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Zeitungsschreiberei in Tennessee

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Textdaten
Autor: Mark Twain
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Titel: Zeitungsschreiberei in Tennessee
Untertitel:
aus: Nobert Falk: Meisterbuch des Humors. S. 220-226
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1908
Verlag: Ullstein & Co.
Drucker:
Erscheinungsort: Berlin und Wien
Übersetzer: Wilhelm Lange
Originaltitel: Journalism in Tennessee
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Princeton-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[220]
Zeitungsschreiberei in Tennessee.
Von
Mark Twain.

Mark Twain, dessen bürgerlicher Name Sam. L. Clemens ist und der 1835 zu Florida in Missouri geboren wurde, ist der klassische Vertreter des englisch-amerikanischen Humors. Er sieht am Leben vor allem die komischen Seiten, die er in drastischer Weise karikiert. Seine echt amerikanische Laufbahn – er war Schriftsetzer, Flußschiffer, Goldsucher, Journalist – gab ihm reiche Gelegenheit zur Erlangung einer großen Welt- und Menschenkenntnis, aus der er seine amüsanten Stoffe holt. Die nachstehende Skizze, für seine Art sehr charakteristisch, ist der Uebersetzung von Wilhelm Lange entnommen, die in der Twain-Ausgabe von Philipp Reclams Universalbibliothek erschienen ist.

[221]
(Aus dem Bunkumer „Expreß.)
„Der Redakteur der „Lawine“ in Memphis leuchtet in folgender milden Weise einem Korrespondenten heim, der ihn als Radikalen hingestellt hatte: – „Als das Reptil mit dem schwarzen Herzen sein erstes Wort schrieb, als es in der Mitte war, als es seine i mit Pünktchen, seine t mit Querstrichen versah und seine Perioden drechselte, wußte es, daß es einen Satz zusammenkochte, der von Nichtswürdigkeit gesättigt und von Verlogenheit durchfault war.“
Exchange.     


Der Arzt sagte mir, daß ein südliches Klima meiner Gesundheit heilsam sein würde, und so ging ich hinunter nach Tennessee und erhielt eine Stelle als Mitredakteur an der „Morgenglorie und dem Kriegsgeschrei von Johnson-County“. Als ich mein Amt antrat, fand ich den Chefredakteur auf einen dreibeinigen Stuhl hingeflegelt, wobei die Füße auf einem fichtenen Tische ruhten. Es befand sich noch ein zweiter Stuhl von Fichtenholz in dem Zimmer und noch ein zweiter amputierter Stuhl, und beide waren halb vergraben unter Zeitungen und Streifen und Bogen von Manuskripten. Auch eine hölzerne Sandbüchse war vorhanden, bestreut mit Zigarrenstümpfen und „alten Soldaten“ (Primchen), und außerdem ein Ofen, dessen Tür lediglich in der obern Angel hing.

Der Chefredakteur hatte einen langschwänzigen schwarzen Tuchrock und weißleinene Hosen an. Seine Stiefel waren klein und sauber gewichst. Er trug ein Faltenhemd, einen großen Siegelring, Vatermörder von altfränkischer Form und ein buntes Halstuch mit herabhängenden Zipfeln. Datum dieses Kostüms etwa das Jahr 1848. Er rauchte eine Zigarre, war bemüht, einen Gedanken zu finden und hatte, indem er sich mit den Händen durch die Haare gefahren war, seine Locken ziemlich in Verwirrung gebracht. Er warf furchtbare Blicke um sich, woraus ich schloß, daß er einen besonders knotigen Leitartikel zusammenbraue. Er sagte mir, ich möchte die Tauschblätter vornehmen, sie abschäumen und etwas über den „Geist der Presse in Tennessee“ schreiben, wobei ich alles das in den Artikel zusammendrängen möge, was dieselbe Interessantes zu enthalten scheine.

Ich schrieb was folgt:

„Geist der Presse in Tennessee.“

„Die Redakteure des ‚halbwöchentlichen Erdbebens‘ leiden augenscheinlich an einem Mißverständnis hinsichtlich der Eisenbahn nach Ballyhack. Die Gesellschaft geht durchaus nicht mit der Absicht um, Buzzardville links liegen zu lassen. Im Gegenteil, sie betrachtet diesen Ort als einen der wichtigsten Punkte auf der Strecke und kann daher nicht wünschen, es beiseite zu lassen. Die Herren vom ‚Erdbeben‘ werden ihren Irrtum natürlich mit Vergnügen berichtigen.

[222] Herr John W. Blossom, der tüchtige Redakteur des ‚Donnerkeils und Schlachtrufs der Freiheit‘ von Higginsville ist gestern in dieser Stadt angekommen. Er ist in van Buren-House abgestiegen.

Wir bemerken, daß unser Kollege vom ‚Morgengeheul‘ in Mud-Springs in dem Irrtum verfallen ist, anzunehmen, die Wahl van Werters sei nicht eine feststehende Tatsache; aber bevor diese Erinnerung ihn erreicht, wird er seinen Mißgriff ohne Zweifel selbst entdeckt haben. Offenbar war er durch unvollständige Wahlnachrichten irregeleitet worden.

Mit Vergnügen vernehmen wir, daß die Stadt Blathersville sich bemüht, mit einigen Neuyorker Herren einen Kontrakt abzuschließen, laut welchem diese die beinah unpassierbaren Straßen von Blathersville mit dem Nicholsonschen Pflaster zu pflastern haben. Es dürfte schwer halten, einen solchen Wunsch durchzusetzen, seitdem die Stadt Memphis einige Neuyorker veranlaßte, ihr einen ähnlichen Dienst zu erweisen und dann die Bezahlung ablehnte. Indes tritt das ‚tägliche Hurra‘ mit viel Geschick für die Maßregel in die Schranken und scheint voll Zuversicht zu sein auf einen schließlichen Erfolg.

Mit Bedauern hören wir, daß Oberst Bascom, Chefredakteur des ‚verhallenden Freiheitsrufes‘, vor einigen Abenden auf der Straße einen Fall tat und sich das Bein brach. Er litt in letzter Zeit an großer Schwäche, welche durch Ueberanstrengung und Kummer über Krankheitsfälle in seiner Familie hervorgerufen war, und man vermutet, daß er infolge seiner Gewohnheit, sich zuviel in der Sonne zu bewegen, in Ohnmacht fiel.“


Ich reichte mein Manuskript dem Chefredakteur zur Annahme, Aenderung oder Vernichtung. Er warf einen Blick darauf. Sein Gesicht verfinsterte sich. Seine Augen flogen über die Seiten: seine Züge wurden unheildräuend. Es war leicht zu sehen, daß etwas verkehrt war. Dann sprang er auf und rief:

„Blitz und Donner! Glauben Sie denn, daß es mir einfallen könnte, von diesem Vieh in diesem Tone zu sprechen? Glauben Sie denn, daß meinen Abonnenten solch schales Gebräu munden würde? Geben Sie mir mal die Feder her!“

Niemals sah ich eine Feder so boshaft kratzen und ausstreichen oder so erbarmungslos durch die Verba und Adjektiva eines anderen hindurchpflügen. Gerade als er mitten in seiner Arbeit war, schoß jemand durch das offene Fenster nach ihm und entstellte die Symmetrie seines Ohrs.

„Aha,“ sagte er, „das ist der Halunke Smith ... vom ‚moralischen Vulkan‘ ... ich erwartete ihn schon gestern.“

Und damit riß er einen Matrosenrevolver aus seinem Gürtel und feuerte. Smith stürzte, in die Lende getroffen, zu Boden. Infolge dieses Schusses verfehlte Smith, der gerade zum zweitenmal feuerte, sein Ziel und verwundete einen Unschuldigen. Das war ich. Nur ein Finger abgeschossen.

[223] Dann fuhr der Chefredakteur mit Ausstreichen und Dazwischenschreiben fort. Just als er damit zu Ende war, kam eine Handgranate durch die Ofenröhre herunter, und die Explosion zertrümmerte den Ofen in tausend Stücke. Doch richtete sie weiter keinen Schaden an, als daß ein herumirrender Splitter mir ein paar Zähne ausschlug.

„Dieser Ofen ist gänzlich ruiniert,“ sprach der Chefredakteur.

Ich bemerkte, daß ich derselben Ansicht sei.

„Na, gleichviel – brauchen ihn bei solchem Wetter ja doch nicht. Ich kenne den Menschen, der’s getan hat. Werd’ ihn schon kriegen. So, hier haben Sie die Methode, nach welcher solches Zeug geschrieben sein will.“

Ich nahm das Manuskript. Es war derart von Strichen und Einschachtelungen durchritzt, daß seine Mutter es nicht wieder erkannt haben würde, wenn es eine gehabt hätte. Es lautete jetzt wie folgt:

„Geist der Presse in Tennessee.“

„Die hartgesottenen Lügner vom ‚halbwöchentlichen Erdbeben‘ gehen augenscheinlich darauf aus, einem edlen und ritterlichen Volke wieder einmal eine ihrer nichtswürdigen und brutalen Lügen hinsichtlich jener glorreichsten Idee des neunzehnten Jahrhunderts, der Eisenbahn nach Ballyhack, aufzubinden. Der Einfall, Buzzardville solle links liegen bleiben, entsprang ihrem eignen ekelhaften Gehirn, – oder vielmehr jenem Bodensatz, den sie als Gehirn betrachten. Sie täten besser, diese Lüge zu verschlucken, wenn sie ihren verworfenen Reptilienleichnamen die Durchpeitschung ersparen wollen, die sie so reichlich verdienen.

Jener Esel, Blossom zubenamset, vom ‚Donnerkeil und Schlachtruf der Freiheit‘ in Higginsville, treibt sich hier wieder umher.

Wir bemerken, daß der einfältige Schafskopf vom ‚Morgengeheul‘ in Mud-Springs mit seiner gewöhnlichen Neigung zum Lügen die Nachricht in die Welt setzt, van Werter sei nicht gewählt. Die vom Himmel stammende Mission der Zeitungen besteht darin, den Samen der Wahrheit zu streuen, den Irrtum auszurotten, zu erziehen, zu veredeln, den Ton der öffentlichen Moral und Sitte zu heben, die gesamte Menschheit milder, tugendhafter, barmherziger und in jeder Weise besser, heiliger und glücklicher zu machen; und dennoch würdigt dieser schwarzherzige Schuft sein erhabenes Amt hartnäckig herab durch Verbreiten von Lügen, Verleumdungen, Beschimpfungen und gemeinen Schmähungen.

Blathersville braucht ein Nicholsonsches Pflaster – ein Gefängnis und ein Armenhaus braucht es noch dringender. Welch eine Idee, ein so miserables Oertchen mit einem Pflaster zu versehen, dessen sämtliche Merkwürdigkeiten zwei Branntweinbrennereien, eine Schmiede und jenes Senfpflaster von Zeitungsblättchen, das ‚tägliche Hurra‘, bilden! Warum borgt man sich kein Pflaster von Memphis? Dort ist dieser Artikel sehr wohlfeil. Jenes kriechende Insekt, Buckner mit Namen, welcher das ‚Hurra‘ redigiert, schreit wie ein Esel mit der ihm eignen Blödsinnigkeit in betreff dieser Sache allerlei Unsinn in die Welt und bildet sich ein, er rede Sinn.“

[224] „So, das ist das journalistische Rezept – gepfeffert bis zum äußersten. Euer milchsüßer Journalismus verursacht mir Uebelkeit.“

In diesem Augenblick kam ein Ziegelstein durch das Fenster, zertrümmerte unter großem Lärm eine Scheibe und gab mir einen bedeutenden Schlag in den Rücken. Ich entfernte mich aus der Schußlinie – ich begann zu fühlen, daß ich im Wege war.

Der Chef sagte:

„Das war vermutlich der Oberst. Ich erwarte ihn schon seit zwei Tagen. Jetzt wird er gleich hier sein.“

Er hatte wahr gesprochen. Einen Augenblick später erschien der Oberst in der Tür mit einem Dragonerrevolver in der Hand.

Er sagte:

„Mein Herr, habe ich die Ehre mit der Memme zu reden, welche dieses schäbige Blättchen redigiert?“

„Die Ehre haben Sie. Setzen Sie sich, mein Herr. Aber gehen Sie vorsichtig mit dem Stuhl um, er hat nur drei Beine. Ich glaube, ich habe die Ehre, mit dem prahlerischen Halunken, Oberst Blatherskite Tecumseh zu sprechen?“

„Der bin ich. Ich habe mit Ihnen ein Hühnchen zu pflücken. Wenn Sie Zeit haben, wollen wir beginnen.“

„Ich habe einen Artikel über den ‚ermutigenden Fortschritt der moralischen und intellektuellen Entwicklung in Amerika‘ zu beenden, aber es hat keine Eile damit. Beginnen Sie.“

Beide Pistolen ließen in demselben Augenblick ihren wilden Knall hören. Der Chef verlor eine Locke von seinen Haaren, und die Kugel des Obersten beendete ihre Laufbahn in dem fleischigen Teile meiner Lende. Dem Oberst wurde die linke Schulter ein wenig gestutzt. Sie feuerten noch einmal. Beide fehlten diesmal ihren Mann, aber ich bekam mein Teil, nämlich einen Schuß in den Arm. Bei dem dritten Schuß wurden beide Herren leicht verwundet, während mir ein Knöchel gestreift wurde.

Dann sagte ich, ich hielte es für ratsam, hinauszugehen und ein wenig frische Luft zu schöpfen, da dies eine Privatunterredung sei und ich aus Zartgefühl Bedenken trage, mich noch länger daran zu beteiligen. Aber beide Herren ersuchten mich, ruhig sitzen zu bleiben, und gaben mir die Versicherung, ich sei ihnen durchaus nicht im Wege. Ich war anderer Meinung gewesen.

Darauf unterhielten sie sich eine Weile über die Wahlen und die Ernte. Währenddessen beschäftigte ich mich mit dem Verbinden meiner Wunden. Aber bald ward das Feuer großer Lebhaftigkeit wieder eröffnet, und jeder Schuß traf – doch kann ich nicht umhin zu bemerken, daß fünf von den sechs Schüssen auf mein Teil fielen. Durch den sechsten wurde der Oberst tödlich verwundet, welcher mit feinem Humor die Bemerkung machte, daß er jetzt „Guten Morgen“ sagen müsse, da er oben in der Stadt Geschäfte hätte. Dann erkundigte er sich nach dem Wege zum Totengräber und verabschiedete sich.

[225] Der Chef wandte sich nach mir um und sagte:

„Ich erwarte Gesellschaft zum Mittagsessen und werde Anstalten zum Empfang derselben treffen müssen. Sie werden mich sehr verbinden, wenn Sie die Korrektur lesen und die Kunden bedienen wollen.“

Bei dem Gedanken, solche Kunden bedienen zu müssen, fuhr ich ein wenig zusammen, aber ich war durch die Kanonade, die mir noch in den Ohren tönte, zu konfus geworden, als daß ich daran hätte denken können, auf diese Zumutung etwas zu erwidern.

Er fuhr fort:

„Jones wird um drei hier sein – peitschen Sie ihn durch. Gillespie wird vielleicht etwas früher vorsprechen – werfen Sie ihn zum Fenster hinaus. Ferguson wird etwa um vier kommen – blasen Sie ihm das Licht aus. Ich glaube, das ist für heute alles. Wenn Sie Zeit übrig haben, schreiben Sie dann einen glühenden Artikel über die Polizei – geben Sie dem Oberinspektor einige Pillen zu verschlucken. Die Peitschen liegen unter dem Tische, die Schießwaffen in der Lade – Munition dort im Winkel – Leinwand und Bandagen da oben in den Fächern. Falls Ihnen etwas Menschliches passieren sollte, gehen Sie hinunter zu Lancet, dem Chirurgen. Er annonciert in unserer Zeitung – wir gleichen unsere Rechnungen miteinander aus.“

Fort war er. Ich schauderte. Nach Verlauf von drei Stunden hatte ich so furchtbare Gefahren durchgemacht, daß aller Seelenfrieden und alle Freudigkeit verschwunden waren. Gillespie hatte vorgesprochen und mich zum Fenster hinausgeworfen. Jones stellte sich pünktlich ein, und als ich mich daran machen wollte, ihm das Durchpeitschen zu besorgen, nahm er mir dies Geschäft ab. Bei einem Zusammenstoß mit einem Fremden, der nicht auf der Speisekarte stand, hatte ich meine Kopfhaut verloren. Ein anderer Fremder, namens Thompson, ließ mich als ein Wrack, als eine Ruine von chaotischen Lumpen zurück. Als ich schließlich in einer Ecke furchtbar in der Klemme saß und von einem wütenden Haufen von Redakteuren, Gaunern, Politikern und Halunken belagert wurde, die rasten und fluchten und mir ihre Waffen um den Kopf schwangen, bis die Luft von den schimmernden Stahlblitzen flimmerte, war ich gerade im Begriff, auf meinen Posten bei der Zeitung zu resignieren, als der Chef ankam und mit ihm ein Schwarm bezauberter und begeisterter Freunde. Dann folgte ein Auftritt voll tollen Rasens und Gemetzels, wie sie keine menschliche Feder, selbst wenn sie von Stahl ist, zu beschreiben vermag. Leute wurden niedergeschossen, erstochen, zerstückelt, in die Luft gesprengt und zum Fenster hinausgeworfen. Es entstand ein kurzer Wirbelwind grimmiger Gotteslästerung, durch welchen ein verwirrter und wahnsinniger Kriegstanz hindurchschimmerte, und dann war alles vorbei. Nach fünf Minuten herrschte wieder vollkommene Ruhe, und der bluttriefende Chef und ich betrachteten die blutigen Trümmer, mit denen der Boden um uns herum besät war.

Er sprach: „Sie werden diesen Ort liebgewinnen, wenn Sie sich erst an solche Dinge gewöhnt haben.“

[226] Ich sprach:

„Ich muß sehr um Entschuldigung bitten; ich glaube, vielleicht würde es mir nach einiger Zeit gelingen, nach Ihrem Geschmack zu schreiben; ja ich glaube zuversichtlich, daß ich’s könnte, sobald ich einige Praxis gehabt und die Sprache gelernt hätte. Aber – offen gestanden – diese Art energischen Ausdrucks hat ihre Unbequemlichkeiten, und man ist Unterbrechungen ausgesetzt. Sie sehen das selbst. Eine kräftige Schreibart ist ohne Zweifel geeignet, das Publikum zu erheben, allein ich liebe es nicht, so viel Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, als dieselbe hervorruft. Ich kann nicht mit der notwendigen Ruhe und Fassung schreiben, wenn ich soviel unterbrochen werde, wie das heute der Fall gewesen ist. Die Stelle hier an der Zeitung gefällt mir gar nicht übel, aber es kann mir nicht gefallen, daß man mich hier allein läßt, um die Kunden zu bedienen. Die Erlebnisse dabei, das räume ich offen ein, sind in ihrer Art nicht bloß neu, sondern auch unterhaltend, allein sie sind nicht gerecht verteilt. Ein Herr schießt durch das Fenster nach Ihnen und macht mich zum Krüppel; eine Bombe kommt durch die Ofenröhre herunter, um Ihnen eine Freude zu machen, und schleudert mir die Ofentür an den Hals; ein Freund regnet herein, um mit Ihnen Komplimente zu wechseln, und betupft mich solange mit Kugellöchern, bis meine Haut meine Grundsätze nicht mehr halten will; Sie gehen zu Ihrem Diner und Jones kommt mit seiner Peitsche; Gillespie wirft mich zum Fenster hinaus, Thompson reißt mir sämtliche Kleider vom Leibe, und ein mir ganz fremder Herr nimmt mir die Kopfhaut mit der ungenierten Offenherzigkeit eines alten Bekannten weg; und in weniger als fünf Minuten erscheinen sämtliche Strolche im Lande in ihrer Kriegsbemalung und machen sich daran, den Rest meines Körpers mit ihren Tomahawks auf den Tod zu erschrecken. Alles in allem genommen, habe ich nie in meinem Leben so ereignisvolle Augenblicke durchgemacht wie heute. Nein; Sie gefallen mir, und auch Ihre ruhige gelassene Methode, den Kunden die Dinge auseinanderzusetzen, gefällt mir; aber Sie sehen, ich bin daran nicht gewöhnt. Das Herz des Südländers ist zu leidenschaftlich und die Gastfreundschaft des Südländers zu verschwenderisch gegen den Fremdling. Die Paragraphen, die ich heute geschrieben und in deren kalte Sätze Ihre Meisterhand den glühenden Geist der Presse von Tennessee hineingegossen hat, werden zum zweitenmal ein Nest von Hornissen aufrühren. Jene ganze Bande von Redakteuren wird kommen – und sie wird obendrein ganz ausgehungert kommen und etwas zum Frühstück verlangen. Ich werde Ihnen Lebewohl sagen müssen. Ich lehne es ab, bei diesen Festlichkeiten zugegen zu sein. Ich kam meiner Gesundheit wegen nach dem Süden, aus demselben Anlaß werde ich zurückkehren, und zwar sofort. Die journalistische Tätigkeit in Tennessee ist zu aufregend für mich.“

Worauf wir unter gegenseitigem Bedauern voneinander Abschied nahmen und ich im Hospital meine Wohnung bezog.