Auf! hurtig mit Essen und Braten, der Weydleute ihrem matten Magen zu rathen; Hin, hin, Keller, mit der Flaschen, daß sie Lung, und Leber waschen.

Es sind auch, nachdem den gefälleten Hirschen die Gehörne ausgeschlagen, und solche dem Herrn vorgetragen, und gezeigt, nachmahls den Leithunden, so zunächst am Laufftplatze hingebracht gewesen, vorgetragen, und von demjenigen, was vom Gehirne am Kopffe geblieben ist, [1155] zu geniessen gegeben worden. Ist nun der Oberjägermeister von Adel gewesen, so hat im Nahmen dessen der älteste Jägerpursche das beste Gehörne vorgetragen, sodenn der Meister oder Oberjäger, nachmahls die Hofjäger, und Besuchknechte, wobey sich dieselben mit unterschiedlichen Weydesprüchen hören lassen.

Als der erste.

Söllmann, Söllmann, mein lieber Söllmann, dis ist der edle Hirsch, so dir heut gangen an, da er zog her mit seiner prächtigen Kron, und gespaltenen Schaal den hast du, mein Gesellmann recht gethan, habe Danck überall, habe Danck mein Söllmann du hast recht.

Der andere.

Gesellmann, Gesell, Gesellmann, den Hirsch fielest du heut recht brave an, da er zog her vom Feld und über die Strassen, drum muß er mir, und dir, das Jägerrecht hier lassen, ho! ho! Gesellmann lieb dich recht, und Danck, ist das nicht ein guter Anfang!

Der dritte.

Gesellmann, trauter Gesellmann frisch, da kam daher der edle Hirsch, er zog über Berg und Thal, du hattest den rechten Anfall, daß wir ihn denn bestätigt haben, unsern Herrn wohl damit zu laben, zu Vergnügen und zur Lust, zu ergötzen seine Brust, drum trauter Gesellmann, habe Danck, recht, recht, lieb dich, habe Danck und Recht.

Der vierdte.

Söllmann, trauter Söllmann, mein trauter Hund, du bist dran Schuld, daß der edle Hirsch verwund, du zeigst ihn an mit deiner feinen Nasen, da er zog hin gen Holtz, und über die Strassen, der hat den Herrn und uns erquicket, da wir ihn in seiner Pracht erblicket; so können wir Weydleute frölich seyn, dabey trincken Rhein- und Neckarwein, des habe Dank, mein trauter Söllmann, recht, recht, habe Danck und recht.

So viel als nun Leithunde zur Hand gewesen, so viel Gehörne sind auch vorgetragen, und ihnen dieselben zu geniessen gegeben worden: da denn ein jeder nach seiner eigenen Manier Recht gegeben. Nachmahls hat der Herr einen Pocal mit Weine genommen, und den Oberjägermeister oder Chef von der Jagd auf aller rechtschaffenen Weydleute Gesundheit zugetruncken, welcher denn selbigen dem nächst im Range nach ihm folgenden Meister- oder Oberjäger zugebracht, und ist also der Pocal bis auf den letzten Besuchknecht fortgetruncken worden, darbey sich denn die Hüfft- Jagd- und Flügelhörner, und zum Ende ein Weyd-Geschrey hören lassen. Hierbey folgen noch mehr Weydesprüche, dadurch sie einander examiniret, oder auch wohl damit belustiget haben.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, wo hat der edle Hirsch seinen ersten Sprung gethan? [1156]

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir wohl sagen an, aus Mutterleib ins Gras, das den edlen Hirsch sein erster Sprung was.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, was hat der edle Hirsch oben und unten gethan?

Antwort.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir bald sagen an, der edle Hirsch hat oben gewendt, unten geblendt, daran hat ihn ho! ho! der Jäger erkennt.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, was hat der edle Hirsch, vor Holtz gethan, wie er vom Feld, nach seinem Stande zog an?

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir sagen an, den Wiedergang macht er fein; und zog darauf ho! ho! weit gut zum Holtz nein.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, sage mir frey, welches sind ho! ho! weit gut des edlen Hirsches Dreyen drey?

Antw.

Jo, ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir sagen an, die Fehrte drey Finger breit, ein Schritt drey Schuh weit, und drey Finger zurücke bleib, die thu ich dir nennen, woran ein braver Weydmann ein jagdbaren Hirsch allezeit ansprechen kan.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, sage mir an, was vor sieben Zeichen der edle Hirsch in einer Fehrte thun kan?

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir bald sagen an, der Zwang, die Ballen, Burgstall, und Fädelein, der Schluß, der Pürtzel, der Einschlag auch mit drein, sind sieben Zeichen wohl benennt, man ho! ho! woit gut den edlen Hirsch erkennt.

Ho, ho! ho! mein lieber Weydmann unveracht, sage mir an, was hast du ho! ho! woit gut vor sieben Hauptzeichen betracht?

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann rund den Zwang, und Ballen thu ich dir kund, woraus der Burgstall sich klar findet, der Abtritt sich damit verbindet, der Schranck und Schritt, die Oberrücken mit, hiedurch bey schnellen Fliehn, als auch bey sachten ziehn, kan ich den edlen Hirsch erkennen, und ihn nach seiner Güte nennen, ho! ho! ho! woit gut sprech ich mit frischem Muth.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, was hat der edle Hirsch auf seine Mutter gethan?

Antw.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, er hat alles wohl bedacht, und des edlen Hirsches mehr gemacht. D. i. (gebrunfftet)

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann frisch und fein, wenn mag der edle Hirsch am niedrigsten, und wieder am höchsten seyn? [1157]

Antwort.

Jo, ho! ho! mein lieber Weydmann, das sage ich dir an, am niedrichsten ist er im Mertz, so er abgeworffen und kein Gehörn trägt, am höhesten aber im Junio, so er aufgesetzt, völlig verreckt, und ehe er schlägt, so dünckt mich eben, daß das Gehörne seine Höhe und Niedrigkeit thut geben.

Ho, ho! ho! mein lieber Weidmann, was hat der edle Hirsch heut zu Felde gethan?

Antwort.

Jo, ho! ho! mein lieber Weidmann, das will ich dir bald sagen an, er hat geässet den Hafer und Korn, das erweckt den Bauern manchen grossen Zorn.

Ho, ho! ho! mein lieber Weidmann, mit Lust und Freuden, wie kanst du den edlen Hirsch von der Sau unterscheiden? bey harten Boden absonderlich, thue mir das sagen, das frag ich dich?

Antwort.

Jo, ho! ho! mein lieber Weidmann, der edle Hirsch zeigt in der Fehrte Ballen, die Sau nit, so hat die Sau auch gar ein viel kürtzern Schritt, die Fehrt der Sau ist blatt und vorn gerade eingeschoben, des edlen Hirsches aber gezwungen, und erhoben, ob sie an stumpffen Schaalen offtmahls einander gleichen, so thut die Sau doch nicht des edlen Hirsches Zeichen.

Ho! ho! ho! mein lieber Weidmann rund, wie unterscheidest du den Wolff vor dem Hund?

Antwort.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, des Wolffes Fehrt ist vorn gezwungen, länglich und schmal, des Hundes aber breiter, die Klauen auseinander überall, so schnürt der Wolff gerade und fein, beym Hunde aber wirds selten seyn.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann hübsch und fein, welches mag eines grossen Herrn unnützes Hofgesinde seyn?

Antwort.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann das will ich dir sagen schon, ein schläfferiger Jäger unverdrossen, ein trabender Leit-Hund ungenossen, und ein zeltender Wind, das sind eines Herrn sein unnützes Hofgesind.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, was macht den edlen Hirsch verwund, und den Weydmann frölich und gesund?

Antwort.

Jo! ho! ho! mein lieber Weydmann, thäte der Jäger, Pürsch-Büchs und gute Hund, so bliebe der edle Hirsch unverwund, schöne Jungfern und Neckar-Wein, machen den Weydmann frölich, gesund und fein.

Ho! ho! ho! min lieber Weydmann, wonaus, wonaus?

Antwort.

Hin, hin, hin, ins Wirthshauß, da schlägt dir kein Reiß ein Auge aus, sitz du zu mir, und ich zu dir, ein Glas mit Wein das bring ich dir, [1158] auf aller rechtschaffenen Weydleut Wohlergehn, legen uns nachmahls sanffte nieder, ruhen unsere matten Glieder, bis wir Morgen früh aufstehen, ziehen aus gen Feld und dem Holtz, bestätigen edle Hirsche stoltz, daß wir unsern Herrn ergetzen, uns in seine Gnade setzen, so schreyen wir Joich do! zusammen allezeit froh?

Ho! ho! ho! lieber Weydmann mein sage mir, was vor drey Stücke seyn, welche ein geschickter Weydmann haben soll und haben kan?

Antwort.

Ho! ho! ho! mein lieber Weydmann, das will ich dir wohl sagen an, gute Wissenschafft, Gewehr und Hund, der Weydmann braucht zu seinem Grund, wenn er was tüchtiges will verrichten und sich nicht lassen gar vernichten, drum wird das gar wohl treffen ein, nichts nützlichers denn dieses seyn vor einem braven Weyedmann, damit er denn bestehen kan.

Es wären zwar noch gar viele Weydsprüche anzuführen, die sich aber, wo selbige in der Uebung seyn, von selbst finden. Also haben wir nur mit kurtzen den Weydwercks-Liebhabenden einige vorzeigen wollen.