Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 48

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern das vogtrecht zu Sauldorf, Rod und Alberweiler von abt Hannsen von Petershusen erkauft, und von andern sachen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 477–488
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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[554] Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern das vogtrecht zu Sauldorf, Rod und Alberweiler von abt Hannsen von Petershusen erkauft, und von andern sachen.

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Welcher gestalt und in welchem jar, auch user was ursach das vogtrecht zu Sauldorf, Rod und Alberweiler, so von dem closter Petershusen zu lehen herrüert und vor vil jaren von den edelleuten von Jungingen an den stammen Zimbern erkauft, wider auß handen kommen, das hab ich
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nie gründtlichen gefunden oder erfaren künden, aber sovil waist man, das sollichs unlangs, nachdem die herrschaft Mösskirch durch herr Johannsen Wernhern freiherren zu Zimbern wider eingenomen, beschehen. Nun ist aber zu wissen, das umb die zeit, als herr Gottfridt Wernher
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freiherr zu Zimbern die herrschaft Mösskirch von seinem brueder, herr Johannsen Wernhern, ertauschet und ingehapt, ein abt zu Pettershusen regiert, hieß abt Endres. Der hat bei seinen zeiten übel gehauset und dem closter vil hingeben und verthon, also, wa nit durch das notwendig
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einsehen bischof Haugen von Landenberg sollichs underkommen, were das closter, wie man maint, durch solliche liederlichkait gar zu grundt gangen. Uß der ursach wardt abt Endres seins regiments allerdings entsetzt; im wardt ain järliche pension verordnet, damit er sich erhalten und
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sich des überigen einkommens müeßigen und entschlagen sollt. An sein statt wardt geordnet herr Hanns Merkle, war von Lindow bürtig; dem wardt das regiment und alle administration über das closter und desselbigen güeter zugestellt und übergeben. Beschach durch bischof Haugen,
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herr Hanns Jacoben von Landow, landtvogt in Schwaben, castenvogt[1], und ain rath der stat Costanz. Bemelter abt Hanns hat in seiner regierung wol gehauset und das verdorben closter widerumb ufgebracht.

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[478] In wenig jaren, nachdem abt Hanns die administration angenomen, hat herr Gotfridt Wernher von Zimbern vil wandels geen Costanz gehapt, damit ist er in kuntschaft bei abt Hannsen kommen, das er bei im das vogtrecht über
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die obgenannten dörfer Sauldorf, Rodt und Alberweiler von newem außbracht. Darumb hat er im ain tausendt guldin hauptguets in goldt also par zugestellt, dargegen der abt ime und seinen erben die vogtei zu ainem ewigen erblehen verlihen. Das ist beschehen im jar nach Christi gepurt
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1517, mit bewilligung bischof Haugen zu Costanz und dann herr Hanns Jacoben von Landow, als landtvogts in Schwaben und castenvogts bemelts closters. Solch vogtei ist namlich der dritteil aller freffel und bueßen, so das malefiz nit berüert, sampt andern gülten, zu dem, was die reichs- und
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kraissteuren belangt, sampt dem raisen und was der wehr zusteet, das soll alles dem vogtherren zugehören. Es ist auch hierinen fürnemlich bewilligt, so er [555] zu fellen kom, soll das vogtrecht iedes mals durch ain vom adel oder der ungefärlich wappensgenoß seie, als lehenträger empfangen
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werden, damit soll sich auch Pettershausen benügen lassen. Und hat das vil bemelt vogtrecht über die dörfer[2] Lorenz Münzer von Sünchingen[3] empfangen, uf zeit und im jar, wie oblaut; darauf herr Gotfridt Wernher in kürze hernach die dörfer, in das vogtrecht gehörig, ingenomen. Die haben
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im als vogtherren, wie dann von alter her gepreuchlichen gewesen, gewonliche gelipt und pflicht gethon. Aber unlangs darnach haben im die pauren zu Sauldorf alle ungehorsame erzaigt, derhalben er uf ain zeit andere seine underthonnen in der stille ufgemanet, hat sie an aim morgen[4]
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unversehens überfallen, den mehrertail gefengclichen geen Mösskirch gefüert und sie also zu gepürlicher gehorsame gepracht. * [1237] Zu zeiten, als herr Gotfridt Wernher geen Costanz wandlete, do waren die grafen von Werdenberg und
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der abt [Jodocus][5] von Salmenschweiler der grafschaft Hailigenberg halb in stetten und imerwerenden spennen von wegen der obrigkaiten, do ieder tail vermainte, das er ime eingriff thette. Die ursach aber war im grundt doher be-

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[479] schaffen. Es hetten die münch zu Salmenschweiler ain müller, der enthielt inen zum oftermal ir vich etc., ied est pecora, sed non campi, darum waren sie ime sonderlich genaigt und wol gemaint, derhalben er auch sich dessen
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überhueb und in der mülle also darauf griff, das allenthalben here schier clag kam. Graf Christof von Werdenberg nam sich als der regierendt graf der sach an und vermaint, ime gehörten der enden die hochen gericht und straff über die maleficien zu; zu dem er sonst über Salmensweiler von
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altem here etwas bewegt. Fieng den müller, fürt ine zum Hailigenberg und handlet in erkundigung der sachen nach der gepür, und wie man sagt und dozumal das gemain geschrai ußgieng, so bekannt er frei, es hetten im etlich münch also darauf zu greifen guetwilligclichen erlaupt. In
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diesem spann verliefen sich vil nebenhendel, also daz alles, wie gemainlichen beschicht, vil mehr verbitteret wurden, und kam graf Felix von Werdenberg, grafe Christofs brueder, auch ins spill. Der wolt die sach mit der großen braitaxt behawen und trawet den münchen, er wolt ain
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hochgericht vorm closter ufrichten und den mit münchen und müllern erfüllen. Das konten die münch nit erleiden, dann graf Felix war menigclichem bekant, und sagt man dozumal, es were im umb ain mentschen wie sant Jacoben umb ain muschel. Darumb war den münchen nit gehewr.
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Es namen sich des zwittrachts die befreundten und nachpurn zu beiderseits an und hettens gern, wo müglichen, gericht. Derhalben wurden etliche tagsatzungen zu Costanz gehalten, die von mertails den grafen und [1238] herren des landts zu Schwaben besucht. Man handlet mit allen trewen
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und fleis, aber vergebenlich. Es zoge der abt den bewissnen gewalt hoch an, so wolten die grafen der sachen befuegt sein und nit unrecht haben. In mitler weil, als graf Christof von Werdenberg zu Costanz, do war er ganz bossirisch und frölich, het auch
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gern, so er bei dem gemainen man unerkant. Derhalben gieng er zum oftermaln under die kramleden alda, und dieweil er allain und darzu schlecht war beclaidet[6], dann gemainlich do truege er ain zwilchin kittel, do wardt er in den kramleden für ain gemainen oder paursman geachtet.

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[480] Das gefiel im über alle maßen wol. Er failset etwan köstIiche ding und legt dann nit den halben wert darauf. So butzten ime dann die weiber in kramleden, sprachen: »Du ellender paur, was gehst da mit disen köstlichen dingen
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umb? behilf dich deines paurenwerks und laß uns alhie mit friden!« so dausset er dann darvon. Er wardt ainsmals also von ainer frawen, die in kant, anzaigt, und da man ime anfieng ehr zu erbieten, do ließ[7] er darvon. Er rit ainsmals hinauß geen Münsterlingen ins Turgew, saß uf ain
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kleins, niders rössle und name mit sich allain sein cemmerling, war ain klein[8] mendle, hieß . . . Gumpest, den satzt er uf ain gar hoches ross. Wie sie mit ainandern für Costanz hinauß komen, do wolten die Thurgewer zu narren an inen werden und verwunderten sich ab inen baiden,
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das der lang man uf dem klainen rösslin saß und der kurz uf dem hochen. Es wardt irer baider wol von inen gespottet. Das wardt im ain frewdt. Er kam ainsmals geen Insprugk, und seitmals er dem kaiser Maximiliano ganz nahe verwant, do wolten die Insprugger nur den grafen
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sehen, der des kaisers vetter were. Wie sie in aber sahen in paurenstiffl, in aim filzhuet und ainer zwilchin juppen, do sprachen sie: »Ist es nur der?« lachten sein und giengen hinweg. Und ist vast ain handel, wie es ainest dem kaiser Carolo in Hispania ergieng mit seiner pauren aim.
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Derselbig het ain ser schöns ross, das wolt er dem kaiser, seinem herren, schenken und begert derhalben für den kaiser. Wie das an den kaiser gelangt, do wardt er fürgelassen. Nun war der kaiser gemainlich schlecht geklaidt, wie das allen bewist, die des kaisers kuntschaft gehapt. So standt
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der graf von Benevente[9] bei im, der gar nahe für den mechtigisten graven in ganzem Hispania wardt geachtet; der war ganz cöstlich und prachtlich nach der Spanier art und manier beklaidet. Der paur fragt seine guide, welches der kaiser were. Man sagts im, do wonte der paur, man spottet
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sein, wolts nit glauben, vermaint, der, so also köstlich klaidt, wer der kaiser, und wiewol der kaiser im selbs sagt, er wer der, zu dem er het begert, so wardt doch der paur zornig und gieng zum grafen, gab im den titel, wie aim

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[481] kaiser, schankt im das ross, wolt sich auch anders nit bereden lassen, dann der graf were der kaiser. Schiedt also ab mit groser ungedult, das man ime sein herren het wellen verleugnen. Man sagt, es hab kaiser Carln [1239] des
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pauren wol megen lachen und hab ime treffenlichen wol gefallen. Das ich aber mit dem spann zwischen Werdenberg und Salmensweil wider uf die pann kom, so wardt derselbig hernach ganz wol vertragen; dann do fürsten und herren
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und sovil gelerter leut sich zwischen inen, gleichwol vergebenlichen, hetten bemühet und sie understanden zu vergleichen, do wardt ains alten ritters, hieß herr Ulrich Muntprat, weib, Elsbeth von Sengen, ain erliche alte fraw zu Costanz, die sprach, nachdem die herren oftermals bei irem
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hauswürt zu gast aßen und von denen irrungen hörte sagen, es weren schlechte spenn, wer ain schandt, das sich so fürneme leut mit solten bemühen, vermainte ie, so es an ir stüende, sie welt ain gueten vertrag machen. Das kam den herren für und redten auch andere mehr darzu, man söllte
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der frawen fürschleg hören. Also erkundiget die fraw, daz graf Felix von Werdenberg ain schönen, gueten zelter, den ordnet sie dem abt, dargegen sollte der abt dem grafen von Werdenberg järlichen ain fuder weins geben, und solten damit alle maleficien, unwillen und was sich hierunder
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verloffen, todt, ab und gericht sein. Den entschidt namen die baide partheien an, dem abt wardt der zelter, das fuder wein wurt noch järlichs den werdenbergischen erben geraicht.[10] * * [1339] Uf denen dagsatzungen zu Costanz do wardt
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mehrmals gerathschlagt, wie man wider ain turnier wellte anrichten, wardt mehrtails von herr Jörgen truchseßen von Walpurg uf die pan gebracht. Also do man von des adels sitten und manieren anfieng zu reden, das der durch ain solche zucht und censuram megte widerumb reformiert und
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zur tugendt gezogen werden, do sprach ain alter ritter, hieß herr Fritz Jacob von Anweil, war bischof Haugen von Costanz hoffmaister, vor menigclichem; »Unsere vorfaren haben ainest uf den hochen bergen in iren heusern und schlösern gewonet, do ist auch traw und glauben bei inen gewest,

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[482] iezunder aber so lassen wir unsere bergheuser abgeen, bewonnen die nicht, sonder vilmehr befleißen wir uns in der ebne zu wonnen, damit wir nahe zum badt haben.« Was wurd aber diser ritter darzu gesagt oder auch ainich
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hoffnung zu ainer widerbringung unser altvordern zucht und tugent gehapt haben, da er iezundt bei unsern zeiten auch die hohen heuser in iren langen nachtbelzen und den hochen hüeten, wie Türken oder Moscowitter, hett gesehen wandlen? oder in den großen, langen lumpenhosen wie die monstra
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einher huedlen? * Dem obbemelten abt Hannsen von Pettershausen ist uf ain zeit ain wunderbarliche und der gedechtnus wol würdige handlung begegnet; dann als er in bemeltem closter Pettershausen, das domals in großem abgang, auch in merklichen
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schulden war, zu aim administrator warde geordnet, hat er dasselbig also regiert, das er mertails schulden bezalt und vil gebawen. In anfang aber seiner verwaltung hat er kleinen costen gehalten; so er was uf dem landt zu schaffen, hat er das mertails selbs gethon und ist allain geritten.
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Ainsmals ist er herpstzeiten zu Pettershausen allain ganz früe ufgewesen, der mainung, in das Hegow seinen gescheften nach zu reiten. Als er nun bei der nacht durch die welde kommen und bei dem dorf Espsingen über ain weierwur reiten war, als eben der tag anbrach, und vor dem
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angefallnen nebel nit wol sehen mögte, sicht er ain mentschen, als in bedauchte, neben im geen. Er war in seinen gedanken, wie er des closters nutz schaffen, die schulden bezallen, auch die zerfallnen und abgangnen gebew wider bössern welte, nam sich dessen, so neben im gieng, nichs
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an. Als sie nun baide schier zu dem mittentail des weierwurs kammen, do der weier am tiefesten, do ergriff der, so neben im gieng, dem ross den zaum, füert das mit gewalt biß uf das eußerst ort gegen dem weir, also das der abt, welcher dief in seinen gedanken, das nit warname, und wie
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es gleich an dem, das der gaist das ross, welches stutzte, überabwerfen, thette der allmechtige dem apt die gnadt, das er des trugs warname. Derhalben er überlaut schrie; »Hilf, Hergott! hilf herr s. Gebhart!« Es ward ime nit mehr, dann das er das ross in anfang des sinkens mocht blößig sovil
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herum pringen und erhalten, das er mit dem ross nit in weier hinab fiele. Der bös gaist verschwandt, aber Hanns ist desselbigen tags wol ermundert gewest, in haben die

1 [483] fantaseien uf dem weg hinfüro verlassen und hat andere mal seiner sachen bössere achtung geben.

Mitler weil und herr Gotfridt Wernher zum oftermal geen Costanz und Pettershausen wandlete, wardt er oft von
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bischof Hugon von Landenberg zu gast geladen. Der vermocht sich sein sonderlichen wol. Er schickt im gemainlich zwen ritter, so er am hoff erhielt, die in zum essen holeten, der ain war herr Albrecht von Landenberg, der ander herr Fritz Jacob von Anweil, waren zwen theur ritter
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und der rechten, alten adenlichen Schwaben, von denen auch vil zu schreiben were. Uf ain zeit kamen vil grafen und herren geen Costanz, die hielten ain tag alda, die alle, sampt herrn Gotfriden Wernhern, ludt der bischof zu gast. Man war uf dem mal ganz frölich und lept wol, das
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becherlin gieng dem teutschen brauch nach oft umbher. Das beschach so oft, das letzstlich herrn und guet gesellen frölich wurden. Herr Gotfridt Wernher war der sach ungewon, zu dem het er sich vor essens darauf nit versehen, derhalben focht in das wasser so hoch an, das er zu dem
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ufstandt vom disch nit wust, wo hinauß, oder was er thuon sollt, er muest letzst[556]lich nach langem bedacht, sens dire adieu, ußer dem gemach eilends weichen. Ungeferdt war seiner diener ainer, der Jacob Maienbron, vor dem gemach, dem clagt er sein anligen. Maienbron underfieng
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sich, in zu fieren in locum secretum, damit er von niemands gesehen. Wo er in aber in der pfallenz hinfürte, do war es alles voller leut. Nun trang den gueten herren die nott, er muest fort, derhalben eilt er ohne genadet dem bischof oder auch den andern herren darvon ußer der pfalz durch
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das münster, und da er gleich in die engen gessle kam, konte er von den leuten auch nit nacher kommen. Zu letzst gieng er über die prucken bei den Predigern und ins closter. So baldt er daselbs in hof tritt, ersicht er vil weiber, die bestrichen die bet, derhalben er abermals nit zu blatz[11]
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kommen kont, sonder muest wider flihen der langen maur nach biß uf die Reinbrucken. Daselbs beschach im so nott, das er sampt dem Maienbron (dann die andern seine diener waren nit bei der handt, wusten auch nichs hievon) eilends über die Reinbrucken laufen muest, so vast er mocht.

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[484] Er mueste sich auch an den gemechten mit der handt verheben, do galt nicht, wer im enkame, er were gleich weib oder man. Wer den handel markt, der lacht darzu, die andern vermainten, er het ain bös stuck gethon, er wellt
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der freihait zueilen, und war allenthalben ain groß ufsehen, es konte sich niemands darauß verrichten. So baldt er über die Reinprucken kam zum closter, [lief][12] er durch ein dem garten zu. Wer mit im redet, gab er kain antwurt, es wust niemands, was im geschehen. Er hat sich hienach
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ein lange zeit solches verhebens heftig erclagt und mehrmals gesagt, das im sein lebenlang kein solche grose not und angst nie begegnet. Zu dem nachtessen selbigs tags kam abt Hanns, der het von dem geleuf hören sagen. Der mocht der abenteur wol gelachen und sagt darbei herrn
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Gotfriden Wernhern, was im ainest begegnet, nemlich das in ain müller einest nachts bei seim weib ergriffen und nackendt zu aim laden hinauß gesprengt het; es weren im aber der müller und seine knecht hinnach geeilet und fleißig gesucht. Nun het er nit ertrinnen künden, anders dann,
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wiewol es winters zeit und derhalben grim kalt, so het er sich doch under das müllradt gerad under den giesen stellen müeßen, darunder er ain guete weil also im külwasser bliben, biß er frost und kelte halb schier erstarret, der müller und sein gesündt widerumb weren abgewichen. Also spracht
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abt Hanns zu herr Gottfriden Wernhern: »Wolan, Zimmerle! wer hat iez under uns baiden die gröst not erlitten?« dann der abt und herr Gotfridt Wernher hetten den brauch bei ainandern, so niemands frembder bei inen, so hieß in herr Gottfridt Wernher nur münch Hanns, dergleichen der abt
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herr Gottfriden Wernhern Zimmerle. Es hett sich ain gleichförmige handlung bei wenig jaren darvor, aber doch mit keim solchen glücklichen ußgang, zu Costanz begeben, namlich es hett ain reicher burger zu Costanz, genannt Hanns Mutscheller, ein jungen schreiber, der
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hieß . . . Moser, der sollt im seine gewerb und hendel, so er in deutschen und welschen landen het, versehen. Derselbig aber ließ sich seins befelchs nit begnüegen, sonder nam sich seins herren, des kaufmans, weibs sachen, die dozumal noch ganz jung war, sovil an, das der guet Mutscheller
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letzstlich merken muest, wie die sach beschaffen. Der ließ

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[485] sich nur nichs merken, thet uf ain zeit dergleichen, als ob er ins Turgew zu reiten, in etlichen tagen nit wider kommen künte. Dess waren die fraw und der schreiber wol zu muet. Es konte der kaufman so baldt nit ußer dem haus komen,
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die fraw ließ ir ain badt zurichten, darin saßen der schreiber und sie zusamen. Aber der kaufman, obgenannt, war zu dem [557] ain thor ußgeritten, kam zu aim andern thor widerumb heimlich in die statt. Er het sich uf die sach gerüst und im ein großen hülzin strigel[13] zurichten lassen;
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mit dem und etlichen seinen freunden kam er unversehenlich und ganz verborgenlich in sein haus. Er trang den nechsten der badstuben zu, darin ergriff er baide, sein weib und den Moser, sein schreiber. Das weib entlief im, aber den Moser strigelt er mit dem hilzin strigel, in maßen er
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in im badt vor todt ligen ließ, der auch hernach in kürze des unfalls halb sterben muest, damit er gebüst; dann die obrigkait nam sich der sachen weiter nit an, dieweil der schreiber an der thatt ergriffen. Solch strigeln im badt biß uf den todt ist bei wenig jaren darvor eim pfaffen zu Zürich
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auch begegnet, der ist auch dermaßen von aim burger daselbs im badt beim weib ergriffen worden. Aber wiewol dem Mutscheller, obgenannt, das weib entronnen und zu irn freunden kommen, so warde doch außer zulassen der obrigkait durch beiderseits freundt und ander guet, ehrlich
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leut sovil gehandelt, das der guet, alt Chremes wider begüetiget und sich bereden ließ, auch das weib von der kinder wegen wider annam. Die war hernach als vor ain huer, die plib sie; dann so baldt sich aine in ain solchs ippigs leben begipt, volgt selten ain bösserung, als ich dann
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bei meinen zeiten das erlept und die personnen wol gekennt hab. Und ist sich sonderlichen vor solchem jungem gesündt zu hüeten, damit den weibern zu argem nit ursach gegeben werde, und kan dessfalls, wie auch sonst in andern stucken, ein verstendiger man sein weib wol from, zu dem auch
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unbeschrait behalten.

Ich hab ain großen Hannsen könt, der hett ain jung weib, aber er übersach die schanz mit seim jungen schreiber, der thette sich zum weib. Das trib er etliche jar. So baldt

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[486] das der man anfieng zu merken und sich baide vor im besorgen muesten, do lept er nit lang mehr. Got gesegne im den ertrunk und verzeihe iederman! Und wie man sagt, so hat derselbig schreiber dieselbigen kinder alle gezeuget,
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uß ursachen, die alhier nit zu melden sein. Und ob gleichwol das geschrai grob gewesen, so sprücht man doch und billich mit dem juris consulto: »Pater est is censendus, quem nuptiae demonstrant.« Also ist sich in solchen fellen wol zu hüeten, dann tegliche beiwonung thuet vil, gibt manch
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anreizung darzu, dann der Satan trewlichen hilft. Ich hab noch ain grosen Hannsen kent, der mocht villeucht seim weib durch sein volles, trunkens leben, das er täglichs und ohn underlaß trib, ursach geben haben. Sie bewarb sich umb den schreiber. Das weret ain guete zeit;
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letzstlich, als der handel zu grob, an tag kam, wich der schreiber. Es wardt sein plunder eilends und mit fleis ersucht, darunder ein colender mit den spaciis erfunden, darin het er alle actus, anfang und was sich mit der frawen begeben, ordenlich ufgezaichnet, namlich uf den tag gieng der
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handel an, uf den tag sas ich bei ir im badt, uf den tag rit mein herr dahin etc. und anders mehr. In suma, die welt ist die welt, und bleibt auch welt, in der anders nichs, dann trübsal, untrew, angst und not ist. Aber der Moser, der also abgestriglet worden, hat zwen[14]
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sön verlassen, die haben sich hernach wol gehalten. Der ain ist insigler zu Costanz, der ander[15] ain doctor juris worden, der ist vil jar am kaiserlichen cammergericht beisitzer gewesen, auch in solchem standt zu Speir abgestorben. Und haben die Moser alle, so noch in leben, iren anfang
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von aim mair genommen, ist zu ... im Ramsperger tal gesessen gewesen. Das ich aber wider [558] uf die Pettershauser sachen kom, so schickt ainsmals herr Gottfridt Wernher sein barbierer, den Jacoben Maienbron, mit aim rech geen
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Pettershausen, abt Hannsen uf das österlich fest damit zu verehren. Es kam der Maienbron mit dem rech am osterabent geen Pettershausen. Der abt het dise schenke für ain grose ehr und lude vil gueter leut uf den ostertag, die im das rech

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[487] solten essen und in frewden verzeren helfen. Er het ain cöstlich malzeit lassen zurichten, insonderhait, wie gebreuchlich, ein osterlam, war von maienschmalz und mandlen ganz artlich zugericht, sampt dem, das es hin und wider vergült
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und mit den bösten farben angestrichen war. Als nun am ostertag die gest zu Pettershausen erschinen und iederman zu disch gesessen, do hat[16] der ambtman zu Rast, hieß Hanns Auberle, der war uf das österlich fest zu im kommen, den satzt der apt auch an sein taffel zu den ehrenleuten. Wie
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nun das cöstlich osterlamb neben andern drachten uf den disch ufgesetzt, besahe der abt das lamp, und wie der prauch mit sollichen schawessen, ruckt er das dem nechstgesessnen für, der ruckt es dann aim andern geleichergestalt für, also das solch lamb letzstlich für den ambtman von
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Rast kam. Der war nun ain gueter, frommer, grober Schwab, der sein tag kain osterlam nie gesehen, vermaint auch, er thett im nit unrecht, sonder es dörfte oder könte ir keiner darvor schneiden. Derhalben stürmbt er seine ermel hünder sich, sprücht zu den andern: »Landt mir den kogen her
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gon!« und indess schneit er ain großen lempen user dem lam. Darab het der abt ain solchen verdruß, seitmals er als sein ambtman der ungeschicktest und gröbest gewesen, das er vor den gesten nit inhalten konte, sonder schalte in übel, also das sie alle nit anders vermainten, dann er würde
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in ob disch geschlagen haben. Die gueten leut redten das böst zun sachen und begüetigeten den abt, sovil möglich war. Aber der ambtman, der den kogen nochdann zerschniten, muest seiner grobkeit halber als ain grober filz und rülz zur stund vom disch weichen, den hieß der abt
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zun knechten sitzen, do dorft er ohne alle sorg das rindfleisch zu seim gefallen zerschneiden und außpartieren. Zu letzst, als sich der abt wider erholet, Iieß er allen zorn fallen, und mochten er und seine gest des handels uß der masen wol lachen. Aber der ambtman hat darnach billich
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kein kogen mehr uf den ostertag vor andern angriffen, dieweil im in der erste so übel damit war gelungen. Es hat mich diese historia alwegen gemanet an die, als herr Gotfridt Wernher ainest sein alten ambtman zu Hilzingen, den Hannsen Metzger, an sein tafel zu Mösskirch gesetzt, so

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[488] hat derselbig allwegen zu ersten sein rock und die were abgethon, das uf den bank nider gelegt und zu disch gesessen. So im dann herr Gottfridt Wernher ein ganz hennen fürgelegt, hat er gemeinlich frawen Appolonien ein fetgen
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darvon wellen fürlegen und mertails den fetgen under disch fallen lassen. So dann herr Gottfridt Wernher darüber gelacht, hat er zu der grefin gesagt: »Fraw, es ist (hat damit uf seinen herren deutet) ein unmechtig man,« vermaint damit, er hets im zu schalkhait gethon.
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Gleich des andern jars hernach schickt herr Gottfridt Wernher abt Hannsen wider ain rech, das fürte ain anderer diener, ain organist, hieß Baschion, geen Pettershausen. Wie der selb aber dem abt das rech presentiert und sich mit ainer schönen rede verfast gemacht, sprechende:
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»Erwürdiger und gaistlicher, gnediger herr! Der wolgeborn«, damit felt im der abt mit ainer rauchen stim in die redt, sagende: »Gnediger treck! sag mir nit gnediger herr, sonder münch Hans Veixdanz! ich bin nur ein lausiger münch.« Damit erschrackt er den gueten Bestlin, das der nit ain
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wort mehr reden kunt.



  1. castenvogt] hs, castenvogtz.
  2. dörfer] hs. dröffer.
  3. Lorenz Münzer von Sünchingen] hs. Lorenz Mutzer von Seuchtingen, s. register.
  4. morgen] hs. morgens, wohl verschrieben wegen des folgenden unversehens.
  5. Jodocus] ergänzt; regierte von 1510—1529.
  6. beclaidet] hierüber s. Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort und Werdenberg s. 465.
  7. ließ] vielleicht lief.
  8. klein] hs. klen.
  9. Benevente] hs. Bevenente; über diese grafen s. Imhof, Genealogiae viginti illustrium in Hispania familiarum s. 230—235.
  10. geraicht] Heiligenberg und Salmansweiler lagen oft mit einander in streit, so daß eine eigene litteratur pro et contra entstand.
  11. blatz] durch correctur undeutlich gewordenes, wie hetz, betz, belz aussehendes wort; das l nach b dürfte vergessen und blatz zu lesen sein.
  12. lief] dürfte zu ergänzen sein.
  13. strigel] vgl. hiezu Germania XVIII, 181, wo Liebrecht auf das lied »Der Schreiber im Garten« (Uhland, Volkslieder nr. 289 und Uhlands Schriften IV, 255) hinweist.
  14. zwen] wohl so, hs. den.
  15. der ander] er hieß Justinianus Moser, s. über ihn Johann Jacob Mosers Genealogische Nachrichten, von seiner eigenen, auch vilen anderen angesehenen Würtembergischen, theils auch fremden Familien s. 44.
  16. hat] das zeitwort fehlt, indem der verfasser in eine andere construction übergieng.