Zur Erinnerung an Christian Friedrich Schönbein

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Titel: Zur Erinnerung an Christian Friedrich Schönbein
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aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 708_d
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[708_d] Zur Erinnerung an Christian Friedrich Schönbein. Seit Jahrzehnten nimmt die Schießbaumwolle unter den Sprengmitteln der Neuzeit einen hervorragenden Platz ein. Am 18. Oktober sind hundert Jahre vergangen, da der Entdecker dieses im Krieg und Frieden so wichtigen Stoffes das Licht der Welt erblickte. Christian Friedrich Schönbein war ein Schwabe, seine Wiege stand in Uetzingen, einem kleinen Orte zwischen Nürtingen und Reutlingen. Er genoß eine einfache, aber sorgfältige Erziehung und trat im 14. Lebensjahre als Lehrling in eine chemische Fabrik zu Böblingen. Schon hier zeichnete er sich durch Eifer und Arbeitstreue sowie Geschicklichkeit aus und war von dem Bestreben beseelt, die freie Zeit wissenschaftlichen Studien zu widmen. Im Jahre 1820 erhielt er auf Verwendung seines Prinzipais eine Stellung bei Dr. J. G. Dingler in Augsburg, der durch die Publikation des weitverbreiteten „Polytechnischen Journals“ berühmt war und damals eine Fabrik chemischer Produkte besaß. Dann ging er noch in eine chemische Fabrik nach Gamhofen bei Erlangen. Die Nähe der Universität bot ihm Gelegenheit, seine Studien fortzusetzen, bis es ihm möglich wurde, im Herbst des Jahres 1821 die Universität seines Heimatlandes in Tübingen zu beziehen. Nach zweijährigem Aufenthalt daselbst begann er als Lehrer in Keilhau bei Rudolstadt zu wirken, ging dann nach England, wo er an einem Institut in Epsom Chemieunterricht gab, besuchte auch die Pariser Universität und wurde schließlich im Jahre 1828 an die Universität Basel berufen, an der er bis an sein Lebensende thätig blieb. Er starb am 29. August 1868 auf dem Gute Sauersberg bei Baden-Baden auf der Heimreise von Wildbad an einem Karbunkel.

Als Schönbein in seinem Laboratorium das Wasser mittels des elektrischen Stromes in seine Bestandteile zersetzte, merkte er bei diesem Prozeß den eigenartigen Geruch, der auch nach Blitzschlägen etc. aufzutreten pflegt. Er beschloß, das Wesen desselben zu erforschen, und stellte den Ozon dar, der nach jahrelangen mühevollen Versuchen als ein im besonderen aktiven Zustand sich befindender Sauerstoff erkannt wurde. Im Verlauf dieser Arbeiten entdeckte er auch die Schießbaumwolle. Schon im Jahre 1845 prüfte er die Einwirkung einer Mischung von Schwefel- und Salpetersäure auf verschiedene Körper. In dieser Flüssigkeit wurde das Papier in einen pergamentähnlichen Stoff verwandelt, Rohrzucker lieferte einen harzähnlichen Körper. Zu Anfang des Jahres 1846 tauchte er Baumwolle in das erwähnte Gemisch, und diese wurde, ohne ihr Ansehen merklich zu verändern, in einen Stoff verwandelt, der beim Entzünden wie Pulver explodierte. Schönbein hielt anfangs die Herstellung des neuen Sprengstoffes geheim und stellte in Basel mit Hilfe der Militärbehörden verschiedene praktische Versuche an. In ähnlicher Weise suchte er in England die Schießbaumwolle in die Sprengtechnik einzuführen. Er verband sich dann mit Professor Böttger aus Frankfurt a. M., dem es Ende des genannten Jahres gleichfalls gelungen war, die Schießbaumwolle darzustellen. Die neue Erfindung wurde in England patentiert und von der österreichischen Regierung angekauft.

Schönbein fand auch, daß die Schießbaumwolle sich in einer Mischung von Aether und Alkohol löse. Er gab dieser Lösung den Namen „Klebäther“. Die Amerikaner nannten sie später Kollodium, nach dem griechischen Worte kollôsea (klebrig). Schönbein empfahl sie bereits als Deckmittel für Wunden; in der Photographie leistete das Kollodium bei der Herstellung der Platten hervorragende Dienste. Die wichtige Ausnutzung seiner Entdeckungen in der Fabrikation des Celluloids und des rauchlosen Pulvers hat Schönbein nicht mehr erlebt.