Zum Münsterjubiläum in Ulm

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Titel: Zum Münsterjubiläum in Ulm
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 545
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[545] Zum Münsterjubiläum in Ulm. In Nr. 24, S. 406 und 407 dieses Jahrganges der „Gartenlaube“ haben wir in zwei Münster-Illustrationen unseren Beitrag zu dem großen Ehrenfeste der alten Stadt Ulm dargeboten. Dieses Fest selbst, die Fünfhundertjahresfeier der Grundsteinlegung des Ulmer Münsters, ist glücklich und großartig vollbracht. Es war ein würdiges und wahres Volksfest, und zwar mit Kaiserwetter. Der erste Tag, 30. Juni, war der Kirche und ihrer Herrlichkeit, der folgende dagegen der Stadt und ihrer Vergangenheit geweihet. Wie dort Händel's „Messias“ das bis zu den äußersten Spitzbogengewölben prachtvoll erleuchtete Gotteshaus erfüllte, so füllte hier die mit Blumen und Fahnen ausgeschmückten Straßen und Plätze der große historische Festzug, der es verdient, daß von den zahllosen Schilderungen desselben das Hauptsächlichste in die „Gartenlaube“ übergehe. Nicht zugereiste Correspondenten, ein echtes Ulmer Kind muß man hören, ein warmes treues Schwabenherz, um den wahren Geist des Festes vor sich aufsteigen zu sehen. Als ein solches hat H. Wunderling sich in der „Neuen Freien Presse“ offenbart. Wurde er doch fast am laufenden Jahrhundert irre, als er am Festmorgen in den Straßen seiner Vaterstadt all die Patricier, Ritter, Mönche und besonders die schönen Patricierfrauen sah, die zum Festzuge sich versammelten. Wir treten mit ihm an das Fenster, wo er den von lustigen Fanfaren angekündigten Zug farbenprächtig und im schönsten Sonnenlichte vorüberziehen sah. Nicht am langen Faden der Geschichte traten die Bilder desselben auf, sondern man hob dazu drei Jahrhunderte heraus: das vierzehnte, des Domes Gründungsjahr, das sechszehnte – das „Zeitalter der Reformation“ – und das achtzehnte, zopfreichen Angedenkens.

Den Reigen des ersten Fest-Jahrhunderts beginnen berittene Trompeter, ein Herold mit Ehrenbegleitern, ein Stadthauptmann auf reichgeschirrtem Rosse, die schwarz-weiße Ulmer Fahne mit dem Reichsadler in der Faust, dahinter eine Schaar Kriegsknechte. Das war nur die Einleitung zur Hauptsache: jetzt sehen wir leibhaftig vor uns den Bürgermeister Ludwig Kraft, vom hohen Rath umgeben, hinter ihm die Reichenauer und Ulmer Klosterherren, sie alle den Wagen mit dem Grundstein zum Münsterplatze geleitend. Hinter dem Wagen erscheinen die Mitglieder der Bauhütte, die Ulmer Künstler, Patricier und Patricierinnen zu Pferd, jene mit kühn befederten Hüten und Baretten, diese zum Theil mit wunderlichen, zuckerhutähnlichen Hauben, von welchen lange Schleier wallen, – dann Männer und Frauen aus den Geschlechtern und dem Bürgerstande zu Fuß, endlich in langem Zuge die alten Zünfte, das Herbergszeichen jeder Zunft voran. Auch den Wagen der Ulmia dürfen wir nicht vergessen, auf welchem heute, wie wohl schon 1377, das Töchterlein des Bürgermeisters stand. Der Zug, welcher vor fünfhundert Jahren vom Grünen Hof nach dem Marktplatz sich bewegte, kann schwerlich anders gewesen sein, als der von heute, denn auch hier stellt Jeder das vor, was er ist, es ist Wahrheit durch und durch, nirgends Theatermummenschanz.

Auch das sechszehnte Jahrhundert zieht mit berittener Musik heran. Dem Herold folgt aber hier die Heldengestalt des weiland Feldhauptmanns der schwäbischen Stadt, Georg’s von Frundsberg, dem ein Trupp höchst gelungener Landsknechte folgt. Mit der mittelalterlichen Farbenpracht ist’s aber vorbei; die Zeit ist ernster. Da kommen die großen Geisteskämpfer jener Tage: der Astronom Kepler, der Ulmer Botaniker Roth, der Mathematiker Matth. Stifel etc. und zuletzt auch Theophrastus Paracelsus; nach einer Reitergruppe sehen wir den Bürgermeister Bernhard von Besserer (ebenfalls dargestellt von einem wirklichen Besserer), neben und hinter ihm