Zwischen zwei Feuern (Die Gartenlaube 1892/10)
[322] Zwischen zwei Feuern. (Zu dem Bilde S. 296 und 297.) Ein heiteres Bild auf tragischem Hintergrund! Der junge Kriegsheld zwischen den stickenden Schönen fühlt sich gewaltig – er gehört ja der großen Armee an, die der erste Napoleon nach Spanien warf, um das Königthum seines Bruders aufrecht zu erhalten, und hält, wie so viele seiner Waffenbrüder, bei den feindlichen Spaniern die Stille vor dem Sturme für die Ruhe friedlicher Unterwerfung. So hat er denn breitspurig Platz genommen in dem alterthümlich schattigen Hofraum, dem „Patio“, um den zwei hübschen Haustöchtern die Ehre seiner Unterhaltung zu erweisen, ohne zu bemerken, mit welch eisiger Kälte die Mutter im Lehnstuhl und ihr Freund, der alte Priester, seinen Gruß erwiderten. Das viele Nachdenken ist des jungen Kürassierhauptmanns Sache überhaupt nicht – er hat vielleicht gleich anderen Bauernsöhnen den Marschallsstab im Tornister, aber der „Merks“ in feineren Dingen ist ihm nicht mit den Epauletten angeflogen.
So dauert es denn auch eine geraume Zeit, bis er beginnt, stutzig zu werden über die spitzen Zünglein, welche mit den Nadeln um die Wette sticheln und seiner Soldateneitelkeit fühlbare Wunden beibringen, obwohl sie ganz harmlos bei der Perücke anfingen, die er aufgesetzt hat, um sich ein vornehmeres Aussehen zu geben. Argwöhnisch streicht er den Schnurrbart und schaut auf die blonde Angreiferin, die einstweilen mit bitteren Hohnreden plänkelt, bis – ja, bis in nächtlicher Stunde Vater und Bruder an der Spitze einer stürmischen Schar hier eindringen werden und es beim Fackelschein für die im Hause lagernden Franzosen schrecklich zu tagen beginnt. Sie sehnt diese Nacht herbei, die blonde Mercedes, sie ist Spanierin und fürchtet das Blut nicht. Aber sie haßt mit glühendem Herzen die Feinde ihres Vaterlandes! ...
Es lastet Schicksalsschwüle über dem anscheinend so friedlich stillen Patio. Die Empfindung dafür im Beschauer zu wecken, hat der Künstler vortrefflich verstanden. Bn.