Zum neuen Jahr!
Von Emil Rittershaus.
Du Jahr des Ruhms, der deutschen Ehre,
Wir steh’n an deines Grabes Rand.
Dir sang das Knattern der Gewehre
Das Wiegenlied; vom Fels zum Meere
Die deutsche Eiche. Ruhig wohnen
Im Wipfel mag der mächt’ge Aar,
Doch schwer erkauft sind deine Kronen,
Du blutgetauftes Schlachtenjahr!
Ein Jahresschluß, ein Rückwärtsschauen! –
Wie mancher schläft in Welschlands Grund,
Begraben fern der Heimath Auen! –
Die Thräne fällt vom Aug’ der Frauen,
Und seufzt: „Auch Er war von den Braven!
Mit Stolz gedenk’ ich heute sein –
Wann aber wird mein Kummer schlafen?
O ew’ger Gott, wann schläft er ein!“ –
Ein einig Reich, der Traum der Alten,
Das deutsche Reich, nun ist’s erneut!
Der Geist der Freiheit mög’s erhalten,
Doch weh’, ich seh’s vom Haß zerspalten,
Frei sei die Meinung, frei die Rede,
Doch bleibe ferne, was gemein!
Mit gift’gen Waffen führst die Fehde
Nur du, o Haß! O, schliefst du ein!
Im Panzer, hoch das Schwert erhoben,
So kam das Jahr. Von Muth geschwellt
War seine Brust; im Kampfestoben
Erklang sein donnernd: „Deutschland oben!“
Wer möcht’ nicht froh die Kränze winden
Dem Muth, der ohne Wanken war,
Jetzt lasse du die Welt empfinden
Der Liebe Herzschlag, neues Jahr!
Du neues Jahr, zum Heile steige
Empor nun zu dem Sonnenlicht!
Den Weg zum Glück den Völkern zeige!
O, flicht’ um unsrer Eiche Zweige
Wo Fäulniß modert, reiß’ die Decke
Des eitlen Selbstbetruges fort,
Und wer im Ruhmrausch träumt, den wecke
Dein ernstes Wort, dein mahnend Wort:
Du neues Jahr, dir sei’s beschieden
Zu einen durch ein heilig Band,
Was sich in finstrem Wahn gemieden;
Es geh’ die Freiheit und der Frieden
Lass’ reiche Frucht die Saaten tragen!
Mit Geist und Feuerflammen tauf’,
Die sich in Trägheit dumpf behagen! – –
Horch, Mitternacht! Neujahr, wach’ auf!