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Zedler:Wunder der Wiederherstellung

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wunderwercke der Wiederherstellung

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Wunder-Wurtzel

Band: 59 (1749), Spalte: 2141–2149. (Scan)

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Wunder der Wiederherstellung, Lat. Miraculum restitutionis, ist nach denen Lehr-Sätzen derer Herren Barone von Leibnitz und Wolf dasjenige Wunder, welches nach einem geschehenen Wunder alles das, was durch dieses verändert worden, wieder in den Stand setzet, als wenn es gar nicht geschehen wäre. Diese Art von Wundern hat noch keiner, ansser dem berühmten Professor zu Halle, Herrn Johann Friedrich Stiebritz, ob wohl in denen bekannten Wolfischen Streitigkeiten auch darüber gestritten worden, ausführlich abgehandelt. Gelobter Herr Stiebritz hat in der ersten Probe der von der Prüfenden Gesellschafft zu Halle herausgegebenen Schrifften eine Gründliche Abhandlung von Wunderwercken, so nach den Gründen der neuern Weltweisen abgefasset worden, ohne Benennung seines Nahmens geliefert, welche daselbst p. 24 u. ff. den andern Artickel ausmachet. In selbiger handelt er von §. LVIII. biß zu Ende insbesondere von den obgedachten Wundern der Wiederherstellung dergestalt, daß er erstlich erkläret, was er durch dieselbe verstehe? anderns ihre Möglichkeit zu zeigen sich bemühet; drittens einige Biblische Beyspiele hervorbringet, die ihre Würcklichkeit erweisen; und denn endlich zum Beschluß die Nothwendigkeit dieser Wunder wider Carl Günthern Ludovici zu retten suchet, als welcher solche in Tentamine pnevmatico-metaphysico de motu spirituum aus seiner hypothesi von den zwey Arten der Bewegungs-Gesetzen, den beständigen und zeitigen (legibus motus perpetuis & temporariis) bestritten. Die Stiebritzische Abhandlung, in so weit sie von denen Wundern der Wiederherstellung redet, verdienet hier allerdings einen Platz, und wir werden sie unsern Lesern unverändert mittheilen. Nachdem Hr. Stiebritz gemeldet, wie daß er von §. XVII biß XXX weitläufftig gezeiget habe, was vor grosse Veränderungen ein Wunder nach sich ziehe, so, daß sich das folgende, und die zugleich da seyende Dinge, wie auch die Elemente der cörperlichen Sachen gantz anders verhalten müsten, als wenn das Wunder nicht geschehen wäre; so fähret er fort: Aber wie? wenn der, so dasselbe hervorgebracht, nicht wolte, daß so eine Veränderung eindringen solte? Wie? wenn er wolte, daß die aufs Wunder folgende Umstände solten wieder mit dem letzten natürlichen Effect zusammenhangen, der vor dem [2142] Wunder vorhergieng? Wie? wenn er wolte, daß die zugleich daseyende Dinge solten eben so berühret werden, von dem Ding, worinn das Wunder geschehen, als wenn dasselbe nicht geschehen, sondern alles natürlich blieben wäre? Wie endlich? wenn er verlangte, daß der Elementen Zustand so solte fortgehen, wie er war, ehe das Mirackel vorfiel? Jedweder wird erkennen, daß die Sachen müssen wieder hergestellet werden, wie sie vorher waren; so daß nun die Würckungen folgen, die da kommen wären, wenn das Mirackel nicht geschehen.

Wir wollen die Sache durch ein Gleichniß erläutern. Setze, der Zeiger an der Uhr bezeichne jetzo durch natürliche Folge der Bewegung die zehende Stunde. Setze aber, du habest denselben entweder zurück geschoben auf neune, oder fortgebracht auf eilffe: so muß nunmehr eine solche Bewegung sich an der Uhr hervor thun, die gewiß nicht erschienen wäre, wo der Zeiger nicht wäre entweder zurück oder fortgebracht worden. Setze aber noch ferner, du woltest nicht leiden, daß diese ausserordentliche Bewegung künftig solte bemercket, sondern das Uhrwerk im Fortgange eben so beweget werden, wie es sich ordentlicher Weise würde beweget haben; was wäre nun anders zu thun, als daß du den Zeiger müstest wieder auf den Punct bringen, wo er würde seyn, wenn weder derselbe zurück, noch fort, wäre getrieben worden. Dann wird es gewiß in folgenden eben solche Bewegung geben, als wenn gar nichts ausserordentliches hervor kommen wäre. So stelle nun dir unter der Uhr die Wel; unter dem Zeiger einen Cörper, Geist oder Element; unter der ordentlichen Folge der Bewegungen die ordentlichen Begebenheiten der Welt nach den bestimmten Gesetzen; unter der Zurück- oder Fortschaffung des Zeigers ein Wunderwerck; und unter der Wiederherstellung das Wunder der Wiederherstellung vor, wovon wir jetzo handeln: so wird ailes gar leichte seyn.

Wenn wir diese Wiederherstellung ein Wunderwerck nennen: so möchte jemand gedencken; ob denn dieses natürliche nicht natürlicher Weise könnte wieder hergestellet werden? Diesem zu Folge wollen wir annehmen, es gehe natürlicher Weise zu. Allein was natürlicher Weise geschiehet, muß seinen hinreichenden Grund im vorhergehenden haben. Nun folgt aber aus einem Wunderwercke natürlicher Weise eine wundersame, nicht aber ordentliche Würckung. Natürlicher Weise kommt also aus dem Wunder gar eine andere Folge, als wenn das Wunder nicht geschehen, sondern alles ordentlich seinen Gang gehabt hätte. So muß also es wieder auf den ordentlichen Fuß gesetzet werden übernatürlicher und wunderbarer Weise. Nemlich, wenn GOtt die Folge des Mirackels nicht haben will, muß er ein neues Wunder thun, daß alles wieder auf den vorigen Fuß gesetzet wird. So schliesset also ein Wunder der Wiederherstellung allezeit zwey' Mirackel in sich. Durch das erstere wird vom natürlichen abgewichen; durch das andere wird alles wieder dahin gebracht, wo es vorher war.

So ist also das Wunder der Wiederherstellung ein solches Wunder, dadurch die durch ein vorhergeschehenes Wunder erfolgende wunderbare [2143] Würckungen aufgehoben, und die, so natürlicher Weise kommen wären, wo das erste Wunder nicht geschehen, wieder hergebracht werden, daß es nun eben so viel im folgenden ist, als wäre das Wunder gar nicht geschehen.

Nun fragen wir aber zweytens: Ob solche Wunder der Wiederherstellung möglich sind, oder nicht? Wären sie ohnmöglich: so müste in ihnen ein Widerspruch liegen, der entweder zu finden, in den Dingen selbst, an welchen vorher ein Wunder geschehen; oder in GOtt. Allein in denen Dingen selbst einen Widerspruch zu finden, geht nicht an. Denn ists nichts widersprechendes gewesen, einmahl ein Wunder in ihnen hervor zu bringen; warum solte es das andremahl widersprechend werden? Ists nichts thörigtes gewesen, daß von dem ordentlichen Wege hat können abgelencket werden: so ists auch nichts thörigtes, wenn es soll wieder auf den rechten Weg gebracht werden. So sind also in den Dingen selbst die Miracul gar wohl möglich. Aber wie hälts bey GOtt? Bey GOtt kan was unmöglich seyn, entweder seines Wesens und Vollkommenheit halber; oder weil das Ding sich selbst nicht gedencken läst. In dem letzten Falle kan es, auf Seiten GOttes, nichts contradictorisches seyn: vermöge des vorigen Beweises. Da GOtt alle mögliche Dinge wircklich machen kan: so muß er auch ein Miracul der Wiederherstellung können würcklich machen. Und was solten hiernächst sich vor Umstände bey den übrigen Eigenschafften GOttes ereignen, die da unmöglich machen solten, ein an sich möglich Wunder zu vollführen. So ist und bleibt also die Möglichkeit dieser Art der Wunder feste gestellet.

Diese wird aber noch mehr erkläret werden, wenn wir Drittens zeigen werden, daß dieselbigen auch würcklich sind. Diß kan aber nicht besser geschehen, als aus der Schrifft; darinnen uns wahre Wunder erzehlet, und zugleich solche Gelegenheiten gemeldet werden, woraus wir unsere Wunder, die wir suchen, abnehmen können. Da aber gar viele Schrifftstellen hieher gehören: so wollen wir nur die vornehmsten anbringen, keinesweges dieselben völlig erklären; sondern unsern Leser nur auf die Spur helffen.

Genes. VII. wird uns die allgemeine Sündfluth beschrieben, die GOtt der ersten Welt, ihrer übermachten Sünden wegen, hat auf den Halß geschicket. Dieses hätte aber nicht erfolgen kdnnen, wo nicht unser Erdboden seinen Mittel-Punct, wegen des Gewichts des Wassers, so die Erde ungleich druckete, verändert hätte, und der Ocean unserer Antipodum hätte viel Wasser auf unsere Seite geschüttet. Man sehe mit mehrern Samuel Reyhern in Mathesi Mosaica p. 65 u. ff. Als nun, nach GOttes Absicht, endlich das Straf-Uebel der Sündfluth aufhören solte: so musten die Wasser wiederum weggebracht, und in die vorigen Oerter getrieben werden, wo sie vorher gewesen waren. Und da war auch nöthig, daß der Mittel-Punct der Erde wieder feste gesetzet wurde, den vorher dieselbe gehabt. Siehe am angeführten Orte, p. 131. Solte dieses aber wohl ohne Wunder geschehen seyn? Gewiß, da diese Sündfluth war wunderbarlich zugeschicket worden, muste auch das Wasser derselben [2144] wieder wunderbarlich vertrieben, und alles in vorigen Stand gesetzet werden.

Hieher gehöret billig auch der Durchgang durchs rothe Meer, wie er im 2 B. Mosis XIV beschrieben ist. Denn da die Wasser 1) waren wunderbarlich bey Seite geschaffet; 2) so solid und dick, an einander hangend, gemacht worden, daß sie wie Mauren auf beyden Seiten stunden: so war ja unumgänglich nothwendig, daß dieselben nach dem Durchgang musten 1) wieder flüßig gemacht und 2) in ihren vorigen schnellen Lauf gebracht werden. Eben dieses gilt auch von dem Durchgange der Israeliten durch den Jordan, Josua III.

Ein merckwürdig und hieher gehöriges Exempel finden wir in der Historie Josua im X Capitel im 12 Vers. Da dieser mit seinen Feinden zu thun hatte, und am hellen Mittage wol merckte, daß der übrige halbe Tag nicht würde hinreichen die Feinde zu vertilgen, die sich nun auf die Flucht begeben hatten, als welche gar leicht gegen den sich neigenden Tag hätten verbergen können: so bat er den GOtt, der bisher Sieg verliehen, daß er den Tag verhindern möchte. Diese Bitte war der Verherrlichung GOttes gemäß: und darum wurde dieselbe auch erhöret. Die Sonne stund im Meridiano einen gantzen Tag. Dieses hat Josuas nach dem, was in die Sinnen fället, und eine optische Wahrheit ausmachet, ausgedrückt: Sonne, stehe stille zu Gibeon; und Mond im Thale Aialon! Er verlangte nichts mehr, als daß die Gegend, so er benahmset, solte, so lange des Lichts der Sonnen, und ihrer Strahlen geniessen, als bis die Feinde getilget wären. Uebrigens war ihme gleichviel, ob sich die Erde um die Sonne, oder die Sonne um die Erde bewegte. Siehe Herrn Deyling in seinen Observationibus T. I. und Herrn Rambach de adcommodatione S Scripturae ad captus vulgi erroneos; wie auch den Herrn Prof. Wiedeburg aus Jena in seiner Diss. systema Copernicanum non esse Scripturae S. oppositum, p. 24. 25. Der beruffene Spinoza lässet sich, wie über alle, also auch über dieses, auf eine freche und dabey abgeschmackte, Art, vernehmen; wenn er im Tractatu Theol. Polit. c. II. p. 22. spricht: Malo igitur aperte dicere Josuam diuturnioris illius lucis caussam veram ignoravisse, eumque, omnemque turbam, quae aderat, simul putavisse solem motu diuturno circa terram moveri, & illo die aliquamdiu stetisse, idque caussam diuturnioris illius lucis credicisse, nec ad id attendisse, quod ex nimia glacie, quae tum temporis in regione aëris erat, (Joh. I, 11.) refractio solito major oriri potuerit vel aliud quid simile, quod jam non inquirimus. So meynet also Spinoza, daß Josuas und das gantze Volck nicht gewust, woher das so lang scheinende Licht komme. Sie hätten nach ihren Vorurtheilen es der Bewegung der Sonnen um die Erde zugeschrieben, die sie steif und fest geglaubet hätten. Ja p. 78 füget er hinzu, daß ihnen diese irrige vorgefassete Meynung, und der daher entlehnte Ausdruck hätte wohl zu statten kommen können, die Heyden zu überzeugen, welche die Sonne angehetet. Denen hätte auf solche Art am besten können beygebracht werden, daß die Sonne unter der Regierung eines andern Gottes stehe, und nach dessen Wincke seine natürliche Ordnung verändern müsse. Allein [2145] wenn diese verkehrte Art die Schrifft zu erklären gelten soll, so kan man aus allen Worten bald machen, was man selbst will. In dem aufgeführten v. 11. wird gesaget, daß der Herr einen grausamen Hagel gegen die Feinde entstehen lassen, wodurch ihrer so viele ums Leben kommen. Aber dadurch muß doch die Gegend der Lufft nicht so sehr seyn erhellet worden, denn v. 12 heist es: Da, als er die Absicht GOttes, die Feinde vollends aufzuräumen, durch den Hagel verstanden: habe er erst GOtt um die Verlängerung des Tages gebeten. Und wenn der heilige Schreiber nur ein wenig Ehrlichkeit und Verstand gehabt; wie will er dann; nach Spinoza Sinn schreiben können: es habe die Sonne gestanden wie auch der Mond, bis die Feinde wären gedämpffet worden v. 13? Konnte er etwan die Strahlen der Sonnen, und den Schein des Mondes nicht von dem Hagel, der umherfuhre, unterscheiden? Weswegen wäre auch dieses als etwas höchst merckwürdiges aufgezeichnet im Buche der Redlichen? Und wie könnte gesaget werden, daß GOtt auf Josuas Stimme gehorchet, und nie so ein Tag, weder vor ihm, noh nach ihm gewesen v. 14? Die übrigen Zweifel, so auch von andern sind beygebracht worden, siehe beantwortet bey dem Johann Jacob Borsaccus in seiner Diss de statione solis tempore Josuae. Deme beyzufügen der Herr Abicht de statione solis. Und der oben belobte Reyher, p. 59. u. ff. am gemeldeten Ort.

Ist es aber ein würckliches Wunder gewesen, wie diese Männer mit mehrern bestätigt: so müssen wir nur noch untersuchen, ob dabey ein Mirackel der Wiederherstellung vorgefallen? Und daran ist kein Zweiffel. Denn v. 14. heist es ja ausdrücklich, daß weder dergleichen Tag vorher, noch nachher gewesen. Ist aber dergleichen nicht nachher gewesen: so verstehet sich ja von freyen Stücken, daß die ordentliche Bewegung der Sonne und Verhältniß der Erden gegen dieselbe müsse wieder dargestellet worden seyn, und zwar durch ein solches Wunder, wovon wir jetzt reden.

Noch ein ander dergleichen Wunder ist zu lesen im 2 B. der Könige XX, verglichen mit dem 2 B. der Chron. XXXII und Es. XXXVIII. In diesen Oertern wird erzehlet, daß den Hiskias, den GOtt auf sein Gebet gesund gemachet, zum selbst beliebten Zeichen gegeben worden, daß an dem Sonnen-Zeiger des Ahas der Schatten der Sonnen 10 Grade zurück weichen solte. Wir lassen uns jetzt unbekümmert, ob des Copernicus Lehr-Art wahr sey, oder die Ptolemaische. Uns genüget, wenn geglaubet wird, daß sich eine übernätürliche Begebenheit an der Sonnen geäussert: welches bewiesen Reyher, p. 721. u. ff. Joh Andreas Schmid in Diss. de sciaterico Achasi & in eo miraculo; und Geret. de sole retrogrado tempore Hiskiae. Da sonst der natürliche Tag hätte ausgemacht 10 Stunden; so hatte dieser hingegen nun 15, welches sich sehr wohl schickte, weil GOtt dem Hiskias wolte 15 Jahre zu seinem Leben fügen. Wo nun die folgenden Tage nicht haben sollen von den vorigen unterschieden seyn, und also die Astronomischen Rechnungen mit denen vorigen in eine Uneinigkeit gerathen: so [2146] folget ja von selbst daß ein Wunder der Wiederherstellung hat müssen geleistet werden.

Es finden sich in den Büchern des Alten Testaments noch mehrere dergleichen Exempel; doch die mögen vor diesesmahl genug seyn. Drum wenden wir uns zum Neuen Testament, und holen aus denselben sonderlich zwey hieher gehörige; deren das erstere Joh. II befindlich, als Christus aus dem Wasser Wein gemachet; das andere aber aus der Geschichte des Leidens Christi zu nehmen ist, da die Sonne zu dreyen Stunden verfinstert worden ist.

Was das erstere anlanget, wollen wir zuforderst mit wenigen sagen; wie das Wunder geschehen sey? Darnach wollen wir melden, warum dabey ein Wunder der Wiederherstellung anzunehmen sey? Es würde nicht ohne Irthum gedacht werden können, wo man glauben wolte, wie einige thun, daß das Wasser wäre in Wein verwandelt worden, weil die Wesen der Dinge unveränderlich sind, und folglich einander nicht mitgetheilet werden können. Vielmehr ist zu bekräfftigen, daß das Wasser ist aus dem Stande der Würcklichkeit gesetzet, und in die blosse Möglichkeit gebracht worden; da denn die Theilgen des Wassers entweder sind zertrennet und vernichtet; oder vielmehr in der Natur eintzeln aufbehalten worden. Hierauf ist durch die Schöpffers-Krafft es geschehen, daß der Wein, so vorher bloß möglich war, nun würcklich in den zubereiteten Gefässen erschienen. Auf solche Weise ist zwar wahrhaffter Wein da gewesen; doch hat man eine solche unglaubliche Verwandlung nicht anzunehmen. Weil nun das vorher daseyende Wasser im Zusammenhange gewesen, mit denen übrigen Cörpern dieser Welt: so muß allerdings bekräfftiget werden, daß entweder der gantze Lauf der Natur ist unterbrochen; oder, wo das GOtt nicht beliebet hat, ein Wunder der Wiederherstellung eingerücket worden seyn, damit die übrigen Cörper eben so fort würcketen, als wenn das Wunder in den Wasser gar nicht geschehen wäre. Wir haben hierinnen zu unsern Vorgänger den berühmten Herrn von Leibnitz in der Theodicae, p. 433. u. ff. der Deutschen Herausgabe; dieser läst sich folgender massen vernehmen; Wenn inzwischen die Verwandlung des Wassers in Wein zu Cana ein Wunder von der vornehmsten Art gewesen wäre: so würde Gött hierdurch wegen der Verbindung der Cörper den gantzen Läuf der Welt geändert haben, oder genöthiget worden seyn, diese Verbindung ebenfalls auf wunderbere Weise zu hindern, und die Cörper, die bey den Wunder nichts zu thun hatten, als wenn keines geschehen wäre, agiren zu lassen; und nach diesem geschebenen Wunder, würde er alle Dinge in den Cörpern, die selbst mit intereßiret gewesen, wieder in den Stand haben setzen müssen, in welchen sie ohne das Wunderwerck würden gekommen seyn; Hierauf wäre endlich wieder alles in seinen ersten Gang gerathen. Also erforderte dieses Wunderwerck mehr, als es scheinet.

Das andere Exempel steckt in der Verfinsterung [2147] der Sonnen zu der Zeit des Leidens Christi, Matth. XXVII, 45. Marc. XV, 33. Luc. XXIII, 44. Hier muß billig erwiesen werden: 1) daß diese Sonnen-Finsterniß ein Wunderwerck gewesen; 2) daß ein Wunder der Wiederherstellung dabey vorgefallen. Daß nun die Verfinsterung 1) wunderbar gewesen, beweisen wir a) weil sie im Vollmond vorgefallen, da der Mond der Sonnen gerade gegen über stehet. Solte aber natürlicher Weise eine Finsterniß entstanden seyn: so müste der Mond unter der Sonnen gestanden, und seine Lage accurat zwischen der Sonne und unserer Erde gehabt haben. Dieses aber ereignet sich allein im Neu-Monden. Daß aber damahlen der Vollmond gewesen sey, sieht man deutlich daher, weil Ostern gefeyret wurde, welches Fest nach dem 2 Buch Mos. XII, 6 auf den 14ten Tag Nisan fiel; welches aber die Zeit des Voll-Mondes ist. Die Juden hingegen heben ihre Monate mit dem Neu-Monde an. Siehe Christoph Langhansens Diss. Chronolog. de mense veterum hebraeorum lunari. b) Dieses wird auch bestätiget aus der Dauer, welche diese Sonner-Finsterniß gehabt; als welche drey gantzer Stunden währete. Keine natürliche gäntzliche Verfinsterung kan so lange anhalten; sondern wegen der Grösse der Sonnen, und sehr geschwinden Bewegung des Mondes läst sich ein Theil der Sonnen gar bald wieder erblicken; so daß eine solche Finsterniß kaum eine, geschweige denn drey Stunden, anhalten kan. c) Dieses erfolget auch aus der Allgemeinheit der Finsterniß. Denn natürlicher Weise wird nur der Erden-Theil verdunckelt, welcher unter dem Cono des Mond Schattens lieget. Darzu kommet d) die Bekänntniß der Heyden, Plegontis Tralliani, Thalli, und der Sineser; wovon weitläufftig handelt Johann Frick in diss. de tenebris tempore salutiferae passionis orbi suffusis; und Matthias Fleischer in Diss. de deliquio solari tempore passionis Christi. Aber wie ist das Wunder selbst geschehen? Diese Frage muß kürtzlich, unsers eigenen Endzwecks wegen, ausgemacht werden. Johann Ludewig Hannemann hat in einer Exercitatione Physica de sole, p. 18. Thes. V, folgende Meynung: Sol tempore passionis Jesu Christi non per modum eclipseos, sed per modum trepidationis quasi, & per motum irregularem effervescentiae, nigredinis peplo immersus est, vel ut cum verbis ex Apocalypsi desumtis loquar, fuit niger factus tanquam saccus cilicinus, atque sic fignum irae divinae & faciem tristitiae mundo ostendit. In der darunter stehenden Ausführung laufft alles dahinaus, daß er muthmasset, die Sonne habe auf eine wundernswürdige Art und Weise angefangen zu schäumen, und daher ihre Strahlen zu unterbrechen, wodurch dann eine Finsterniß über das gantze Land entstehen müssen. Andere hingegen halten dafür, daß jetzt eine wahre Eclipsis gewesen; indem der Mond mit Gewalt aus derjenigen Stelle wäre heraus gerissen worden, wo er den vollen Mond verursachet, zu den Platz, wo er den Neu-Mond sonst vorstellet. Daß also auch durch die ausserordentliche Würckung GOttes das gantze Land [2148] drey Stunden hindurch wäre verfinstert worden. Aus der letztern Meynung läst sich die Sache eher begreifen, wie eine durchgängige Finsterniß hat entstehen können, als aus der erstern, denn wir sehen nicht ab, wie das Schäumen der Sonnen so viel ausgerichtet, daß man gar nichts, und zwar an keinem Orte, sehen können. Auch die Ursachen, warum ers nicht durch eine Sonnen-Finsterniß erklären will, sind schlecht; denn sie gelten nur von einer ordentlichen Sonnen-Finsterniß, die wir aber hier nicht suchen; sondern sind darinnen mit ihm eines, daß hier was übernatürliches sey. Derowegen stimmen wir auch dieser letztern Meynung vielmehr bey, als der erstern. Doch man ergreiffe, welche Meynung man will, so muß doch ein Wunder der Wiederherstellung vorgefallen seyn. Denn gilt die erstere: so muste doch das Schäumen nach dem erhaltenen Endzweck GOttes aufhören; sie muste wieder in vorigen natürlichen Zustand versetzet werden, daß die Veränderungen wieder fortgiengen, wie vorhin. Und so ist das Miracul der Wiederherstellung da. Gilt aber die letztere: so ist ja offenbar, daß der gantze Lauf des Monden sey unterbrochen und viele Unordnungen in die übrigen Gestirne gebracht worden. Nun sind entweder die Neu-Monden und Voll-Monden, nach dieser wunderbaren Vereinigung mit der Sonnen, auf eben die Art eingefallen, wie vorher; oder sie sind nicht so eingefallen. Ist dieses, so müsten die Astronomischen Rechnungen der vorhergehenden gar nicht mit den folgenden überein kommen. Welches jedoch wider die Erfahrung streitet. Folglich muß jenes seyn. Da nun aber dieses nicht hat natürlicher Weise sich ereignen können: so muß es ohnfehlbar auf eine übernatürlice Weise geschehen seyn. Welches wir eben erweisen wollen.

So haben wir denn aus tüchtigen Stellen erwiesen, daß Wunder der Wiederherstellung vorhanden sind. Wir wollen diese Abhandlung mit etlichen nützlichen Anmerkungen beschliessen. 1) Diese Wunder müssen nicht weiter gedeutet werden, als diejenigen wollen, die solche glauben. So erfordert zum Beyspiel das Wunder gar nicht, daß ein Blinder, den das Gesicht ist geschenecket worden, wiederum müsse blind werden. Sondern es ist genug, wenn nur verhindert wird, daß bey dem Blinden und andern daneben stehenden Dingen keine andere Begebenheiten entstehen, als gekommen wären, wo das Wunder nicht vorgefallen. Es ist auch, wie aus dem vorhergehenden erhellet, 2) nicht nöthig, daß allezeit eine Wiederherstellung vorgehe; sondern die wird nur alsdann erfordert, wenn die Reihe der wunderbaren Würckungen wider GOttes Weisheit streitet. 3) Diese Art der Wunder haben wir jetzt nicht zuerst vertheidiget. Denn daß wir den Herrn von Leibnitz Herr Wolfen und Thümmigen, auch andere, die es mit ihnen halten, verschweigen: so haben aus denen Alten Thomas Aquinas und Cornelius a Lapide in der Auslegung über Matth. XXVII, 45, an dieselbe schon auch gedacht. Endlich hat Christian [2149] Eberhard Weißmann, ein vornehmer Tübingischer Gottesgelahrter, ob er wohl sonsten mit den Sätzen des Leibnitz keine Gemeinschafft hat, zum Ende seiner diss. de miraculis, corollario VII, sich davon recht wohl folgendermassen vernehmen lassen: Miracula restitutionis nec negari debent omnino, nec nimis amplificari.

Vorstehendes sind alles des oben gelobten Herrn Stiebritzens eigene Worte. Nun solten wir auch den Beschluß seiner Betrachtung der Wunder der Wiederherstellung, mittheilen, da er sich noch mit der Rettung nur gemeldeter Wunder wider Carl Günther Ludovici Gegen-Meynung beschäfftiget; weil wir aber solche bereits oben in dem Artickel: Wunder, in der III Haupt-Abtheilung, und deren 7 Abschnitte unter den Buchstaben (ff) angeführet, und auf solche zugleich geantwortet haben: So verweisen wir unsern Leser dahin.