Zedler:Weyhnachts-Tragödie zu Jena

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Weyhnachts-Lust des Rußischen Czaars

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Weyhrauch, Weyrauch, Weirauch, Weihrauch

Band: 55 (1748), Spalte: 1220–1222. (Scan)

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Weyhnachts-Tragödie zu Jena, wird diejenige traurige Geschichte genennet, welche sich daselbst in der Christ-Nacht des 1715 Jahres folgendergestalt begeben hat. Ein berüchtigter Studiosus der Medicin zu Jena, Johann Gottlob Weber, beredete sich mit einem Schäffer, J. Friedr. Geßnern, und einem Bauer, Hans Zeunern, in jetztgedachter Nacht, in Heuchlers Weinbergs-Häußlein bey Jena, teuffliche Beschwöhrungen, zu Erhebung eines Schatzes vorzunehmen. Sie thaten solches auch, wurden aber darüber so gezeichnet, daß man sie des Tages darauf todt fand, bis auf Webern, der ohne Verstand lag und brüllete, auch Rützen über dem bedeckten Arme hatte. Es wurden auch die Zauber-Bücher und dergleichen bey ihnen angetroffen. Zennern hieng die Zunge zu dem Halse heraus, und er hatte auf der Brust viel Striemen, wie von dem Kratzen zu entstehen pflegen, ob er wohl angekleidet gewesen war. Als folgende Nacht drey Wächter in dem gedachten Weinbergs Häußlein wachen musten, Nahmens Beyer, Krempe und Schuhmann, sollen sie, durch Erscheinung und grausames Zuschlagen der Thüre, sehr erschreckt worden seyn. Schuhmann ward mit Gewalt fortgeschoben, und gerieth in einen elenden Zustand darüber; Beyer aber blieb todt. Ob nun hierbey der Satan etwas gethan habe? Darüber ist, nach der fürwitzigen Art unsers Jahrhunderts, wunderlich durch einander disputiret worden. Es kam gar bald eine Nachricht von der vorgenommenen Beschwerung zu dem Vorscheine, ingleichen der fernere Verfolg der Nachricht. Hierauf zeigte sich eines Medici zu Halle (D. H.) Bedencken und physicalische Anmerckungen, in welchen alles dem Dampffe der Kohlen, so bey der Kälte in dem Weinbergs-Häußlein gebrauchet worden wären, zugeschrieben, auch, daß der Teufel einen Menschen tödten könne, geläugnet ward. D. Erdmann Friedrich Andreä edirte darauf zu Jena den Gegensatz wider dieses Bedencken, welches er andrucken ließ, und zeigete, daß die Kohlen ohnmöglich dergleichen erschreckliche Würckung haben können, da wenig derselben verbraucht, auch Oeffnung genug gewesen; der Studiosus auch, so der schwächsten Constitution war, bey dem Leben erhalten worden, die Wächter auch des Kohlen-Dampffes in den Wach-Stuben wohl gewohnt wären, über dieses die Krellen und Striemen davon nicht herrühren könnten. Unter dem Nahmen Johann Heinrich Schultzens hingegen kamen zu Halle Anmerckungen heraus, in welchen man darauf bestund, der Teufel könne niemand tödten, auch rühmte, daß rechtschaffene fromme Theologen in Halle das Bedencken vollkommen approbiret hätten. Dieses widerlegte C. A. T. in der zu Jena gedruckten Prüfung, bewieß aus der Heiligen Schrifft, daß der Satan, wenn es GOtt zuließ, tödten könne, und meldete sonderlich, daß die Wächter sich recht hertzlich darüber gewundert hätten, daß man diese grossen Zufälle dem elenden Dunst von Holtz-Kohlen zuschreiben wolle. Man sahe bald darauf eine Schrifft, der mit magischen Grillen beschäfftigte Mercurius genannt, in 4. von 4 Bogen, deren Verfasser ein Thomasianer war, alles auf Ungewißheit zog, und einen Spott aus beyden Meynungen machte. Indessen hatte die Hoch-Fürstliche Landes-Herrschafft die wahre Eröffnung der Jenaischen Christ-Nachts-Tragödie, zu Jena, in 4, von 6 Bogen drucken lassen. Es ward darinnen aus den Acten alles gründlich erzählet, auch in den angeführten medicinischen Attestaten gemeldet, daß an den geprüften Holtz-Kohlen nichts ausserordentliches, oder schädliches, befunden worden, p. 32, auch sonst keine hinlängliche natürliche Ursache zu finden sey, p. 31. In einem von dreyen Facultäten hierauf eingeholten, auch zugleich ertheilten, und hernach gedruckten Responso, ward geurtheilet, daß alles natürlichen Ursachen zuzuschreiben sey, auch so gar dieses, daß die Striemen an Zenners Leibe gewesen, und die Zunge eines Gliedes lang zu dem Halse heraus gehangen, und, soll es das Gas des Schwefels in den Kohlen gethan haben. Dieses soll auch die Wächter also angegriffen haben, daß sie sich aus Dummheit, Trägheit und Furcht, Gespenster falsch eingebildet, und Schuhmannen durch eine Phantasie in dem Traume vorgekommen sey, als würde er eine gute Strecke hingeschoben, mit dem Schlusse, es sey nicht zu zweiffeln, GOtt habe durch natürliche Mittel Geßnern und Zennern plötzlich sterben lassen. Doch ist geschlossen worden, Weber solle auf ewig, und Heuchler auf zehn Jahr, des Landes verwiesen werden. Der letzte Ernst war billig und rühmlich; Man besorgete aber, daß bey der zu dem Verderben sich neigenden Gemüths-Art unserer Zeit sich Leute finden möchten, die den Ueberrest dieser Tragödie, z. E. daß des Studentens Degen, der in den Boden gesteckt gewesen, mit der Spitze zu dem Unterleibe desselben aufgerichtet, und gleichsam angelehnet, dieser auch, der sich mit dem Kopffe auf den Tisch gelegt gehabt, auf der Banck ordentlich mit gantzem Leibe ausgestreckt gefunden worden, auch daß der noch lebende Wächter Krempe in dem Wachen gemercket, wie Schuhmann eine gute Strecke hingeschoben worden, und vornehmlich das Zuschlagen der Thüre, als müste sie in tausend Stücken seyn, gehöret hat, einmahl dem Blas und der Einbildung eher beymessen würden, ehe sie die auf Zulassung des gerechten Richters, bey und neben den nicht zureichenden natürlichen Ursachen, geschehene Würckung des Satans gestehen, oder auch nur dahin gestellet seyn lassen solten. Nach der Zeit kam eine gottlose Schrifft, unter dem Titel: Francisci de Cordua Gedancken von Schatz Graben und Beschwerung der Geister, heraus, welche zu Coburg ausgebrütet worden seyn soll. In derselben ward nicht nur alles blos natürlichen Ursachen zugeschrieben, sondern auch geläugnet, daß GOtt hierbey eine Straffe verhänget habe. Es wurden die Epistel an die Hebräer und die Offenbahrung Johannis garstig hanthieret, der Unterschied zwischen guten und bösen Engeln aber, ja fast alles, was die Heil. Schrifft von den Teufeln sagt, geläugnet. Unschuld. Nachricht. von 1716. p. 547. u.ff.