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Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 23

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Textdaten
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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie schenk Eberhart die zwai fröle von Erpach der fraw mueter wider zuestellen müeßen, auch Hanns Gans von Neuses das schloß und herrschaft Bickenbach landtgraf Wilhelmen von Hessen ufgeben, darauß vil unruhe erwachsen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 206–214
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
Kurzbeschreibung:
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[206]
[415] Wie schenk Eberhart die zwai fröle von Erpach
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der fraw mueter wider zuestellen müeßen, auch Hanns Gans von Neuses das schloß und herrschaft Bickenbach landtgraf Wilhelmen von Hessen ufgeben, darauß vil unruhe erwachsen.
Wiewol nun derzeit die grevin von Werdenberg sampt
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dem Philipsen Echtern sich vil bemühetent, die zwai fröle widerumb außer gewalt schenk Eberharts zu bringen, so gab doch schenk Eberhart umb kain underhandlung, oder was dann derhalben megte fürgenomen werden, sonder er behielte die fröle uf zwai jhar oder etwas mehr. Die
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warden uf dem schloß Reichenberg, wie oblaut, erhalten. Indess trueg sich die bayrisch vechde[1] zu, in welcher kaiser Maximilian merthails fürsten deutscher nation wider die Pfalz vermegte, von denen, insonderhait aber von herzog Ulrichen von Würtemberg und landtgraf Wilhelmen von
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Hessen, der Pfalz vil landt und leut abgetrungen wurden. Bemelter landtgraf überzog die Pfalz mit höres chraft, er belegert schloß und statt Chaub, am Rhein gelegen; das ließ er hart beschließen, megte aber daselbs nichs außrichten, sonder mueste ungeschafft und mit schanden und
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großem schaden abziehen. Hernach, als er die Pfalz ußer der obern grafschatz Catzenelenbogen angriff, besorgt er das einig haus Bickenbach[2], so uf ainem hochen berg gelegen und der zeit für ain werlichs haus ward gehalten, derhalben er schenk Eberharten von Erpach, als der jungen
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frölin von Erpach fürmünder, anlangen ließe, seine feind in Bickenbach nit zu enthalten, zu dem er sich versehen wolte, das im kain schaden ußer solchem haus sollte zugefüegt werden; wa nun dasselbig von schenk Eberharten als tutorn gelaistet, welte er sich auch aller gnaden und gepür
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hinwider erzaigen. Dergleichen liese gedachter landtgraf zu

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[207] Mergenthaim uf aim tag, den fast[3] die ganz ritterschaft im landt zu Franken besucht, auch fürbringen, mit dem anhang, woverr er sich ußer der veste ihe besorgen, wurde er gleichwol wider seinen willen dahin trüngen, das schloß und
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herrschaft Bickenbach einzunemen; darauf schenk Eberhart die antwurt gab, er wiste und getrawete Bickenbach wol zu erhalten. Hierauf begab sich, das in kürze hernach landtgraf Wilhelm mit aim haufen kriegsvolk zu ross und zu fueß die Bergstraß herauf zohe, und, als er unferr von Bickenbach,
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ließ er das schloß Bickenbach, darin Hanns Gans von Neuses amptman, berennen und uffordern. Derselbig, wiewol der landtgraf dozumal mit kainem geschütz verfast, auch kain lange oder beharrliche belegerung hette beharren künden, übergab er das edel schloß sampt der herrschaft dem
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landtgrafen wider allen edelmans trawen und glauben, ohne alle vorgehende not. Der landtgraf, dem sollichs ain gemachts spill, nam das übergeben des Gansen mit hochem erbieten an, ritt uf das schloß, welches er alsbald eingenomen, besatzt und widerumb von dannen schiede.
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Dergestalt ist Bickenbach, das edel schloß, sampt der herrschaft, ußer schenk Eberharts und der jungen frölin handen in des landtgraven gewalt kommen. Er hat auch sonst kain titul oder ansprach darzu in kainen weg gehapt oder haben künden. Von Bickenbach ist der landtgraf den nechsten
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die Bergstraßen heraufzogen, [416] und als er durch seine kuntschafter erfaren, das der churfürst, pfalzgraf Philips, mit gar wenig kriegsvolk im schloß zu Haidelberg sich enthalte, hat er etlich veldtgeschütz, das er in der eil hin und wider ufgebracht[4], welches er die nacht seins gefallens gelegert.
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Des morgens früe gegen tag ist er mit seinen reutern und knechten uf dem berg, der dann geradt über den Necker gegen dem schloß und der statt Haidelberg gelegen, gehalten; do haben seine trommeter und herpauker mit dem tag ufblasen müeßen. Hernach hat er[5] acht oder zehen
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falkenetle ins schloß zu Haidelberg in die gemach und die techer geen lassen; darauf die trommeter das lied plasen müeßen: «Hat dich der schimpf gerowen[6]»; hernach widerumb geschossen, und als er die abenteur lang getriben, ist

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[208] er seins gefallens widerum abgezogen und den armen underthonnen mit brennen grosen schaden zugefüegt. Man sagt, wiewol er mit solchem schießen kain schaden thon künden, so hab doch der trutz und hochmuet des landtgrafen den
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fromen, alten churfürsten höchlichen, und das ime die augen übergangen seien, bewegt. Er hat ußer seinem gemach in ein gewelb herab weichen müeßen, biß der strudel fürüber gewest. Nach einnemung des schloß und der herrschaft
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Bickenbach gab der landtgraf für, er hette das keinswegs ime selbs, oder seinem fürstenthumb zu behalten ingenomen, sonder ußer der ursach, damit solchs den frölin in den gefärlichen und sorgclichen leufen möchte erhalten werden, were auch des willens, baid frölin, so die erwachsen, nach
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irem herkomen gemeß zu verheiraten, auch alles, das inen zugehörig, frei ledigclichen widerumb zuzustellen. Neben dem entpot er seiner gemahl, der landtgrevin, er wellte ir zwai junge frölin von Erpach zu aim krom oder für ain beutpfening bringen. Dieweil er dann erfiere, das die frölin
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in handen schenk Eberharts uf dem schloß Reichenberg enthalten wurden und er sonst über den Ottenwaldt zu raisen vorhabens, ruckt er eilendts mit allem kriegsvolk für Reichenberg, mit beger, das ime der burgvogt die frölin unverzug zustellen welte, wa nit, welte er die seins undanks
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herauß nemen. Wiewol nun Reichenberg zu der zeit nichts besetzt, dann weder graf Eberhart, oder seine amptleut sich dessen versehen gehapt, darzu mit ander notturft und munition nit staffirt, so schepfte im doch der burgvogt oder keller ain gemüet und schlueg dem landtgrafen alles sein
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begern ab. Darab der landtgraf also erzürnt, das schloß allenthalben berennen und belegern ließ, der mainung, dieweil bei disem burgvogt in der güete nichs zu erhalten, mit gewalt sein hail zu versuchen. Wie nun der burgvogt sicht, das der ernst vorhanden, schickt er widerumb zum
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landtgraven und last in ganz demüetigclichen für den sturm oder ander gewalt bitten, mit dem anhang, das er ihe entschlossen, so bald er den ernst sehe, welle er gleich beede frölin an die sorgclichiste und gefärlichiste plätz und ort stellen, damit sie im lebendig nit zu theil werden. O, was erlichen
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und adelichen gemüets in disem plebejo gewest, der werd gewesen, das er schilt und helm, auch das adenlich herkommen der unnutzen Gans von Neuses angenomen und

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[209] von der höchsten oberigkait reichlichen darzu begabt, auch derselb sich seiner unadelichen unehrlichen that schemen, sich wider ernidern und andern ehrlichen weichen het müeßen! Wie nun der landtgraf sicht, das er nit die Gans
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zu Bickenbach vorhanden, würdt im von seinen räthen gerathen, fürderlich in abzug sich zu begeben. Also durchzeucht [417] er die herrschaft Erbach mit merclichem schaden; dann ob er gleichwol die schlösser und stettle also im schnap nit konte überziehen, so verbrennt er doch die
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dörfer und richt ain solchen jammer an, das die herrschaft solchs in vil jharen hernach nit hat wider überwinden [künden][7], und damit warde untrew mit untrew bezallt und vergolten. In kurzer zeit, als sich dise handlungen verloffen, ist
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abermals ein tag von gemainer ritterschaft des lands zu Franken geen Mergenthaim ußgeschriben, auch alda gehalten worden. Als nun ain große somma vom adel bei ainandern, darunder auch der nottvest Hanns Gans von Newses in ainer schlechten beurischen klaidung gewesen,
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hat Jörg Gebsattl vor menigclichem offenlichen gesagt: «Die Gans (hat damit uf gedachten Hansen Gansen gedeutet) ist ain schnöde, böse gans, dann sie hat sibenhundert gens und ain halbe vergaget», welche somma gens gemelte herrschaft Bickenbach neben andern järlichen renten und gülten
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gefallen einkommens gehapt, darauß volgendts ain sprüchwort worden. Es hat der Gans solch scomma oder sarcasman nit verantwort, sonder stillschwigendt für ohren übergeen lassen und ist die überig zeit seines lebens seiner klainmüetigen und unadenlichen handlung, zu Bickenbach
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ergangen, bei allen ehrlichen adelspersonnen und menigclichem in groser verachtung und unwürde bliben, auch also erstorben. Im seie, wie im welle, so ist den armen, unerzogenen frölin von Erbach das irig wider Gott, ehr und recht
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unverschuldt in iren jungen jharen schandlichen übergeben, noch schandtlicher ingenomen und vorgehalten worden, dann obgleichwol der landtgraf sich vil erpotten und allerlai spiegelfechtens gemacht, so sein doch menigclichem seine handlungen und was im zu getrawen, wol bewisst und kuntbar
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gewesen. Es haben auch hoches und niders stands offen-

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[210] lich gesagt, waverr im die frölin in sein gewalt kommen, wurden sie allain von ime zu schanden und aller ippigkait erzogen sein worden. Die het er hernach seins gefallens verheirat und inen ire güeter umb ain todten pfening, wie
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man sprücht, bezallen künden. Dann was sollte aim sollichen unreinen Satyro zu getrawen sein, der, damit ich under vielen nur ains oder zwai melde, uf seiner hochzeit mit ainer sollichen edlen herzogin ein newe form ehlicher vermischung erdacht zu haben vermaint, die erstlichs und helles tags uf
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ain boden gelegt und mit aim gewalt ganz unbeschaidenlich mit irem höchsten schmerzen und nachteil gehandelt; neben dem er ainer solchen gewonhait sich angemast, das er mehrmals mit dem frawenzimmer nach essens spazieren gangen, eine under inen, die im gefellig gewest, an die handt
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genommen, mit derselbigen allain in waldt gedretten, nachgends mit derselben zu seiner gelegenhait in beisein seiner gemahl, der fürstin, die sich desshalben nit regen dörfen, wider kommen, unangesehen das sie baide mit rotten oren und zerstrewtem har, wie man vom kaiser Augusto[8] schreibt,
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gesehen sein worden. Als nun die zwai vilgedachten frölin von Erpach ungefärlich bei zwaien jharen uf Reichenberg erzogen, in mittler weil Bickenbach außer iren handen kommen, warde die von Werdenberg, ir fraw muetter, mehrmals bedenken, was
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letzstlich hierauß ervolgen, insonderhait so sie erwage, welcher maßen der landtgraf iren döchtern nachgestellt [418] und sie außer Reichenberg erfordert het, darbei auch in sorgen steen müest, der landtgraf wurde sie nit ufsetzen, sonder uf mittel und weg, damit er sie nochmals zu handen bringen
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megt, nachgedenken, insonderhait megte er schenk Eberharten in diser pfalzgrevischen vechde leichtlichen engsten und ersuchen, das er ime auch seins undanks die frölin übergeben müeste; zudem wie kuntbar, das die frölin also hinleslich und ohne alle sorg uf Reichenberg erzogen
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wurden, als kain wunder gewesen, das sie durch zufellige krankhaiten oder in ander wege umb ir leben kommen; dann ainmal gewiss, das sie baide in ir jugendt uf Reichenberg sovil castanien und ander ops gessen, das inen sollichs ir lebenlang an irer gesundthait mangel gebracht hat; zu dem
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ain gemainer leumedt ußroch, schenk Eberhart hette ime

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[211] entlichen fürgenomen, baidt fröle in beschlossene clöster zu thon, sie darin verwaren zu lassen, volgendts, so sie zu iren mundtlichen jharen kemen, inen den orden anlegen lassen wellte. Ob nun sollichs sein mainung gewest, oder ime
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ußer neidt zugelegt worden, mag man gründtlichen nit wissen, iedoch het im ein sollichs, waverr sie unverheirat bliben, zu großem vorthail dienen megen. Ußer solchen ursachen ir fraw muetter, als die hievor die döchtern nit annemen oder bei ir haben und erziehen wellen, durch ir
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unbedechtlichs fürnemen in diese geferde gepracht, höchlichen bewegt, irem[9] hauswüert, Philips Echtern, sodann irem brueder, graf Christoffen, deglichs und ohne underlaß anlag, wie sie die döchtern erretten und in iren gewalt und gewarsame bringen megte. Nun war eben der zeit herzog
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Ulrich von Würtemberg mit ainem treffenlichen kriegsvolk zu ross und zu fueß im anzug, die Pfalz gleicher gestalt, wie ander fürsten und stende, mit macht zu überziehen. Der hett bei sich graf Christoffen von Werdenberg, auch mehrertails alle grafen, herren und vom adel ußer
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Schwabenlanden, die im alle mit irem vermegen zuzogen. Also, wie baide frölin von Erpach mehrmals von irem vettern, graf Christoffen, auch von irer fraw muetter an schenk Eberharten begert, welcher inen aber alles begern abschlagen, was für rathsam angesehen, so baldt herzog Ulrich für
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Meckmülen[10], so der zeit der Pfalz zugehörig, sich legern würde, das alsdann graf Christof sich bei dem herzogen, auch seiner herrn und freunden umb ain anzall reuter und fueßvolk sich bewerben, schenk Eberharten überziehen und der frölin halb zu aller gepür netten sollte. Hierunder
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wardts Philips Echter vil gebraucht; der ritt zu graf Christoffen von Werdenberg ins leger und bracht die sach dahin, das der herzog graf Christoffeln ein reutersdienst wider schenk Eberharten versprach. Hierauf, aldieweil der herzog noch vor Meckmülen lag, erfordert graff Christof die frölin
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an schenk Eberharten mit allem ernst; er schickt im ain capitulation, mit angehenkter trewung, waverr er die frölin in monatsfrist nit wurde geen Clingenberg an Mein zu handen Philipsen Echters überliffern, auch die nachgends umb ir ansprachen ires vätterlichen erbs vernügen, so sollte er
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sich überzugs und aller thättlichen handlung gegen im ver-

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[212] sehen. Iedoch ernempt er im ein tag, den er hierum zu Neckersulm besuchen mocht. Nun trueg sich eben selbiger [419] zeit zu, das schenk Eberhart von Erpach und sein gemahl, ain grevin von Werthaim, genannt Maria, beide an
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der krankhait, den Franzosen, dozumal in deutschen landen ganz gemain, tödtlichen krank lagen, auch, wie solichs die acta[11] außweisen, beide mit allen gotzrechten bewart. Es hett sich die krankheit an schenk Eberharten also[12] geböseret, das er sich anders nit dann sterben versahe; derohalben,
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als er den angesetzten und verkünten güetlichen tag zu Neckersulm seins[13] anligens halb personlichen nit besuchen konte, vermegt er sein schweher, graf Micheln von Werthaim, den in seinem namen zu ersteen. Uf selbigem tag sein die menzischen und würtembergischen räth,
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insonderhait aber der amptman von Neidenhaim, Hainrich von Stockhaim, und dann Jörg Hundt, graf Albrechts von Hochenloe rath, stattlichen bei graf Christoffen gestanden, und ist fürnemlich alle handlung uf obgehörte capitulation abgeredt und beschlossen worden, welche graf Michel von seins
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dochtermans, schenk Eberharts, wegen, damit der nit überzogen und verderbt wurde, uf sein fürderlichs und unverlengts zu- oder abschreiben angenomen, auch die capitulation seinem dochterman fürgehalten. Die hat er außer rath seines schwechers, auch graf Wilhelms von Honstains, der
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zeit tumbcosters zue Menz, damit er ains gewaltigen überzugs überhept und vertragen, angenomen und graf Christoffen in bestimpter zeit under seinem insigel zugeschriben. Es hat sich schenk Eberhart hernach merken lassen, woverr er derzeit, als herzog Ulrich von Würtemberg vor
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Meckmülen gelegen und graf Christof die tratzliche vorderung baider frölin halb an in gethon, leibs halben vermüglich und nit so gar krank gewesen, wellte er sich in diese capitulation oder, wie er die in den actis nempt, verzettlung nit haben lassen tedingen, sonder sich ains andern bedacht
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haben. Als aber laut der capitulation die zeit, daz er, schenk Eberhart, die frölin wider von handen lassen, herzuruckt, hat er die wider von Reichenberg erfordern und mit etlichen pferdten geen Clingenberg an Mein, dem erzstift Menz zugehörig, überantwurten lassen. Deren hat uf
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selbige zeit Philips Echter mit aim hangenden wagen und

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[213] ainer edlen jungkfrawen, Margreth Rüdin genannt, sampt ainer ansehenlichen anzall pferdt zu Clingenberg gewartet, die von wegen seiner gemahl, irer fraw muetter, daselbs empfangen und volgends mit sich hünder sich gen
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Mespelbron gefürt, alda sie etliche jhar von irer fraw muetter trewlichen und wol erzogen worden. Hernach, als sie erwachsen, hat sie die geen Sigmaringen irem brueder, graf Christofen, gebracht; der hat sie bei im behalten, und biß sie hernach verheirat, sein sie von seiner gemahl, frawen
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Leonora margrefin von Mantua, irer gepür und herkommen nach gemeß erzogen worden. Der zeit hat sich landtgraf Wilhelm vil erpotten, die herrschaft Bickenbach baiden frölin widerumb zuzustellen, und soll graff Christoffen darunder mehrmals zugeschriben
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haben, mit beger, das er zu im komen welle. Was aber im grundt die ursach, daz graf Christof die rais zum landtgraven geen Cassel so lang ufgeschoben und verweilet, hab ich noch nieh [420] warlichen erfaren mögen. In mittler weil der landtgraf Wilhalm durch die krankhait der
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Franzosen dermasen verderpt, das er durch die selbigen und das wildt feur, wie mans nempt, verzert worden, also er ein ellenden, erbärmbdclichen und erschröckenlichen todt genomen. Nach seinem absterben ist aber in den erbachischen und bickenbachischen sachen ein enderung fürgefallen,
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dann landtgraf Wilhelm verließ ain ainigen sone, Philippum. Wie der hernach geratten, auch ganz Germania vergweltiget und gar nahe in eußerste verderpnus gebracht, das will ich an seinem ort mit kurzen melden. Dem selbigen wardt noch also jung ein landthofmaister und regenten in
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fürstenthumb Hessen geordnet; die regierten das landt neben der fürstin, die war ein herzogin von Mechelburg, gleichwol sie wenig jar im witwenstandt verharren thette, sonder vermehlt ir graf Otten von Solms, dem sie auch künder geporen. Die baide lebten wenig jhar bei ainandern, sein von wegen
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unmeßiger ehlicher werk baide noch in geringem, gesundem alter mit todt vergangen. Bemelter landthofmaister und räth hetten die herrschaft Bickenbach zugleich der ander landtschaft; die gedachten sie den armen veruntrewten frölin von Erpach gar nit wider zu geben, sonder bei dem
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fürstenthumb Hessen zu behalten. Belib also der herrschaft Bickenbach halb alle forderung und ansprach ansteen, so lang, das herr Johanns Wernher freiherr von Zimbern mit

1 [214] dem eltern fröle von Erpach, Catharina, und dann herr Hainrich Onarg freiherr von Stöffeln mit dem jungern fröle, Anna, vermehlt.



  1. vechde] s. Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz I, 463 ff.
  2. Bickenbach] über die herrschaft Bickenbach vgl. Wenk, Hessische Landesgeschichte II, 297 ff. und 417 ff.
  3. fast] hs. schafft.
  4. ufgebracht] nach ufgebracht ist ein zeitwort, etwa, zugericht, zu ergänzen.
  5. er] hs. in.
  6. gerowen] über dies lied s. Rommel Philipp der Großmüthige I, 462, wo dessen anfang lautet: »Hat dich der schimpf gereuet, so zeug nun wider heim.«
  7. künden] dürfte vom abschreiber vergessen sein.
  8. kaiser Augusto] s. Suetonius, Octavius Augustus c. LXIX.
  9. irem] hs. iren.
  10. Meckmülen] s. Häusser a. a. o. I, 474.
  11. acta] hs. atta.
  12. also] hs. gebso.
  13. seins] hs. eins.