Zum Ursprung der Deutschen Stadtverfassung

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Textdaten
<<< >>>
Autor: Georg von Below,
Carl Köhne
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zum Ursprung der Deutschen Stadtverfassung
Untertitel: (Rezension), Entgegnung, Replik
aus: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Bd. 4 (1890), S. 112–120; Bd. 5 (1890), S. 139–156
Herausgeber: Ludwig Quidde
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890, 1891
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung J.C.B. Mohr
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Freiburg i. Br
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[112] Zum Ursprung der Deutschen Stadtverfassung. C. Köhne, Der Ursprung der Stadtverfassung in Worms, Speier und Mainz[1]. – In einem „Zur Entstehung der Deutschen Stadtverfassung“ überschriebenen Aufsatze in der Hist. Ztschr. Bd. LVIII, den ich ebenda Bd. LIX und in meiner „Entstehung der Deutschen Stadtgemeinde“ (Düsseldorf 1889) fortsetzte, sprach ich die Hoffnung aus, durch meine Ausführungen die Ansicht zu beseitigen, dass die Ottonischen Privilegien und das Hofrecht für die Entstehung der Deutschen Stadtverfassung Bedeutung besässen. Diese meine Hoffnung scheint sich zu verwirklichen. Um von den Besprechungen meiner Arbeiten in den kritischen Zeitschriften[2] abzusehen, so haben Schröder in seinem „Lehrbuch der Deutschen Rechtsgeschichte“ und Sohm in seiner soeben erschienenen „Entstehung des Deutschen Städtewesens“[3] sich meiner Ansicht angeschlossen. Nicht anders verhält es sich mit der vorliegenden Schrift. Köhne lässt zwar von der angeblichen Bedeutung der Ottonischen Privilegien und des Hofrechtes für die Stadtverfassung etwas, übrigens recht weniges gelten, aber in der Hauptsache lehnt er sich doch an meine Auffassung an und adoptirt auch in mehreren anderen Punkten meine Ansichten über die städtische Entwicklung. So weist er, in Uebereinstimmung mit mir, nach, dass die Ottonischen Privilegien keinen besonderen Stadtgerichtsbezirk geschaffen haben; dass die Nitzsch-Arnold’sche Hypothese von dem Hervorgehen der städtischen Handwerker aus Handwerkern der Frohnhöfe unzulässig ist; insbesondere begegnet auch nicht mehr die übliche Darstellung des stufenweisen Ueberganges der hörigen Handwerker zur Freiheit. Während nach Nitzsch und Schmoller die Ministerialen die massgebendste Schicht der städtischen Bevölkerung bildeten, der [113] Kaufmann sich am liebsten um den Schöffenstuhl herumdrückte, wiederholt Köhne meine Ausführungen in Bd. LVIII der Hist. Ztschr., wonach gerade das umgekehrte Verhältniss obgewaltet hat, Handel und Industrie die Grundlage der städtischen Entwicklung gewesen sind. Hinsichtlich des Gerichtsstandes der städtischen Immobilien übernimmt Köhne meinen Nachweis[4], dass das bischöfliche Officialat, welches Besitzübertragungen beurkundet, dabei nur als vielgesuchte Notariatsstelle fungirt, nicht die grundherrliche Gerichtsbarkeit des Bischofs ausübt. In Uebereinstimmung mit mir erkennt er ferner an, dass von einem Zusammenhange des Rathes mit dem Schöffencollegium nur da die Rede sein kann, wo es überhaupt ein Schöffencollegium gab, während z. B. noch Höniger[5] den Rath selbst in Baiern, welches bekanntlich fast gar keine Schöffen kannte, aus dem Schöffencollegium hervorgehen liess. Mit Höniger spricht Köhne von einer Bedeutung der Kirchspiele für die Stadtverfassung, unterscheidet aber im Anschluss an meine, gegen Höniger geführte Polemik zwischen bürgerlicher und Kirchspielgemeinde, auch wenn beide zusammenfallen. Und so liessen sich noch viele Punkte namhaft machen, in denen Köhne meine Auffassung übernimmt. Allein während Schröder und Sohm[6] erwähnen, dass dieser oder jener Nachweis von mir herrührt, unterlässt Köhne nicht nur solche Erwähnungen (von vereinzelten versteckten Citaten abgesehen)[7], sondern äussert sich über mich so geringschätzig, dass der Leser glauben muss, jedem Anderen eher als mir verdanke Köhne seine Auffassung. Nach seiner Schilderung bin ich nämlich ein ganz unwissender, ohne Methode arbeitender, sich in „ganz sinnlosen Behauptungen“ ergehender Schriftsteller. Niemand erfährt sonst von ihm einen heftigeren Tadel; meine Leistungen dagegen sind „pseudowissenschaftlich“ u. s. w. (um nicht alle schönen Prädicate aufzuzählen). Wenn er trotzdem so viel von meinen Ausführungen übernimmt, so hat es mit jener Polemik gewiss eine eigenthümliche Bewandtniss. Ich will mich darüber nicht auslassen, sondern nur zur Kennzeichnung der Polemik Köhne’s hervorheben, dass dieselbe haltlos ist, dass ferner seine positiven Aufstellungen, soweit [114] sie nicht meinen Ausführungen entnommen sind, der Mehrzahl nach auf schwachen Füssen stehen.

Mein Hauptfehler[8] ist nach Köhne, dass ich für Fragen der Entstehung der Deutschen Stadtverfassung „spät zur Entwicklung gekommene Flecken und Städtchen“ herangezogen habe; ich soll in diesem methodischen Fehler noch weiter als Maurer gegangen sein. Nun glaube ich, dass dieser Vorwurf Niemanden weniger als mich trifft. Diejenigen Städte, durch deren Beispiel ich meine Theorie vorzugsweise illustrirt habe, sind Köln, Strassburg, Quedlinburg, Halberstadt, Soest, Hameln. Sind dies Flecken? Sind dies spät zur Entwicklung gekommene Flecken? Köhne meint freilich, Hameln nehme unter den Deutschen Städten des Mittelalters eine Stelle ein wie Monaco unter den modernen Staaten. Wenn er dies behauptet, so ist das lediglich darauf zurückzuführen, dass ihm Hameln ganz unbekannt ist; ich verliere kein Wort darüber. Neben jenen Hauptbeispielen habe ich noch eine Reihe von Nebenbeispielen herangezogen, von denen ein Theil sich auch auf kleinere Orte bezieht. Es sind aber nicht „Flecken“, und die betreffenden Urkunden gehören der überwiegenden Mehrzahl nach spätestens dem 13. Jahrhundert an. Will Köhne etwa die Quellen des 13. Jahrhunderts nicht mehr für die Erklärung des Ursprungs der Deutschen Stadtverfassung heranziehen? Wenn mein Verfahren unmethodisch sein soll, so muss Köhne auch Sohm alle Methode absprechen, welcher in der Benutzung von Urkunden kleiner Städte aus der Zeit seit dem 13. Jahrhundert eher noch weiter gegangen ist, als ich. Ich halte Sohm’s und mein Verfahren nicht nur für berechtigt, sondern auch für nothwendig aus den in meiner „Stadtgemeinde“, Vorrede S. 7, dargelegten Gründen[9]. Und wie verfährt denn Köhne selbst? Er schneidet die Verfassung von Mainz nach einer Urkunde für den Ort Allensbach zurecht, welcher nie zu einer wirklichen Stadt geworden ist[10]. Er acceptirt ferner die Gildetheorie von Nitzsch, deren Geltung davon abhängig ist, ob eine sehr späte Urkunde des Städtchens Menden die Verhältnisse [115] der eben aufkommenden Deutschen Städte wiedergibt! Er tadelt mich, dass ich mich auf Medebach berufen habe, nimmt aber selbst keinen Anstand, von der betreffenden Medebacher Urkunde Gebrauch zu machen (S. 297).

Den Vorwurf, dass die von mir benutzten Quellen zu späten Datums seien, erhebt Köhne dann noch bei zwei besonderen Anlässen. In dem einen Fall hat mich bereits Sohm gegen Köhne’s Polemik vertheidigt[11]. In dem anderen handelt es sich darum, ob die von mir benutzten Quellen für die Bestimmung der Competenz der Landgemeinde beweiskräftig sind. Ich bemerke dazu, dass es durchaus nicht meine Absicht war, in einer Arbeit über Städtewesen vollständige Angaben über die Verhältnisse der Landgemeinden zu machen – die Competenz der Landgemeinde sollte nur durch einzelne Beispiele illustrirt werden[12] –; dass es ferner eine geringe Kenntniss unserer Nachrichten über ländliche Verhältnisse verräth, wenn Köhne Quellen über die Competenz der Landgemeinden aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert verlangt. Die Verhältnisse der Landgemeinden lassen sich bekanntlich nur darstellen, wenn man aus späteren Nachrichten zurückschliesst. Die späteren Quellen zu ignoriren ist ja bequem, aber gewiss nicht wissenschaftlich[13].

Die hier besprochenen Dinge nebst einer Anzahl Einzelheiten[14] [116] sind es, auf Grund deren Köhne sein verdammendes Urtheil über meine wissenschaftliche Thätigkeit fällt.

Die positiven Aufstellungen Köhne’s, welche nicht meinen Ausführungen [117] entnommen sind, stammen der Mehrzahl nach von Höniger[15]. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die Nitzsch’sche Gildetheorie, eine eigenthümliche Auffassung von einer gewissen Bedeutung der Kirchspiele für die Stadtverfassung und Höniger’s Ansicht von der „Verschiebung der schöffenbaren Leute“. Und die Abhängigkeit von Höniger verschweigt Köhne nicht, wie etwa seine Abhängigkeit von mir; er hebt vielmehr die Verdienste Höniger’s nachdrücklich hervor: wichtige Fragen – heisst es in der Vorrede – seien durch Hegel, Waitz, Arnold u. s. w. meisterhaft klargestellt worden, einen wesentlichen Fortschritt bedeute dann weiter die Forschung Heusler’s und Gierke’s; aber „das Erreichen unzweifelhafter Ergebnisse“ sei auch diesen nicht gelungen; jetzt sei es jedoch anders geworden, seitdem Höniger auf Grund der bisher nicht benutzten Kölner Schreinsurkunden seinen Aufsatz über „den Ursprung der Kölner Stadtverfassung“ veröffentlicht habe. Ich sehe nun keine Veranlassung, mich nochmals eingehend über diesen Aufsatz zu äussern, nachdem ich es in unzweideutiger Weise in meiner „Stadtgemeinde“, S. 119 ff., gethan. Ich will nur, da Köhne mir kein Urtheil beimisst, auf Jastrow, dessen Autorität in Köhne’s Augen unvergleichlich höher als die meinige steht[16], verweisen; dieser hat in den Jahresberichten der Geschichtswissenschaft Höniger’s Aufsatz einfach unerwähnt gelassen[17]. Jedenfalls stehen die von Köhne übernommenen Gedanken Höniger’s auf schwachen Füssen[18]. Von der Nitzsch’schen Gildetheorie habe ich bereits in dieser Zeitschrift, I S. 444, gehandelt[19]: sie beruht auf einer [118] falschen Interpretation ganz weniger Urkunden. Man kann es nur Fanatismus nennen, wenn Köhne in der bekannten Quedlinburger Urkunde von 1040, welche auch nicht die mindeste Andeutung darüber enthält, wieder ein Gildeprivileg sieht[20]. Was sodann die Bedeutung der Kirchspiele für die Stadtverfassung betrifft, so erklärt Köhne meine Aeusserung, dass ländliche Gemeinden ihre Kirchspielskirchen in Städten haben, für eine „ganz sinnlose Behauptung“. Köhne weiss also nicht, dass in alter wie neuer Zeit sehr viele Landgemeinden Glieder städtischer Kirchspiele sind[21]. Trotzdem ihm aber die einfachsten Kenntnisse auf diesem Gebiete fehlen, ergeht er sich in endlosen Ausführungen über die Bedeutung der Kirchspiele für die Stadtverfassung[22]. Im Einzelnen auf die betreffenden Ansichten Köhne’s einzugehen, ist hiernach überflüssig. Nur Eins will ich hervorheben. Nach Köhne wurde durch „die Betheiligung an der Kirchenverwaltung das communale Leben in den Parochien gestärkt“[23]. Dazu ist zu bemerken, dass erstens die Selbständigkeit auf kirchlichem Gebiet nicht im Mindesten die Selbständigkeit auf einem anderen Gebiet zur nothwendigen Folge hat, dass zweitens Betheiligung der Laien an der Kirchenverwaltung durchaus keine Besonderheit der Städte ist. Die Theorie von dem angeblichen „Verschieben schöffenbarer Leute“ endlich habe ich bereits in meiner „Stadtgemeinde“, S. 120 ff., ausführlich erörtert. Diese Theorie, welche Höniger durch eine missverstandene Andernacher Urkunde von 1171 stützen will, beruht auf der Voraussetzung, dass diejenigen Städter, welche Landgüter besassen, keinen Handel trieben[24] und – arm waren!!

Dass Köhne sich diesen Theorien Höniger’s ohne Prüfung anschliesst, ist gewiss kein Zeichen von reifem Urtheil. Und das letztere vermisst man auch sonst bei Köhne. S. 1 bezeichnet er als den Kernpunkt der städtischen Entwicklung den Uebergang öffentlicher Rechte auf die Stadt; denn „communale Entwickelung finden [119] wir ja auch auf dem Lande“. Diese Aeusserung ist denn doch selbst für eine Doctordissertation[25] etwas stark. Allerdings finden wir auch auf dem Lande eine communale Entwicklung, aber eine ganz andere! Auf dem Lande beugen die Grundherren die Gemeinden unter ihre Gewalt; die Stadtgemeinden machen sich davon frei. Unter den herrlichsten Thaten der Deutschen Städte ist eine der ersten gerade die Herstellung der Gemeindefreiheit. Was will dem gegenüber der Erwerb staatlicher Rechte besagen[26]! Wenn Köhne die Wichtigkeit der communalen Entwickelung der Städte so vollkommen übersieht, so fällt es nicht auf, dass seine Ausführungen über Gemeindewesen überhaupt sehr dürftig sind. Ueber die Natur der Stadtgemeinde, über den Ursprung der Gemeindegewalt u. s. w. bietet Köhne nichts Brauchbares[27]. Andererseits zeigt Köhne eine anerkennenswerthe Belesenheit, wie man sie bei dem Verfasser einer Doctordissertation nicht oft trifft, und bringt im Einzelnen manche richtige Beobachtung. Zu tadeln ist aber wiederum die Breite der Darstellung. 428 Seiten über die Entstehung der Verfassung dreier Städte, die durchaus nicht über einen hervorragenden Quellenschatz verfügen, zu schreiben und dabei wichtige Dinge fast unerörtert zu lassen, das ist doch wohl zu viel. Sohm[28] erwähnt es anerkennend, dass Köhne auf die Bedeutung des Kaufmannsstandes für die städtische Entwicklung hingewiesen habe. Allein es muss doch gesagt werden, dass ihm die Anschauungen von der Wirkung des Marktrechtes, welche Schulte[29] und Sohm vorgetragen haben, fremd sind. Wirklich Originales enthält Köhne’s Arbeit nach keiner Richtung hin[30].

[120] Zum Schluss sei mir eine persönliche Bemerkung gestattet. Köhne bezeichnet (S. 379) mein verwerfendes Urtheil über Lamprecht’s Ausführungen über die Vogtei als „völlig unergründlich“, „nur als den ungerechtfertigten Ausdruck persönlicher Animosität“, die durch meinen Streit mit Lamprecht in der DLZ hervorgerufen sei[31]. Solche Behauptungen fördern die wissenschaftliche Erkenntniss in keiner Weise und sind auch regelmässig unrichtig. Vollends in dem vorliegenden Falle fehlt wohl jeder Anlass zu einer solchen Insinuation. Erstens spricht sich R. Schröder in ähnlicher Weise wie ich über Lamprecht’s Vogteitheorien aus[32]. Zweitens ist die Auffassung Lamprecht’s von der Entstehung der Landeshoheit von der meinigen so fundamental verschieden[33], dass ich seinen Vogteitheorien schlechterdings nicht zustimmen konnte. Drittens befinde ich mich in der Lage, durch eigene Aeusserungen Lamprecht’s den Beweis zu liefern, dass das von Köhne angenommene ursächliche Verhältniss meiner Polemik gegen Lamprecht nicht obgewaltet hat.

G. v. Below.     


[139] Zum Ursprung der Deutschen Stadtverfassung. Entgegnung. Der im vorletzten Hefte der Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft erschienene Aufsatz G. v. Below’s ist nicht sowohl eine Kritik meines darin besprochenen Buches, denn der Recensent wäre Richter in eigener Sache, als viel mehr eine Vertheidigung gegenüber dem Urtheile, welches ich in ebendiesem Buche über die Arbeiten des Herrn Prof. v. Below zu fällen gezwungen war. Da der grösste Theil der Leser dieser Zeitschrift mein Buch schwerlich gelesen oder bei der Lectüre dieses Below’schen Aufsatzes zur Prüfung herangezogen hat, so erachte ich es für geboten, die Art etwas näher zu beleuchten, wie v. Below meine „Polemik“ als „haltlos“ zu erweisen meint.

Gerade die schwerwiegendsten Beweise für meine Charakteristik seiner Forschungen hat v. Below überhaupt nicht erwähnt. Ich habe z. B. S. 378, 379 meiner Arbeit den Nachweis erbracht, dass v. Below die angebliche Unterwerfung der Sklaven unter das öffentliche Gericht im Frankenreiche durch Berufung auf G. Meyer, Sickel und Schröder zu erweisen sucht, während der erstere Forscher an dem von Below citirten Orte etwas ganz anderes über diesen Gegenstand sagt, Sickel und Schröder aber an den angeführten Stellen gerade entgegengesetzter Ansicht wie Below sind. Ueber diesen schwerwiegenden Punkt meiner Anklage schweigt v. Below in seiner Verteidigungsschrift. Ebenso habe ich behauptet und erwiesen, dass v. Below Roscher als Gegner der Ansichten Gierke’s und Anhänger von Maurer’s hinstellt und sich dafür auf eine Stelle beruft, in welcher sich der grosse Nationalökonom gerade in entgegengesetzter Weise ausspricht[34]; auch hierüber geht die Vertheidigungsschrift schweigend hinweg.

[141] 1. Ich hatte nachgewiesen, dass Below den von Heusler und Gierke festgestellten methodischen Grundsatz vielfach verletzt hat, dass für Fragen der Entstehung der Stadtverfassung nicht erst ganz spät zur Entwicklung gelangte Flecken und Städtchen herangezogen werden dürfen, auf welche vielleicht nur das anderwärts selbständig erwachsene Stadtrecht übertragen ist. Darauf antwortet v. Below jetzt namentlich durch Berufung auf Sohm, der „in der Benutzung von Urkunden kleiner Städte aus dem 13. Jahrhundert eher noch weiter gegangen sei als“ Below selbst. Dieser Einwand kann aber nur bei einer oberflächlichen Betrachtung zutreffend scheinen. Bei Sohm handelt es sich vorzugsweise um die Constatirung von Rechtssitten und Rechtsbräuchen, bei denen Nachweise für spätere Zeit, da der Ursprung in Einrichtungen der Fränkischen Periode überzeugend dargethan ist, die Nachweisungen für die Zeit der eigentlichen Stadtentstehung ergänzen und hie und da wohl auch ersetzen können[35]. Der gegen von Below’s Methode erhobene Tadel betrifft hingegen Ausführungen, in denen z. B. eine Stelle des ersten Strassburger Stadtrechts ohne Weiteres durch die Analogie von Verhältnissen zu Hameln im 13. Jahrhundert erklärt[36], oder der Uebergang von angeblich den Landgemeinden zustehenden Functionen auf die Stadtgemeinde durch das Beispiel von Lippstadt, Medebach, Emmerich und Büren[37] bewiesen wird. Wendet v. Below ein, dass die bei letzterer Gelegenheit gegebenen Urkundenstellen nur als Nebenbeispiele neben den vorher ausführlich behandelten 6 Städten Hameln, Halberstadt, Quedlinburg, Soest, Strassburg, Köln fungiren, so sind seine [142] Ausführungen doch nur bei dem erstgenannten Orte einleuchtend: je grösser der von Below behandelte Ort ist, desto mehr muss er den Quellenstellen Gewalt anthun, um sie für seine Theorie passend zu machen[38].

2. Below führt ferner an, ich selbst hätte diejenige Methode befolgt, die ich an ihm tadele, weil ich zur Erforschung der Gerichte der Wormser und Mainzer Kaufleute im 11. Jahrhundert eine gleichzeitige Urkunde des Ortes Allensbach heranziehe, „welcher nie zu einer wirklichen Stadt geworden ist“. Dabei habe ich jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass ich dazu desshalb berechtigt zu sein glaube, weil in dieser Urkunde ausdrücklich ausgesprochen ist, dass alleKaufleute diejenigen Jurisdictionsrechte haben, welche den Allensbachern damals verliehen wurden, und ausserdem speciell Wormser und Mainzer Recht zum Vergleich herangezogen ist[39]. Noch weniger darf darauf hingewiesen werden, dass ich selbst von der Medebacher Urkunde von 1165 Gebrauch gemacht habe, aus der Below viel zu weit gehende Analogieschlüsse zieht. Es handelt sich bei mir nur darum, dass damals zuerst der Name consules für Stadtvorstände gebraucht ist[40], während v. Below die Stadtentwicklung in Medebach und z. B. Köln für gleichartig hält.

3. Wo v. Below zum Beweise des Hervorgehens der Stadt aus der Landgemeinde die dabei zumeist in Betracht kommenden Competenzen der letzteren festzustellen sucht, hat er sich dazu nur dreier Quellenstellen bedient, von denen eine dem 13.[41], eine andere dem Ende des 14., die dritte gar dem 17. Jahrhundert angehört[42]. Meiner Einwendung, dass aus diesen Stellen gewiss nicht die Befugnisse der [143] Landgemeinden zur Zeit der Entstehung der Stadtverfassung festgestellt werden können, entgegnet er, es verrathe „geringe Kenntniss unserer Nachrichten über ländliche Verhältnisse“, wenn ich „Quellen über die Competenz der Landgemeinden vor dem 13. Jahrhundert“ verlange. Allerdings fehlt es, während aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert doch nicht wenige Zeugnisse über die Gemeinwirthschaft der Markgenossenschaft und daraus unmittelbar entspringende Befugnisse dieses Verbandes vorliegen, ganz an solchen, aus denen ein Recht von Ortsgemeinden, Mass und Gewicht zu ordnen und über falschen Kauf zu richten, hervorginge. Allein, dass aus dieser Thatsache gerade folgt, dass die genannten Competenzen der Landgemeinde sich wohl erst ausgebildet haben, als durch den Einflnss der Städte auch auf dem Lande die reine Naturalwirthschaft beschränkt wurde, das will oder kann Below nicht einsehen.

4. Was meine S. 384 gemachte Bemerkung betrifft, dass es sinnlos sei, den Kirchspielkirchen Einfluss auf das Aufkommen der Städte zuzuschreiben, so halte ich dieselbe vollkommen aufrecht. Below’s Behauptung wäre ja überhaupt nur dann richtig, wenn mindestens ein beträchtlicher Theil der Landleute in den Städten eingepfarrt gewesen wäre. Es genügt auf die Darstellung von Hinschius[43] und Friedberg[44] zu verweisen, nach welcher die Gründung von städtischen der von ländlichen Pfarrgemeinden erst geraume Zeit nachfolgte, indem die letzteren ihre Pfarrkirchen selbstverständlich auf dem Lande hatten. Dass hie und da Landgemeinden in der Stadt eingepfarrt waren oder noch sind, kann sicher an der Thatsache nichts ändern, dass die Deutsche Landbevölkerung bis auf einen ganz unbedeutenden Theil, um eine Pfarrkirche zu besuchen, nicht in die Stadt zu kommen brauchte. Oder hält Below die Darstellung der citirten Kanonisten für unrichtig?

5. Es bleiben noch die Einwendungen, welche Below S. 115, 116 (in der Note) gegen meine Beweisführung erhebt. Er erklärt hier, ein Theil der ihm gemachten Vorwürfe erledige sich dadurch, dass mir „das Verständniss für Ironie“ fehle, bei einem anderen lägen „einfach unrichtige Angaben“ meinerseits „vor“. Als Beispiel für ersteren Theil verweist er auf meine Ausführungen über eine S. 378 wiedergegebene Stelle seines zweiten Aufsatzes. In dieser erweckt Below die Vorstellung, dass er sich bei einem tadelnden Urtheil über Nitzsch der Zustimmung Schmoller’s erfreut; dass Schmoller gerade das Gegentheil von dem sagt, was Below behauptet, wird nur demjenigen Leser klar, der das Citat Below’s nachschlägt. Für diese Ironie [144] fehlt mir wirklich das Verständniss: vielmehr glaube ich, dass wenn hier die nachträgliche Erklärung, die Stelle sei „selbstverständlich ironisch gemeint“, bei irgend Jemand helfen könnte, Heinrich Heine mit der paradoxen Bemerkung recht hätte, man könne „jede Dummheit gleichsam ungeschehen machen und sogar in Weisheit umgestalten“, wenn man erklärt, „man habe“ sie „bloss aus Ironie begangen und gesprochen“. Nicht mehr als von dieser Berufung auf Ironie ist endlich auch von der auf falsche Angaben meinerseits zu halten; selbst wenn solche in den S. 116 Note angegebenen Fällen sämmtlich vorliegen würden – was durchaus nicht der Fall ist –, so könnte dieser Umstand doch an dem aus meinen Zusammenstellungen sich ergebenden Urtheil über die Below’schen Arbeiten nichts ändern[45].

Ausser durch Einwendungen gegen die einzelnen Ausführungen meiner Polemik sucht Below dieselbe auch dadurch zu bekämpfen, dass er ihren Autor als „jungen“ Doctor, sein Buch als „erweiterte Doktordissertation“ bezeichnet, indem er sich dafür auf die Bibliographie dieser Zeitschrift beruft. In Hinsicht hierauf brauche ich den Leser wohl kaum auf die herrlichen Ausführungen Lessing’s im 57. seiner antiquarischen Briefe zu verweisen, in welchem für alle Zeiten festgestellt ist, dass wer ein Buch wissenschaftlich kritisiren will, den Autor nur wegen solcher Thatsachen tadeln darf, die er aus dem Buche selbst erfahren konnte. Uebrigens hätte für Herrn Prof. von Below ein Blick auf das Titelblatt meines Buches genügt, um zu erfahren, dass ich ausser in der philosophischen auch in der juristischen Facultät – beiläufig schon vor 5 Jahren – promoviert bin, ein Blick auf das Deckelblatt, dass das Buch keine Erstlingsarbeit ist. Also bleibt nur die Thatsache, dass ein Theil [145] meines Werkes der hiesigen philosophischen Facultät zu Promotionszwecken vorgelegt und von ihr angenommen ist; schwerlich wird dies bei einem anderen als Below für die Anerkennung wissenschaftlichen Werthes meiner Arbeit, wofern sie solchen überhaupt besitzt, ein Hinderniss bilden. Jedoch glaube ich in Hinsicht auf solchen Tadel berechtigt zu sein, Below vorzuwerfen, dass er statt der Auskunft, die ihm die Bibliographie dieser Zeitschrift über den Autor gab, lieber die in dem Buche selbst klar angegebene Ursache der Entstehung des seine Arbeiten kritisirenden Anhanges hätte erwähnen sollen. Zur Publication dieses Anhangs bin ich nämlich durch folgende Thatsachen gezwungen worden: Damit die Darstellung der Verfassungsentwicklung der drei Städte Worms, Speier und Mainz die mit der Entstehung des Deutschen Städtewesens verbundenen wissenschaftlichen Fragen ihrer Lösung näher bringe, schien es mir nicht zu genügen, alle diejenigen Schriften, welche sich mit diesen Fragen beschäftigen, kennen zu lernen, sondern ich hielt es auch für nöthig, überall da, wo ich auf Grundlage des vorliegenden Materials von den in diesen Schriften vertretenen Ansichten abweichen zu müssen glaubte, meine Ausführungen eingehend zu begründen. Dies Verfahren zeigte sich aber den Aufsätzen von Below’s zur Stadtverfassung gegenüber, die, während ich mit dieser Arbeit beschäftigt war, erschienen, als ganz undurchführbar. Grösstentheils wohl in Folge der überstürzten Hast, mit der v. Below nach seiner eigenen Angabe diese Aufsätze veröffentlichte, bestehen zwischen diesen Veröffentlichungen z. Th. auch von Below selbst offen eingestandene Widersprüche[46], während er sich doch noch fort und fort auf jede seiner früheren Arbeiten beruft, als ob er mit allen darin vertretenen Ansichten übereinstimme. Ausserdem führten mich gelegentliche Nachprüfungen einzelner Below’scher Untersuchungen in ähnlichen Ergebnissen wie die überzeugenden Nachweise Höniger’s in seinem in der Berliner historischen Gesellschaft am 6. Febr. 1888 über Below’s Aufsätze gehaltenen Vortrage[47]. Leider ist jedoch von diesem Vortrag nur ein kurzes Referat gedruckt. Ferner sah ich ein, dass die Fadenscheinigkeit der meisten von Below für seine Behauptungen angeführten Beweise nur denjenigen ohne weiteres einleuchten würde, die Zeit fänden seine Citate nachzuschlagen. Kurz, ich sah mich gezwungen, mich innerhalb des Rahmens meiner Arbeit auf die Widerlegung einiger der wichtigsten Behauptungen Below’s[48] zu beschränken, die Ergebnisse einer eingehenden Untersuchung seiner [146] Forschungsweise hingegen in einem besonderen Anhange meiner Arbeit mitzugeben.

Below aber erwähnt jetzt zwar, dass seine Aufsätze nach meiner eigenen Angabe „nur an sehr wenigen Stellen“ meiner eigentlichen Arbeit „berücksichtigt“ sind, verschweigt aber, dass ich mit diesen Worten nur die Berücksichtigung behufs Widerlegung abgelehnt habe, die unnöthig und zu weitläufig erschien.

Endlich enthält der Below’sche Aufsatz auch noch eine Reihe von Angriffen auf meine eigene Arbeit. Nun ist ja gewiss eine kräftige Offensive oft die beste Verteidigung und ich war desshalb darauf gefasst, dass meine Arbeit von Below stark getadelt werden würde. Nur das konnte ich nicht erwarten, dass er mir den unwürdigen und ganz grundlosen Vorwurf machen würde, ich hätte zahlreiche Ausführungen und Nachweise von ihm übernommen, ohne ihn zu nennen. Der Vorwurf wäre, wenn berechtigt, so schwerwiegend, dass ich es als mein Recht und meine Pflicht betrachten muss, alle von Below zur Bekräftigung dieser Behauptung herangezogenen Thatsachen zu erörtern und ihre völlige Wirkungslosigkeit nachzuweisen.

1. Nur in Bezug auf einen einzigen der von Below erwähnten Punkte habe ich wirklich eine von ihm schon geltend gemachte Auffassung durch meine Specialforschung bestätigt gefunden – ohne dass mir übrigens der eigentliche Nachweis dadurch von ihm erspart wäre –, nämlich in Bezug auf die Beurteilung der Thätigkeit des bischöflichen Officialates und des Stadtgerichtes bei Bekundung von Immobiliengeschäften. Natürlich habe ich auch, was Herr v. Below verschweigt, ausdrücklich und zwar S. 403 Note 3 auf seine Forschungen verwiesen[49].

2. Da v. Maurer und Schaube die Ableitung des Rates aus dem Schöffencolleg speciell für Speier desshalb in Abrede stellen, weil in unserer Ueberlieferung an diesem Orte keine Schöffen ausdrücklich bezeugt sind, so habe ich mich bemüht, diesen Forschern gegenüber die Existenz eines Schöffencollegs in Speier wahrscheinlich zu machen[50]. Es ist wirklich höchst sonderbar, wenn es v. Below jetzt mit seinen (nach Maurer’s und Schaube’s erschienenen) Forschungen in Verbindung bringen will, dass ich anerkannt habe, dass „von einem Zusammenhange [147] des Rathes mit dem Schöffencollegium nur da die Rede sein könne, wo es überhaupt ein Schöffencollegium gab“.

3. Ebenso kann es doch auch nur komisch wirken, wenn v. Below mit seinen Arbeiten die Thatsache in Verbindung bringt, dass ich zwischen bürgerlicher und Kirchspielgemeinde unterscheide. Es muss dies um so mehr auffallen, als ich S. 81 bei Formulirung der Frage, ob bei den nach Kirchen genannten Sondergemeinden die Pfarrgemeinschaft das eigentlich Massgebende ist, ausdrücklich bemerke, dass Warnkönig diese Frage in Bezug auf die Flandrischen Städte bejaht, Vollbaum sie in Bezug auf Erfurt verneint. Ich verdanke also die Hinweisung auf dies Problem den eben genannten Forschern, während v. Below an der Stelle, die er offenbar im Auge hat – einer erst während der Drucklegung meiner Arbeit erschienenen Recension (GGA 1889, S. 841 Note 6) –, nur die von Vollbaum für Erfurt wahrscheinlich gemachte Thatsache, dass daselbst die Specialgemeinden, obgleich sie Parochien genannt werden, doch mit den eigentlichen Kirchspielen nichts zu thun haben, kritiklos verallgemeinert.

4. Auch die Thatsache, dass ich die Bedeutung der Ottonischen Privilegien und des Hofrechts für Ausbildung der Stadtverfassung untersucht, hat mit den Below’schen Ausführungen gar nichts zu thun. Bedurfte es, um auch in diesem Punkte die Ansichten der älteren Literatur einer kritischen Prüfung zu unterziehen, überhaupt noch einer besonderen Anregung, so würde diese jedenfalls nicht auf v. Below, sondern auf Höniger zurückzuführen sein, der seit einer Reihe von Jahren in seinen Vorlesungen und Uebungen die Ansichten der älteren Forschung in Bezug auf Hofrecht und Ottonische Privilegien bekämpft. Wie wenig dieser Gelehrte von dem Einfluss der genannten Momente auf die städtische Entwicklung hält, geht daraus hervor, dass er in seinem – lange vor v. Below’s einschlägigen Untersuchungen erschienenen – Aufsatze „Ueber den Ursprung der Kölner Stadtverfassung“[51] weder die Ottonischen Privilegien noch das Hofrecht mit einem Worte zu erwähnen für nöthig hielt.

5. In gleicher Weise ist es endlich auch völlig unberechtigt, wenn v. Below S. 113 Zeile 2 ff. es als Wiederholung seiner Ausführungen zu charakterisiren wagt, dass auch nach meiner Darstellung [148] „Handel und Industrie die Grundlage der städtischen Entwicklung gewesen“ seien. Allerdings stehen die Endergebnisse meiner Arbeit mit dieser Anschauung wenigstens in Zusammenhang. Aber die Ansicht, die Below jetzt wieder als sein alleiniges Eigenthum in Anspruch nimmt, war schon der älteren Forschung durchaus nicht fremd, wie ich gerade im Gegensatz zu Below bewiesen habe[52]; ausserdem beherrscht gerade dieser Gesichtspunkt auch Höniger’s Auffassung der städtischen Entwicklung. Es genügt, dafür auf den erwähnten Aufsatz über Köln und auf Höniger’s kritische Bemerkungen in seinen wirthschaftsgeschichtlichen Jahresberichten[53] zu verweisen.

So kann denn davon, dass ich „Auffassungen“ oder „Nachweise“ von v. Below übernommen habe, ohne ihn zu erwähnen, garnicht die Rede sein; jedoch veranlassen mich die zuletzt besprochenen Punkte noch ein Wort über mein Verhältniss zu den Forschungen Anderer, besonders Höniger’s hinzuzufügen, da v. Below sich berechtigt glaubt, meiner Arbeit in Folge zu grosser Abhängigkeit von früheren Auffassungen das Prädicat der „Unreife“ geben zu können. Ich habe es, wie schon bemerkt, nicht versäumt, die frühere Literatur kennen zu lernen und bin selbstverständlich älteren Ansichten da gefolgt, wo die von ihren Vertretern gegebenen Nachweise mich überzeugten oder das mir vorliegende Quellenmaterial ihre Berechtigung ergab. Dass ich auf die letztere Weise die Richtigkeit mancher Behauptungen Höniger’s erkannte, zu deren eingehender Begründung er selbst noch nicht gekommen ist[54], kann als Zeichen von Unreife doch gewiss nicht betrachtet werden.

Im Uebrigen genügt es, wenn ich mich gegenüber v. Below’s in eigener Sache abgegebenem Urtheil über meine Arbeit auf die Kritik competenterer Recensenten[55] berufe. Nur möge es mir, um [149] ein Beispiel des Werthes von Below’s Ausstellungen an einzelnen Behauptungen meiner Arbeit zu geben, erlaubt sein, zum Schluss die Aufmerksamkeit noch auf die Stelle zu lenken, welche Below[56] „selbst für eine Doctordissertation etwas stark“ findet. Ich sagte S. 1 meiner Arbeit: „Communale Entwicklung, d. h. Ausbildung einer Gemeindeverfassung finden wir ja auch auf dem Lande“. Um nur dies zu erwähnen, so ist doch z. B. als hervorragend wichtiger Theil der Ausbildung einer Gemeindeverfassung das Aufkommen eines ständigen Ausschusses der Gemeindemitglieder zu betrachten; die Entstehung solcher Ausschüsse fand jedoch nach Lamprecht[57] nicht vor dem 13. Jahrhundert statt, und auch Below[58] ist ihm in dieser Ansicht gefolgt. So finden wir also „communale Entwicklung“ im Sinne der „Ausbildung einer Gemeindeverfassung“ auch auf dem Lande. Below aber citirt den Satz, gegen den er sich wenden will, unvollständig und legt ihm eine Bedeutung bei, welche er, richtig citirt, gar nicht haben könnte, um dann mit leichter Mühe gegen ihn zu polemisiren. So bestätigt v. Below hier und an anderen Stellen durch die Art, wie er seine tadelnden Bemerkungen gegen meine Arbeit begründet, nur die Berechtigung aller gegen seine Polemik erhobenen Einwendungen.

C. Koehne.     


Replik. Ich könnte mich damit begnügen, die Entgegnung des Herrn Koehne durch den Hinweis darauf zu erwidern, dass von angesehenster Stelle aus ein ähnliches Urtheil über sein Buch gefällt worden ist, wie ich es gefällt habe. Prof. Edgar Loening, bekanntlich einer unserer angesehensten Juristen, der sich namentlich auch durch ein allseitig abwägendes Urtheil auszeichnet, hat K.’s Arbeit in Lit. CBl. 1890, Sp. 1468 ff. eingehend besprochen[59]. Er gelangt, indem er im einzelnen K. Anerkennung zu Theil werden lässt, zu dem Gesammtresultat, dass K. „in den Hauptpunkten die Forschung nicht gefördert hat“[60]. Er hebt ferner energisch hervor, dass die [150] Polemik K.’s gegen mich weder unbefangen noch gerechtfertigt ist. Und zwar findet er sie um so ungerechtfertigter, als K. von meinen Untersuchungen „nicht unbeeinflusst sein wird“[61].

Wie bemerkt, der Hinweis auf Loening könnte als Replik genügen. Ich will indessen ein Uebriges thun und K.’s Verfahren analysiren. Ich muss jedoch die Verantwortung dafür, dass hier der Polemik so breiter Raum gelassen wird, einzig und allein auf K. schieben; er hätte, bei grösserer Vorsicht in seinen Aeusserungen, lange Auseinandersetzungen überflüssig machen können.

1. K. erklärt, dass das, was ich als „herrschende Meinung“ bekämpft habe, in Wahrheit von Niemand behauptet worden sei; er bestreitet, dass überhaupt jemals irgend Jemand die von mir als herrschend bezeichneten „thörichten“ Ansichten vertreten habe. Er bestreitet (Ursprung S. 382) speciell, dass es eine „herrschende Ansicht von der massgebenden Bedeutung der Frohnhöfe“ gebe, dass Jemand angenommen habe, „den Grundstock der städtischen Bevölkerung hätten Hörige gebildet“. Kennt K. thatsächlich keinen Schriftsteller, der diese Anschauung vertreten hat? Ist ihm, um von Nitzsch und von Schmoller zu schweigen, Arnold’s „Aufkommen des Handwerkerstandes im Mittelalter“[62], Stieda’s Aufsatz „zur Entstehung des Deutschen Zunftwesens“ unbekannt[63]? Statt hier mit vielen Citaten aufzuwarten, will ich nur auf Gothein verweisen, welcher (Wirthschafts-G. d. Schwarzwaldes, S. 17) bemerkt: „Am verbreitetsten, von den hervorragendsten Forschern vertreten, ist die Ansicht, welche [151] dem Hofrecht der Bischöfe den hauptsächlichen Antheil an der Entstehung der Zünfte zuschreibt“. Während K. einfach bestreitet, dass dasjenige, was von mir als herrschende Ansicht bekämpft ist, von Andern behauptet worden sei, findet er es andererseits damit vereinbar, Höniger das Verdienst zuzuschreiben, „die Ansichten der älteren Forschung in Bezug auf Hofrecht und Ottonische Privilegien“ beseitigt zu haben. Also nur Höniger hat das Recht, die ältere Ansicht zu bekämpfen! Mit der Behauptung, dass Höniger ein Verdienst auf diesem Gebiete zukomme, steht nun aber K. gewiss allein[64]. Sohm hat in seiner Schrift über die „Entstehung des Deutschen Städtewesens“ (S. 1 bis 17) die Arbeiten näher skizzirt, welche in der neuesten Zeit die Erforschung des Ursprungs der Deutschen Stadtverfassung gefördert haben: Höniger’s ist darin mit keiner Silbe gedacht. Dagegen findet sich der Satz: „Durch v. Below ist die Ansicht von Nitzsch, welche die städtische Entwicklung aus dem Hofrecht abzuleiten sich bemühte, endgültig beseitigt worden“[65]. Und ähnlich drückt sich Gothein ans (a. a. O. S. 18). K. schiebt freilich die Vorlesungen und Uebungen Höniger’s vor. Was darin vorgegangen ist, entzieht sich natürlich öffentlicher Kenntniss. Ich glaube indessen doch behaupten zu dürfen, dass K. irrthümlich berichtet sein muss. Denn Höniger hat die Interpretation des ältesten Strassburger Stadtrechtes durch Nitzsch als zutreffend angesehen (Hist. Z. 58, 205 Anm. 2). Wenn K. sich auf Höniger’s – übrigens kaum 21 Seiten langen – Aufsatz über den Ursprung der Kölner Stadtverfassung beruft, so habe ich mein geringschätziges und bisher nicht beanstandetes Urtheil über denselben schon in meiner „Stadtgemeinde“ (S. 120) formulirt.

Eine etwas andere Fassung hat Lamprecht in seiner Besprechung des K.’schen Buches[66] dem von K. gegen mich erhobenen Vorwurf [152] gegeben. Lamprecht bestreitet nicht, dass die von mir bekämpften Ansichten thatsächlich von Anderen aufgestellt worden sind. Aber er meint, mir komme nur das Verdienst zu, „die Theorien Nitzsch’ für ein grösseres Publicum beseitigt zu haben“. Er sagt: „Nitzsch hatte durch seine Forschungen über die Gilde die frühere Stufe seiner städtegeschichtlichen Anschauungen schon selbst innerlich längst überwunden“. Es ist indessen weder richtig, dass die Nitzsch’sche Ansicht nur noch im grossen Publicum, d. h. also doch nicht mehr unter den Gelehrten lebte[67], noch dass er selbst sie innerlich überwunden hatte. Jastrow bemerkt in seinem von K.[68] sehr gelobten biographischen Artikel[69] über Nitzsch: „Nitzsch ist in der festen Ueberzeugung gestorben, dass der Grundgedanke seiner ,Ministerialität’ trotz allen anfänglichen Widerspruchs schliesslich in allem Wesentlichen so gut wie allgemeine Annahme gefunden habe“. Wenn Lamprecht sich auf die Aufsätze von Nitzsch über die Gilde beruft, so hat er diese wohl lange nicht mehr eingesehen; Nitzsch vertritt gerade hier mit grosser Bestimmtheit die hofrechtliche Hypothese. Er erklärt (Monatsberichte der Berliner Akademie 1879, S. 11): „Es steht namentlich für die Städte des Deutschen Südens und Westens die zum grossen Theil hofrechtliche Verfassung der Gewerbe und ihr unmittelbarer Zusammenhang mit der herrschaftlichen Hofhaltung fest“.

2. Es ist unrichtig, dass ich auf den Einwand hinsichtlich meiner Methode „namentlich durch Berufung auf Sohm“ antworte; ich bitte meine Worte nachzulesen. Es ist unrichtig, dass Sohm eine andere Methode wie ich befolgt. Will K. es ignoriren, dass Sohm von den Urkunden von Medebach und Hameln einen ausgedehnten Gebrauch (und zwar nicht etwa bloss für die „Constatirung von Rechtssitten und Rechtsbräuchen“) macht? Wesshalb soll es mir ferner verwehrt sein, Medebacher Urkunden für die Darstellung der Geschichte des Rathes zu verwerthen, während K. es erlaubt ist?[70] Wesshalb soll bei [153] der Constatirung von „Rechtssitten und Rechtsbräuchen“ eine andere Methode zulässig sein, als bei der von Verfassungseinrichtungen? Es ist unrichtig, dass ich die Verhältnisse von Hameln für die „Erklärung“ des ersten Strassburger Stadtrechtes herangezogen habe. Davon kann schon desshalb keine Rede sein, weil ich das Strassburger Stadtrecht in der Hist. Z. Bd. 58 ausführlich interpretirt habe, ehe das Urkundenbuch von Hameln erschienen war[71]. Die Behauptung, dass ich „den Quellenstellen Gewalt anthue“, ist eine eitle Erfindung; es fehlt jeder Schatten eines Beweises. Wenn K. dann bemerkt: „v. B. hält die Stadtentwicklung in Medebach und z. B. Köln für gleichartig“, so weiss ich nicht, für wen eine solche Aeusserung berechnet ist. Ich halte selbstverständlich die Entwicklung aller Deutschen Städte im Grossen und Ganzen für gleichartig, weil sie sämmtlich auf denselben Grundlagen erwachsen sind. Aber ich habe andererseits nirgends behauptet, dass die Entwicklung von Köln und Medebach in jeder Beziehung gleichartig sei.

3. Es ist unrichtig, dass die von mir citirten Werke keine anderen als die von mir mitgetheilten Stellen über die Competenz der Landgemeinde für Mass und Gewicht enthalten; ich verweise auf Lamprecht, Deutsches Wirthschaftsleben II S. 481. Es ist auch wenig loyal, wenn K. mir vorrückt – als ob ich es nicht selbst hervorgehoben hätte! –, dass Sohm meine Erklärung des Sachsenspiegels[72] [154] verwirft. Vor allem aber macht es sich K. mit der Widerlegung der Ansicht von dem Zusammenhang der Stadt- und der Landgemeinde gar zu leicht. Forscher wie Sohm und Gothein[73] haben es für nöthig gehalten, sich mit dieser Ansicht sehr eingehend auseinanderzusetzen.

4. In seinem Buche wusste (S. 384) K. schlechterdings noch nichts davon, dass es Landgemeinden gegeben hat und noch gibt, deren Pfarrkirche in einer Stadt liegt. Nachdem ich ihn in meiner Kritik auf seinen Irrthum aufmerksam gemacht, räumt er jetzt wenigstens ein[74], dass „hie und da“ Landleute zu einer städtischen Pfarrkirche gehören. Es ist nun freilich nicht bloss „hie und da“ der Fall; eine Statistik würde das Gegentheil beweisen. Vollkommen unklar ist aber, was die Berufung auf Hinschius und Friedberg bedeuten soll. K. hat deren Darstellung, die sich nebenbei nur auf bischöfliche Städte bezieht, einfach nicht verstanden. Uebrigens habe ich kein entschiedenes Gewicht auf die Bedeutung der Pfarrkirchen für das Aufkommen der Städte gelegt, sondern nur bemerkt (Hist. Z. 58, 224): „die Kirchspielskirchen haben unendlich viel grössere Bedeutung für das Aufkommen der Städte als die Frohnhöfe“. Die Frohnhöfe haben nämlich gar keine Bedeutung dafür.

5. Es ist unrichtig, dass ich mich über den Unterschied zwischen bürgerlicher und Kirchspielsgemeinde erst in einer in den GGA erschienenen Recension geäussert habe. In meiner „Stadtgemeinde“ (S. 54 f.) findet sich eine eingehende Auseinandersetzung darüber. Daselbst habe ich auch nicht „nur über Erfurt“ gesprochen, vielmehr von anderen Städten. Von einer „kritiklosen Verallgemeinerung“ ist also nicht die Rede.

6. Ich habe nicht bloss darauf hingewiesen, dass Lamprecht’s Ergebnisse nicht allgemeine Zustimmung erfahren haben. Ich habe vielmehr R. Schröder citirt, welcher in Uebereinstimmung mit mir gerade die stoffliche Anordnung bei Lamprecht tadelt[75].

[155] 7. Völlig unverständlich ist mir, was K. mit seinen langen, durch ein Citat aus Lessing gewürzten Mittheilungen über seine Doctorpromotion bezweckt. Meine Bemerkung, dass K. ein junger Doctor sei, sollte selbstverständlich keinen Tadel aussprechen, sondern einen Milderungsgrund angeben. Dass K. in zwei Facultäten Doctor geworden, hatte ich dem Titelblatt entnommen. Dass er aber die eine Doctorwürde schon vor 5 Jahren erworben, konnte ich weder dem Titelblatt noch dem Umschlag noch dem Inhalt des Buches entnehmen. Da ich nun jedoch davon in Kenntniss gesetzt bin, so lasse ich jetzt natürlich keine mildernden Umstände mehr gelten.

8. Ich habe Hist. Z. 58, 228 Anm. 1 über meinen ersten Aufsatz zur Entstehung der Stadtverfassung gesagt: „Mit Arbeiten aus ganz anderen Gebieten beschäftigt, konnte ich dieser nur wenige freie Stunden widmen“. Auf Grund dieser Stelle bringt K. es fertig, zu behaupten: „v. B. veröffentlichte seine Aufsätze nach seiner eigenen Angabe mit überstürzter Hast“! Die anderen Kritiker haben an meinen Arbeiten jedenfalls nichts von „überstürzter Hast“, vielmehr das Gegentheil wahrgenommen. Vgl. z. B. Lit. CBl. 1889, Sp. 571 f. und Sohm a. a. O. Hiernach mag man auch ermessen, ob sich wirklich so namhafte „Widersprüche“ in meinen Arbeiten finden, wie es K. darzustellen beliebt. Ich habe an einer oder zwei Stellen frühere Angaben (die für das Ganze der Darstellung ohne Bedeutung sind) berichtigt, was Niemand auffallend finden wird, da meine Ausführungen in drei einzelnen Stücken im Laufe von zwei Jahren gedruckt worden sind.

Hiermit beschließe ich meine Replik. Es würde zu geringes Vertrauen zu meiner Sache verrathen, wenn ich auf alle Einzelheiten der K.’schen Ausführungen antworten wollte[76]. Dass keine „schwerwiegenden Beweise“ gegen mich vorliegen, entnehme ich der einmüthigen Anerkennung, die meine Arbeiten bei allen unbefangenen und sachkundigen Forschern gefunden haben. K. freilich scheint zu fordern, dass ich auf alle einzelnen Punkte Bescheid gebe. Indessen [156] warum handelt er denn nicht nach diesem Princip? Er hatte mit Emphase behauptet, dass ich nie Nitzsch citire. Ich hatte ihm dann nachgewiesen, dass ich das im Gegentheil wiederholt gethan habe. Hier ist jede subjective Auffassung ausgeschlossen; es liegt ein einfaches Factum vor. Warum gesteht nun K. nicht offen seinen Irrthum ein? Warum erneuert er ferner nicht Lamprecht’s Zendereitheorie? Warum ist er jetzt zu einem so kleinlauten Vertreter der Gildetheorie geworden?

G. v. Below.     

Anmerkungen

  1. Vgl. die Bibliographie dieser Zeitschrift III S. *7 Nr. 145.
  2. Vgl. ebenda I S. 520 u. II S. 547.
  3. Leipzig 1890.
  4. Histor. Ztschr. Bd. 58 S. 241 ff.; Bd. 59 S. 233 Anm. 2 und 235 Anm. 1.
  5. Vgl. DLZ 1888 Sp. 1116.
  6. Schröder a. a. O. S. 590 Anm. 3. Sohm a. a. O. S. 9 f. Vgl. auch Schulte in der Ztschr. f. d. Gesch. des Oberrheins 1890 S. 157 Anm. 4.
  7. Nach K.’s eigener Erklärung (S. 360) sind meine Arbeiten von ihm „nur an sehr wenigen Stellen berücksichtigt“. Freilich widmet er dafür der persönlichen Polemik gegen mich einen „Anhang“ von nicht weniger als 29 Seiten! Diese Polemik ist „vorurtheilslos“ (S. 361).
  8. Die gegen mich von K. vorgebrachten Argumente sind mir übrigens zum grossen Theil schon seit lange bekannt. K. wiederholt einen Vortrag, den Höniger am 6. Februar 1888 in der histor. Gesellschaft zu Berlin über meine Aufsätze in der Histor. Ztschr. gehalten hat (s. die Sitzungsberichte der Gesellschaft zu dem Datum).
  9. Vgl. gegen K. ferner Schulte a. a. O. S. 138 f., welcher die Grossstadt Köln, deren Quellen nach Höniger und K. ein richtiges Verständniss allein ermöglichen, nicht als Grundlage der Forschung genommen sehen will und statt dessen kleine Städte bevorzugt.
  10. Schulte a. a. O. S. 156.
  11. Sohm a. a. O. S. 62 Anm. 85.
  12. Ich habe bemerkt („Stadtgemeinde“ S. 5 Anm. 9): „Andere Beispiele in den angeführten Werken“. Ich habe mich also nicht bloss, wie K. S. 369 behauptet, auf den Sachsenspiegel und zwei Urkundenstellen berufen. Er hätte zuvor wenigstens jene Werke durchsehen sollen.
  13. K. hätte die Interpretation der betr. Stelle des Ssp., der ich mich angeschlossen habe, in Zweifel ziehen können (wie es Sohm a. a. O. S. 74 Anm. 104 gethan). Das wäre eine Sache für sich. Er hat jenes indessen nicht gethan. – Wenn K. S. 370 Anm. 1 meint, es handle sich bei der Gemeinde Erpel um eine „in Bildung begriffene Competenz“, so gilt das höchstens in dem Sinne, dass ein bestimmtes Organ der Gemeinde fortan eine Competenz derselben ausüben soll; die Competenz der Gemeinde selbst (gegenüber dem Staate) aber ist nicht erst „in Bildung begriffen“.
  14. Selbst wenn die einzelnen Versehen, die K. mir vorwirft, thatsächlich vorhanden wären, würde mein wissenschaftlicher Ruf wohl nicht erheblich leiden. Im Folgenden mag aber gezeigt werden, wie es sich mit jenen Vorwürfen verhält. Ein Theil erledigt sich dadurch, dass K. das Verständniss für Ironie fehlt. Unter Umständen ist m. E. die Ironie die einzig zulässige Form der Polemik. Ich werde der Behauptung, dass die Ottonischen Privilegien die ständischen Verhältnisse beeinflusst haben, ferner der anderen, dass „der grösste Theil des späteren Gewerbe- und Zunftrechts“ aus den Bussordnungen stamme, stets nur ironisch entgegentreten. Ebenso war das Citat, über welches K. S. 378 so entrüstet spricht, selbstverständlich ironisch gemeint. Bei einer weiteren Reihe von Fällen liegen einfach unrichtige Angaben K.’s vor. So behauptet K., dass ich Nitzsch nie citire. Ich habe indessen seine Deutsche Geschichte und einen seiner Aufsätze in meiner „Stadtgemeinde“, sein Buch über Ministerialität und Bürgerthum in meiner „Landst. Verf. in Jülich und Berg“ citirt. S. 387 verschweigt K., dass ich Hegel’s Ausführungen über den Stand der Stadteinwohner mit Anerkennung genannt habe. S. 355 erweckt K. den Anschein, als ob ich Maurer’s Ansicht vom Ursprung des Stadtrathes theile; auf das, was der eigentliche Kern meiner Untersuchung über die Stadtgemeinde ist, aber geht er nicht ein. S. 371 druckt K. die Aeusserungen Schmoller’s über das geistliche Gericht in seiner „Weberzunft“ und meine Gegenbemerkung dazu ab, verschweigt aber Schmoller’s Aeusserungen in „Strassburgs Blüthe“, gegen deren Wortlaut sich meine Gegenbemerkung speciell wendet. Ich constatire hiermit, dass Schmoller thatsächlich behauptet hat: „aus dem geistlichen Gericht ging der grösste Theil des späteren Gewerbe- und Zunftrechts hervor“. Alle Vertuschungsversuche sind vergeblich. In dem von ihm S. 378 (oben) mitgetheilten Citat lässt K. die von mir gesetzten Anführungsstriche fort, wodurch der Leser eine ganz falsche Vorstellung von meinen Worten erhält. Wenn K. S. 382 f. behauptet, dass in einer Reihe von Fällen das, was ich als herrschende Meinung bezeichnet habe, nie von einem Forscher vertreten sei, so zweifle ich nicht, dass der junge Doctor bei weiterer Ausdehnung seiner Lectüre zu einer anderen Meinung gelangen wird. S. 384 werde ich wegen der Behauptung getadelt, dass man die Wichtigkeit von Handel und Verkehr für die städtische Entwicklung ausser Acht gelassen habe. S. 1 f. wirft jedoch K. selbst Heusler vor, diese Thatsache nicht gewürdigt zu haben. Ist K. allein berechtigt, diesen Vorwurf zu erheben? Nach S. 381 Anm. 1 soll ich Sohm mit Unrecht als Vertreter meiner Ansicht vom Ursprung der Stadtgemeindegewalt angeführt haben. Zum Beweise citirt K. einen Satz Sohm’s, worin sich derselbe zu der Ansicht Heusler’s vom Uebergang der öffentlichen Rechte auf die Stadt bekennt (vgl. jetzt dazu Sohm a. a. O. S. 79 Anm. 115). Allein das eine schliesst ja das andere nicht aus! Die Anm. 5 S. 4 meiner „Stadtgemeinde“ (worüber K. S. 370 spricht) sollte durchaus keine Belege für die Competenz der Landgemeinde bringen, sondern, wie der Zusammenhang ergibt, nur der Meinung entgegentreten, dass es schon in der Deutschen Urzeit Normen über Mass und Gewicht gab. Ueber den von K. S. 380 Anm. 2 constatirten „schlagenden Nachweis“ s. GGA 1890, S. 322 Anm. 3. Mich mit K. über den Gegensatz zwischen Stadtgericht und Hofgericht auseinanderzusetzen, vermeide ich, da ich weder von dem einen noch von dem anderen eine klare Vorstellung bei K. finde; vgl. gegen K. auch Sohm a. a. O. S. 62 Anm. 85. Im Uebrigen hätte K. bei mir wohl nicht so viele Fehler entdeckt, wenn er mir nicht jede Abweichung von seiner Auffassung als objectiven Irrthum anrechnete.
  15. Von Lamprecht entnimmt K. die Zendereitheorie und glaubt über meine „ganz allein stehenden“ Einwendungen dagegen hinwegsehen zu dürfen. Ich habe indessen schon früher bemerkt (Hist. Ztschr. 59 S. 214 Anm. 3), dass auch Wilh. Sickel und Schröder diese Theorie verwerfen. Vgl. jetzt die bündige Erklärung Schröder’s in der Ztschr. f. Rechtsgesch., germanist. Abth. XI S. 245.
  16. Köhne S. 80 Anm. 2.
  17. Vgl. GGA 1888 S. 885. Erst im Bericht über die Lit. von 1887 ist in dem localgeschichtl. Referat „Niederrhein“ der 1883 erschienene Aufsatz nachträglich erwähnt.
  18. K. täuscht sich, wenn er meint, Höniger’s Kirchspieltheorie sei durch Kruse nicht in Frage gestellt worden (Vorrede S. 9 Anm. 1). Vgl. dagegen diese Ztschr. I S. 446.
  19. K. lässt diesen meinen Aufsatz unbeachtet und wirft mir dagegen vor, verschiedene Arbeiten über die Gildetheorie nicht benutzt zu haben (S. 374 Anm. 1), z. B. Rathgen, Märkte. Er scheint indessen selbst Rathgen nicht eingesehen zu haben, sonst würde er wissen, dass R. in diesem Punkte nichts Eigenes bietet.
  20. Sohm (a. a. O. Anm. 85. 102 und 149) verwirft selbstverständlich die Gildetheorie.
  21. Ueber die kirchliche Zugehörigkeit von Allensbach, nach dessen Privileg K. die Verfassung von Mainz zuschneidet, s. Schulte a. a. O. S. 156.
  22. Uebrigens halte ich jene angeblich „ganz sinnlose Behauptung“, dass die Kirchspielskirchen grössere Bedeutung für das Aufkommen der Städte als die Frohnhöfe haben, vollkommen aufrecht. Ich erinnere an die bekannte Thatsache, dass unter den verschiedenen zu einem Kirchspiel gehörigen Dörfern das Dorf, in dem die Kirche stellt, stets den stadtähnlichsten Charakter hat.
  23. Dass dieser Gedanke auch von Höniger stammt, ersehe ich aus Baltzer’s Notiz in den GGA 1889 S. 626 Anm. 4.
  24. Vgl. dagegen z. B. Reinhold, Verfassungsgeschichte Wesel’s S. 46.
  25. Dass K.’s Arbeit eine erweiterte Doctor-Dissertation ist, ersehe ich aus der Bibliogr. dieser Zeitschrift Bd. III S. 7.
  26. Ich führe noch an, dass K. S. 366 es als „die grundlegende Frage“ bezeichnet, „ob es zur Zeit der Entstehung der ersten Deutschen Stadtverfassungen auch schon besondere städtische Gerichtsbarkeit gegeben“. Man ersieht aus dieser Aeusserung nur, dass K. sich auf Fragestellung nicht versteht.
  27. K. tadelt mich sehr, dass ich einen Zusammenhang zwischen Stadt- und Landgemeinde annehme. Er selbst erklärt jedoch die Specialgemeinden für alte Markgenossenschaften. Eine Gesammtgemeinde aber kann sich nur bilden, indem sie Competenzen der Specialgemeinden, also der Markgenossenschaften an sich zieht (vgl. meine „Stadtgemeinde“ 38 ff. und diese Ztschr. I, 446). Und wie urtheilt K., wenn eine Stadt nicht aus einer Mehrzahl von Specialgemeinden, sondern aus einer einzigen Gemeinde hervorgeht?
  28. Sohm a. a. O. S. 16.
  29. Schulte a. a. O. S. 137 ff.
  30. Einzelheiten will ich nicht moniren. Wenn ich freilich der Polemik einen so breiten Raum wie K. gewähren wollte, so würde ich etwa eine halbe Druckseite darüber schelten, dass K. S. 385 Anm. 4 Liesegang mit Kruse verwechselt, dass er Arnold’s Freistädte „vor über 40 Jahren“ entstanden sein lässt (Vorrede S. 11) u. s. w.
  31. K. citirt meine Auseinandersetzungen mit Lamprecht in der DLZ 1887, aber unvollständig: gerade die entscheidende Stelle, an der ich den wahren Sachverhalt constatirt habe (Sp. 1070), lässt er fort.
  32. Ztschr. f. Rechtsgesch. a. a. O. 248.
  33. Hist. Ztschr. 58 S. 199 ff.; 63 S. 296 ff.; GGA 1890 S. 309 ff.
  34. S. meine Arbeit (fernerhin als „Ursprung“ citirt) S. 380, 381. Gar nicht erwähnt sind auch die von mir S. 368, 369 nachgewiesene Verzerrung
  35. Da Sohm das Asylrecht als die Grundlage nachgewiesen hat, auf welcher das Markt-, resp. Stadtrecht zur Bildung gelangte, so konnte er auch (Entsteh. des Dt. Städtew. S. 62 Note 85) in der Frage nach der Zeit der Entstehung städtischen Gerichtes und Rechtes Below’s Behauptungen gegen meine Ausführungen vertheidigen. Es lagen aber, als ich Below’s Beweisführung aus Gründen der Methode tadelte, diese Forschungen Sohm’s, sowie die ihnen zu Grunde liegende Radolfzeller Urkunde noch nicht vor. Uebrigens ist es zu einem besonderen Gericht über städtische Immobilien und demnach auch zu einem besonderen städtischen Immobilienrecht „in den alten Römerstädten“, gerade nach Sohm’s Ausführungen (ibid. S. 75, 76), erst später, z. Th. nach dem 12. Jahrh. gekommen; demnach werden meine mit denen Below’s im Widerspruch stehenden Ausführungen über das Verhältniss von Eigenthum und Freiheit in Worms, Speier und Mainz (11. Jahrh.) durch Sohm’s Forschungsergebnisse garnicht berührt.
  36. Stadtgem. S. 36, vgl. meine Bemerkung Urspr. S. 49 Note 4.
  37. Solche Orte, nicht die von Below S. 114 Z. 9 genannten, habe ich als „Städtchen“ bezeichnet.
  38. Below’s Behauptung, dass die Kölner Richerzeche ein Communalorgan und ganz ohne Zusammenhang mit der Gilde sei, wird von dem neuesten Bearbeiter der Richerzeche (Liesegang in Z. d. Sav.-Stiftg. XI S. 1–61) mit Recht nicht einmal erwähnt. Gegen Below’s angebliche Rechtfertigung seiner Methode (Stadtg. S. VII), auf die er sich jetzt S. 114 Z. 27 beruft, vgl. meine von ihm nicht berücksichtigten Ausführungen (Urspr. S. 377 Note 1).
  39. Vgl. Urspr. S. 57.
  40. Ibid. S. 297.
  41. Sogar diese Stelle ist nach Sohm S. 74 Note 104 für das von Below Behauptete nicht beweiskräftig, muss also ausgeschieden werden.
  42. Nur auf Leser, welche die Citate nicht nachschlagen, kann die beigefügte Bemerkung Eindruck machen, auf die sich jetzt v. Below S. 115 Note 2 wieder beruft: „Andere Beispiele in den angeführten Werken“. Es sind eben in diesen keine Beispiele dafür zu finden, dass die Landgemeinden die betreffenden Competenzen schon in älterer Zeit besessen haben; bestätigt wird diese Wahrnehmung dadurch, dass von Below auch jetzt keine genaueren Citate bringt.
  43. Kirchenrecht S. 262–69; 278 ff.
  44. Lehrb. d. Kirchenr. § 71.
  45. Es wird genügen, zur Kennzeichnung dieser Berufung auf „unrichtige Angaben“ meinerseits den von Below S. 116 Z. 14–21 erörterten Fall ins Auge zu fassen. Der Passus, um welchen es sich handelt (Stadtg. S. 65) konnte von mir nach dem Zusammenhang, so sehr es Below jetzt auch bestreitet, doch nur so aufgefasst werden, dass er sich damit in erster Linie gegen Schmoller’s in seiner „Weberzunft“ gemachte Bemerkungen richtet; denn letztere gehen unmittelbar der betreffenden Stelle voraus, und ihrem Wortlaut entnimmt Below die „Bussordnungen“, an welche er seine „Ironie“ anknüpft. Es ist ausserdem aber garnicht einzusehen, was geändert wäre, wenn Below’s Polemik sich auf die Stelle in „Strasburgs Blüthe S. 11“ beziehen würde, wie er jetzt behauptet. Hier gibt Schmoller dem Gedanken Ausdruck, dass das spätere Gewerberecht z. Th. aus dem geistlichen Gericht über Fälschung erwachsen sei. Das ist doch etwas ganz anderes, als was Below ihn behaupten lässt.
  46. Vgl. Urspr. S. 361, 362.
  47. Vgl. die Sitzungsberr. d. Gesellschaft zu diesem Datum.
  48. Vgl. z. B. S. 49 Note 4; S. 296; S. 354.
  49. In Hinsicht auf diesen und ein paar andere Fälle, in denen ich v. Below jedesmal ausdrücklich angeführt habe, bemerkte ich auch bei Zusammenfassung der Ergebnisse meiner Prüfung der Below’schen Aufsätze, dass diese Arbeiten hie und da auf noch nicht genügend berücksichtigte Probleme aufmerksam machen und auch an einigen Stellen eine wirkliche Bereicherung unserer Erkenntniss bieten (s. Urspr. S. 388).
  50. Ibid. S. 74.
  51. Nicht ernst zu nehmen ist es, wenn v. Below S. 117 Z. 18–20 sich auf das Urtheil Jastrow’s über diesen Aufsatz beruft, das in der nicht rechtzeitigen Erwähnung in den Jahresberichten liege. Jastrow hat diesen Aufsatz, wie er Mitthh. a. d. hist. Lit. XVII S. 108, 109 ausdrücklich erklärt, nur desshalb nicht erwähnt, weil er ihn übersehen hat. Davon, dass er ihn für nichterwähnenswerth hielt, kann nicht die Rede sein.
  52. Urspr. S. 384.
  53. Vgl. z. B. Jbb. f. Nationalök. N. F. VI S. 569 Absatz 2, wo schon lange vor dem Erscheinen der Below’schen Arbeiten die alte Eintheilung in Bischofs-, Pfalz- und Landstädte abgelehnt wird. Höniger schlägt dafür vor, auch bei der verfassungsgeschichtlichen Gruppirung der Deutschen Städte von dem Unterschiede zwischen Handels- und Industriestädten auszugehen.
  54. Vgl. z. B. Urspr. S. 291. In manchen Punkten bin ich auch zu Ansichten gekommen, die von denen Höniger’s ganz abweichen, vgl. z. B. S. 400–404.
  55. Sohm, Entsteh. des Städtew. S. 16; Al. Schulte in Z. f. G. d. Oberrh. V S. 408; Lamprecht in DLZ XI, 1462 ff., vgl. insbes. 1464 Zeile 25–28 in Bezug auf die mir von Below vorgeworfene Unreife. Ueber meine Ausführungen über die Specialgemeinden (Kirchspiele) – auf welchem Gebiete mir nach Below die einfachsten Kenntnisse fehlen – Sohm a. a. O. S. 93 Note 132.
  56. S. 119.
  57. Dt. Wirthschaftsleben I, 318 ff.
  58. Stadtgem. S. 9–10.
  59. K. beruft sich auf die anerkennenden Worte, welche er von Sohm, Schulte und Lamprecht erhalten. Loening’s Recension, die nur 8 Tage nach derjenigen Lamprecht’s erschien, verschweigt er wohlweislich.
  60. Die Hauptfrage in den Controversen über die Entstehung der Stadtverfassung lautet: woher stammt die Stadtgemeindegewalt? oder mit anderen Worten: ist die Ordnung der wirthschaftlichen Verhältnisse im Mittelalter Sache des Staates (der öffentlichen Gewalt) oder der Gemeinde? Sohm behauptet das erstere, ich das letztere. K. hat zur Lösung dieser Frage nichts beigetragen; er wirft sie nicht einmal auf. Er glaubt die Frage nach der Entstehung der Stadtverfassung mit dem trivialen Satze beantworten zu können, dass die letzten entscheidenden Gründe die „Rechtsanschauungen und Interessen der kaufmännischen Kreise“ seien. Damit ist gar nichts gesagt; denn es handelt sich ja darum, unter wessen Leitung (des Staates oder der Gemeinde) Handel und Gewerbe sich entwickelt haben. Uebertreibe ich, wenn ich behaupte, dass dem Urtheil K.’s noch die Reife fehlt?
  61. Sohm, Die Entstehung des Dt. Städtewesens S. 10 Anm. 4, deutet auch bereits die Abhängigkeit K.’s von meinen Ausführungen an.
  62. Arnold vertritt in diesem Büchelchen (Basel 1861) bekanntlich die Ansicht von dem stufenmässigen Aufsteigen der Handwerker von der Hörigkeit zur Freiheit.
  63. Lövinson, Beiträge z. Verf.-G. d. Westf. Reichsstiftsstädte, vertritt noch heute die Ansicht, dass die Ministerialen massgebende Bedeutung in den Städten gehabt haben. K. kennt diese Schrift; er lobt sie sogar (MHL 17, 256). Vgl. dazu freilich DLZ 1889, Sp. 1579 ff., u. W. Schröder, Die älteste Verfassung der Stadt Minden. Mindener Programm 1890.
  64. Lamprecht hat in einem Referat über K.’s Buch (DLZ 1890, Sp. 1462 ff.) allerdings auch bemerkt, dass mit der „Meinung, dass das kaufmännische Dasein die tiefste Kraft der städtischen Entwicklung gestellt habe, vor K. fast nur Höniger Ernst gemacht hat“. Wenn das der Fall wäre, so hätte Höniger die Ansicht von Nitzsch und Schmoller, dass der Kaufmann sich am liebsten um den Schöffenstuhl herumdrückte, bekämpfen müssen. Das hat er indessen nirgends gethan.
  65. Und dabei ist K.’s Arbeit vor Sohm’s Buch erschienen! Ich nehme jenes Verdienst nicht für mich allein in Anspruch. Hegel hat die Ansicht von Nitzsch für Köln widerlegt. Baltzer hat ferner gezeigt, dass in Strassburg die Ministerialität nicht die Bedeutung gehabt hat, die ihr von der älteren Theorie zugeschrieben worden war.
  66. DLZ 1890, Sp. 1462 ff.
  67. Schmoller sagt eben erst jetzt (Jahrbuch f. Gesetzg. 1890 S. 1002): „Ich leugne, dass die Ansichten von Nitzsch über den Einfluss der Bischöfe als grosser Grundherren in den Städten endgültig beseitigt seien“. Schmoller gehört also auch nicht zu den Lamprecht’schen Gelehrten. Vgl. ferner Gothein a. a. O. Lamprecht selbst hat in seinen volle sieben Jahre nach Nitzsch’s Tode erschienenen Skizzen zur Rheinischen Geschichte (S. 100) mit grösster Bestimmtheit die hofrechtliche Hypothese vorgetragen. S. auch Hist. Z. 59, 198 Anm. 2.
  68. Ursprung S. 385.
  69. Jahrbuch f. Gesetzg., B. 8 S. 872 f. Jastrow sagt in der Allg. Dt. Biogr. (Art. Nitzsch, Bd. 23 S. 738) von den Aufsätzen über die Gilde ganz richtig: „Hiermit knüpfte er wieder an die ‚Ministerialität‘ an“.
  70. Ueber Menden zieht K. es jetzt vor zu schweigen.
  71. Nachträglich habe ich dann in meiner „Stadtgemeinde“ S. 36 bemerkt, dass „in Strassburg ganz in derselben Weise wie in Hameln die homines ecclesie den Sterbfall zahlen“. Davon ist aber meine Interpretation des Strassburger Stadtrechtes ganz unabhängig.
  72. K. meint diesen mit der „Quellenstelle aus dem 13. Jahrhundert“. Ich habe übrigens nicht selbst diese Interpretation aufgestellt, sondern mich nur der von Planck gegebenen angeschlossen. Warum polemisirt nun K. nicht gegen Planck? Warum nicht gegen Lamprecht? Lamprecht hat es mir zum schweren Vorwurf gemacht, dass ich ihn nicht als unbedingten Gesinnungsgenossen aufgeführt habe. Vgl. darüber GGA 1890, S. 322 Anm. 3. K. weiss das sehr wohl; er citirt die betr. Stelle mit der höchsten Zustimmung (Ursprung S. 380 Anm. 2). Warum rührt er trotzdem gegen Lamprecht nicht einmal den kleinen Finger und richtet seine Angriffe einzig und allein gegen mich? Man sieht eben, wie für K. die Sache hinter der Person verschwindet. Dasselbe erkennt man aus K.’s Bemerkungen über Schmoller’s Bussordnungstheorie. K. verwirft diese selbst; aber trotzdem sucht er Schmoller zu vertheidigen. Dabei wird natürlich auf genaue Wiedergabe der Worte kein Werth gelegt. Während Schmoller thatsächlich gesagt hat: „aus dem geistlichen Gericht ging der grösste Theil des späteren Gewerbe- und Zunftrechts hervor“, lässt K. ihn nur behaupten, dass das Gewerberecht „zum Theil“ aus dem geistlichen Gericht erwachsen sei. – Bei dieser Gelegenheit richte ich an Herrn K. eine dringende Bitte. Ihm sind „nicht wenige Zeugnisse“ über die Competenz der Landgemeinden aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert bekannt. Er hat wohl die Freundlichkeit, diese umgehend bekannt zu machen.
  73. In seiner Wirthschaftsgeschichte des Schwarzwaldes.
  74. Er ist jedoch weit entfernt davon, seinen früheren Irrthum einzugestehen.
  75. Schröder in der SavZ 24 S. 248: „Ein weiterer Grundfehler beruht darin, dass der Verfasser (Lamprecht) Stiftsvogtei und Schirmvogtei nicht genügend auseinanderhält, dafür aber nach anderen, weit weniger charakteristischen Gesichtspunkten verschiedene Vogteiformen unterscheidet“.
  76. Ich will nur noch hervorheben, dass ich mit keiner Silbe Roscher als Gegner von Gierke bezeichnet habe, dass K. durch die Vertheidigung seiner Ansichten aber „communale Entwicklung“ seine Position nur verschlechtert, dass er im übrigen gegen meine Kritik seiner Ansichten schlechterdings nichts vorbringt, dass er meine so hart angefochtene Bemerkung über das Verhältniss der Sklaven zum öffentlichen Gericht im wesentlichen selbst theilt (Ursprung S. 48), dass Jastrow, den K. (Ursprung S. 80 Anm. 2) als Autorität bezeichnet, Höniger’s Aufsatz doch wohl nicht einfach „übersehen“ hätte, wenn derselbe wirklich ein so glänzendes Meteor wäre, wie K. behauptet.