Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 36

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie die irrungen zwischen herr Wilhelm truchseßen von Waltpurg und dann herr Johanns Wernhern vertragen worden, und vom vermainten sündflus und andern sachen vorm Schwarzwaldt.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 351–357
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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Wie die irrungen zwischen herr Wilhelm truchseßen von Waltpurg und dann herr Johanns Wernhern vertragen worden, und vom vermainten sündflus und andern sachen vorm Schwarzwaldt.
Anno domini 1519 ist der groß reichstag zu Wurmbs
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gewesen. Uf dem hat herr Johanns Wernher freiherr zu Zimbern in namen sein, auch beider seiner gebrüeder von kaiser Carl [491] dem fünften die confirmation, belangend den pan übers blut zu Möskirck und Oberndorf, sampt den abforderungen ab allen hof- und landtgerichten erlangt,
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vermeg deren brieflichen urkunden, die noch vorhanden. Dergleichen auch hernach hat er als der eltest, von wegen sein und seiner gebrüeder, anno 1533 von des römischen königs Ferdinandi commissarien die österreichischen lehen zu Rotenburg empfangen. Es ist aber in solchem fahl von ime
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nit ain kleins übersehen worden, dann ußerer besonderer begnadigung herzog Sigmundts von Österreich ist iederzeit ainer vom adel zu aim lehenträger angenomen worden, damit sich auch herzog Sigmundt und hernach kaiser Maximilian benügen hat lassen.

Herr Johanns Wernher hat umb die zeit, nemlich anno 1

[352] 1521 und anno 1522, ain große irrung mit herr Wilhelm truchseßen von Waltpurg von wegen der überlingischen gült, war 3000 gülden in golt hauptguets und darvon zins 120 gülden, sampt etlichem silbergeschier, welches, wie
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hievor gemelt, graf Endressen von Sonnenberg von dem eltern herr Johannsen Wernhern freiherren zu Zimbern in seinem vertreiben verpfendt worden, derselb auch die gült vermeg der declaration und übergab von herrn Martin von Polheim und dem von Wolkenstein zu seinen handen gepracht.
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Nachdem nur herr Johanns Wernher der jünger die herrschaft Mösskirch wider ingenommen, hat er solliche deposita bei graf Endresen wider erfordert, welcher sich aber dessen verwideret, mit anzaig, das er die gült mit grosem costen von herr Martin von Polheim und dem von Wolkenstein an
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sich gelest hete. Dieweil sie nun sich derhalben nit vergleichen konten, sein sie von burgermaister und rath der stat Ravenspurg, als erbettnen underhendlern, der sach uf herzog Ulrich von Würtemberg zu recht veranlasst worden und vor dessen räthen biß zu beschluß gehandelt. Ehe
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und aber der ußspruch beschach, do ist graf Endres, wie obgehört, von graf Felixen von Werdenberg entleipt worden. In somma, dieser zank hat vil mangls und unwillens gepracht, ist auch graf Endressen zu großen unstatten kommen. Nach sollichem hat herr Johanns Wernher von sein
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und seiner gebrüeder wegen sein vorderung zu prosequirn begert, hat herr Wilhelm, truchseß, vor herzog Ulrichen weiter nit fürkomen wellen, sonder vermaint, der anlaß hab sich mit absterben seines schwehers, graf Endressen, geendet, sich aber darneben für den landtcommenthur zu
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Altschhausen, den von Clingenberg, und sonst noch zwen von der freundtschaft, der ieder tail ain setzen mege, erbotten. Ist beschehen anno 1513 und anno 1514. Als aber hernach der landtcommenthur mit todt abgangen, haben sich beide tail für herr Schweikharten freiherren von Gundelfingen, herr
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Jörgen truchseßen von Waltpurg und die stat Ravenspurg veranlast, die haben baide partheien anno 1522 circa Madalenae geen Ravenspurg beschriben und sie nach vil gehapter mühe aller spenn und anforderungen in der güete verglichen, namlich herr Wilhelm, truchseß, solle herr Johannsen
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Wernhern die hauptbrief umb die überlingisch gülte überantwurten, dargegen soll ime herr Johanns Wernher 1200 güldin in golt zustellen des verpfendten silbergeschiers halb. Das soll herr

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[353] Wilhelm, truchseß, gegen empfahung des pfandtschillings, in den pfandtbriefen begriffen, wider hinauß geben, auch ieder tail sein costen selbs tragen, und damit aller ding gericht sein. Solchem vertrag sein baid tail nachkommen
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und hinfüro guet vettern und freundt gewest und bliben. Wiewol nun herr Johannsen Wernhern das alles laut des vertrags zugestellt und inhendig gemacht worden, so hat er doch die gült auch nit lang behalten, dann die von Überlingen, als sie iezo etliche jhar derhalben vil ange[492]fordert
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und angefochten waren worden, do haben sie die gült abkünt und in kürze darnach herrn Johannsen Wernhern das hauptguet sampt den zinsen gegen empfahung des gültbriefs zugestellt und überantwurt. Wa aber söllich hauptguet weiter hinkommen, ist nit wissent, gutlichen zu achten, es
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seie, wie anders auch, in Utopia angelegt worden. Das silbergeschier hat er zerbrechen lassen, das doch seiner elte halb wol zu behalten wer gewest und in ehren zu haben und uf ain andere form lassen machen. Mit dem silber ist er von den goldschmiden höchlichen betrogen worden, und
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in somma, es ist nit ain ainziger becher mehr von solichen silbergeschier vorhanden, dann es hat alles hindurch gemüest und nur zum laidigen teufel, do soll baldt kirchweihe werden. In obbemeltem jhar 1522 het herr Johanns Wernher
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sein haushaltung mertails zu Seedorf und Schenkenzell, und was besonder ain ganz feucht und naß jhar, derhalben dann vast in allen oberlanden ain geschrai außgieng, wardt auch von etlichen gelerten also practicirt, als ob ain sündfluß in Schwaben sollte entsteen, inmaßen das auch im Kinzigertal
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niemandts sicher sein sollte. Es flohen dozumal vil namhafte leut ußer den delern und auser der nidere in die höchinen, iederman besorgte das künftig gewesser. Under anderm wolt auch herr Johanns Wernher von Zimbern dem ungestimmen element nit vertrawen oder, da sich solcher
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unfahl zutrüege, zu Schenkenzell oder Seedorf finden lassen, sonder erhueb sich eilendts zu Seedorf, begab sich mit seiner gemahl, auch seinem eltern son, herr Johann Christoffen, und aller haushaltung hinüber geen Hohmessingen, demnach dann solch dorf ganz hoch im landt gelegen. In
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solchem dorf zohe er in ain arms, schlechts söldnerheusle, so sein leibaigen man, der war im gewichen. Das ander gesündt sampt den pferdten wardt in andere nechst umb-

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[354] gelegne heuser losirt. Es muest sich er sampt seiner gemahl ellengclichen darin behelfen. Aber er liedt es alles gedultigclichen und enthielt sich dermaßen alda gar nahe bei aim halben jhar biß zu eingang des winters, das
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menigclichen wol speuren megte, solch geschrai vom großen gewesser nit war sein. Da zoge er wider mit aller haushaltung hinüber geen Seedorf und hett sich hiezwischen zu Hochmessingen enthalten. Es brachten den merertail im frawenzimmer und under dem gesündt der kleinen dierlin vil
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darvon, wie dann an solchen orten beschicht. Mitler weil aber und herr Johanns Wernher also zu Hochmessingen wonete, pflag er vil kurzweil alda anzurichten, fürnemlich aber gab er mehrmals abenteuren auß. Einsmals aber, als er aber ain solchen schimpf zugerüst und
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vil volks zu Hochmessingen uß der ganzen landtsart zusamen kommen, richt er ain danz an, wie man vermaint, wol in tausendt personnen an dem danz weren, wie man dann einest auch sagte, das gemainlich bei drei tausendt personnen an aim danz weren an Hilzinger kirchweihe.
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Indess, wie der danz am allerbösten, so kompt graf Bernhart von Eberstain der jünger, war ain domher zu Straßburg, daher geritten, kam von Straßburg und über den Waldt von Dornstetten herüber, wolt zu herr Wilhelm, truchseßen, zu der Scheer raisen. So baldt in herr Johanns
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Wernher ersicht, sprücht er im so freuntlich zu, das er sampt seinen knechten abstanden und ain trunk thetten, auch mit andern also in stiffel und sporen umbher danzeten. Nachgends, als sie baide sich wol erspracht, schiedt graf Bernhart wider darvon, die selbig nacht wider geen
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Rotweil. Ich hab hernach mehrmals von graf Bernharten [493] hievon sagen hören, das er ganz lecherlichen erzellt von irem danzen und der abenteuren, und vermaint ihe, waverr herr Johanns Wernher domals under den pauren were verloren worden, würde es grose mühe haben gepraucht[1] in zu
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finden oder wider außer den pauren zu klauben. Baldt hernach do entstuenden allerlai misferstendt und irrungen zwischen herrn Johannsen Wernhern und seinen beiden gemainden, deren dörfern Winzagl und Hochmessingen, und sein fürnemlich das die mengel gewesen, darumb
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sich dann die gemainden erclagt und wider iren herren für

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[355] ain rath zu Rotweil als schutzherren suppliciert. Erstlich haben sie anzogen, herr Johanns Wernher hab 100 gülden hauptguts von inen zu ainer ablösung, darumb die dörfer verschriben, empfangen und die an gehörige ort nit
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verwendt. Zum andern, so ir herr zu inen kom, müeßen sie im den fuetterhabern geben. Zum dritten hab er inen den bach, so uß dem weir fleust, zu vischen an ain geltstraf verbotten. Zum vierten hab er inen ire aigne weldt und helzer, zu den dörfern gehörig, genommen. Zum fünften so
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müesen sie mehr salz järlich geben, dann von alter here gepreuchlichen. Zum sechsten erclagten sie sich, herr Johanns Wernher welle bei inen alle empter, als schulthaisen, richter und bittel setzen, welches doch von aim gericht beschehen sollt. Zum sibenden soll von keim gefangnen
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ainiche verschreibung begert werden, es sei dann, das solchs gerichtlichen erkent werde. Zum achtenden, das sie ain biderman, der sein manrecht hab, mögen hausen und herbrig geben. Zum neunten seien sie mit den frondiensten, auch mit den fellen zu gar hoch überladen, begerten
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derhalben an ain rath zu Rotweil, sie, als die schutzherren, wellten handt ob inen halten und verholfen sein, damit sie bei der billigkait und altem herkomen bleiben mögten, auch das sie darüber und weiter nit beschwert oder getrungen wurden. Also namen sich die von Rotweil der sachen an
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und verordneten etlich zu herr Johannsen Wernhern, die bericht empfahen und hüerunder, sovil müglich, güetlichen handlen sollten. Also gab herr Johanns Wernher denen verordneten uf ieden artikel antwort, und namlichen so sei [er][2] erkantlichen, die 100 gülden hauptguets von inen
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eingenomen haben, die sei er urpitig zu erlegen und an die lösung zu verwenden. Zum andern seien sie im den fuetterhaber, so er zu inen kom, schuldig, laut der alten urbüecher und urkunden. Zum dritten haben sie im bach mit vischen und bei dem weier also gehalten und sich bewisen, das er
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inen das vischen verbieten müeßen. Zum vierten sei nit weniger, er hab inen die weldt verbotten; er habs aber als die obrigkait thuon müesen, damit die weldt nit so gar abtriben und verwüest wurden. Zum fünften künden sie des salz halben sich nit beclagen, dann sovil newer heuser über
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die alt anzall erbawen, umb sovil steig auch das salz. Zum

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[356] sechsten stande im als der obrikait des orts zu, den schulthaisen, das gericht und andere empter zu besetzen und nit denen pauren. Zum sibenden hab im nie keiner ainiche verschreibung über sich geben, der das nit wol beschult
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hab gehapt, welle sich desshalben uf die ergangnen handlungen ziehen. Zum achtenden laß er denselben artikel bei der offnung oder jarrodel bleiben. Belangen die letzsten beschwerden mit den frondiensten und fellen, vermain er, sie damit gar nit überladen haben, sonder, wie er das
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ererbt hab und an ine komen seie, begere derhalben, seitmals sie als underhendler von deren von Rotweil wegen sich der sachen underzogen, sie wellen die beidt gemainden von irem unnötigen, unbefuegten[3] vorhaben abweisen, damit er nit verursacht, der sach weiter rath zu haben und sie umb
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ir ungehorsame und untrew zu der gepür zu halten. Hierauf haben die underhendler sich sovil bearbait, das die gemainden von iren unbillichen [494] clagen domals abgestanden. Und ob gleichwol die sach der zeit also in der güete hingelegt, nochdann hat inen herr Johanns Wernher
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ire ungehorsame nit vergessen künden; zudem, als bemelte bauren wider sein verhoffen sich hernach in der peurischen ufrur wider in empört, ist er hievon so gar erbittert worden, das er sie auch nit behalten wellen, sonder hat die baide dörfer sampt dem herrlichen weier zu Winzlow seinem
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brueder, herr Gotfriden Wernhern, umb ain schlechts, liederlichs gelt kaufsweis zugestellt. Villeucht ist es also in fatis gewesen, das er umb seine güeter kommen und nichs behalten sölle. * [1460] Es ist domals kain glück oder kain fal mer
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bei herr Johannsen Wernher gewest, und das hat sich also warhaftigclichen biß in sein dodt, der erst über vil jar hernach, anno 1548, gestorben, befunden. Was er mer angefangen, ist zuruck oder doch unglicklichen gangen, und wie karg er gewest, hat er doch kain fürschlag gehapt, ist im
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alles wie der schnee verschmolzen. Er hett zu der zeit schöne korngülten in der herschaft vor Wald, dergleichen so hett er die weir noch bei ainandern. Aber wie oft hat sich begeben, das er ain nutz zwen mit früchten zusamen gepracht, und da es schon in ain hohen werd[4] hinzubringen
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und von amptleuten und menigclichem er desshalben an-

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[357] geret und trewlichen gewarnet, so volgt er nit, behüet und verhub so lang, das die früchten hernach mermals verdorben sein und zu nichten worden, und kamen also die früchten weder ime selbs oder auch seinen underthonen oder ander
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zu nutzen und zu nießen. Ich hab manichmal die alten amptleut heren mit großer ungeduldt darvon reden, in was großen schaden er sich selbs mit sollichen sachen gefürt, sonderlich aber mit den fischen ußer den weier, dann, da er schon ain schöne hab mit fischen hab bekommen, hab
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er doch die bei rechter zeit und umb bar gelt nit hingeben, sonder ußer großem streit so lang in gruben behalten, das ain unfal darunder kommen, das die gestorben. Habs hernach, den gestank und besers zufürkommen, ußer den gruben füeren und uf die abweg dief in böden begraben müßen
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lassen. *



  1. gepraucht] hs. geprauch.
  2. er] wohl zu ergänzen.
  3. unbefuegten] hs. und befuegten.
  4. werd] hs. werden.