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ADB:Meyer von Knonau, Ludwig (Dichter)

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Artikel „Meyer von Knonau, Joh. Ludwig“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 619–621, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meyer_von_Knonau,_Ludwig_(Dichter)&oldid=- (Version vom 29. November 2024, 13:20 Uhr UTC)
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Meyer von Knonau: Joh. Ludwig M., geb. den 5. Juli 1705, † Ende October 1785, Dichter und Maler, Gerichtsherr zu Weiningen. – Die Familie M. v. K. trägt ihren Namen von der Verwaltung des Meieramtes auf dem Grundbesitze der Aebtissin des im Gasterlande liegenden Stiftes Schännis (einer Stiftung der Grafen von Lenzburg) zu Knonau (im jetzigen Kanton Zürich, an der Grenze gegen Zug): 1240 erscheint zuerst urkundlich ein Wernherus villicus [620] de Chnonowo. Doch schon im 14. Jahrhundert siedelte sich das Geschlecht auch in Zürich an und stieg da bald zu ansehnlicher Stellung empor (Johannes war Bürgermeister 1393 bis 1409). Doch wurden auch die Güter zu Knonau bis 1512 beibehalten, in welchem Jahre Gerold (gest. 1518), ein in den staatlichen Angelegenheiten vielfach thätiger Mann, seinen ganzen dortigen Besitz an den Staat Zürich verkaufte, aus Aerger darüber, daß sein Sohn nicht eine adelige Thurgauerin, sondern die Zürcher Bürgerstochter Anna Reinhard, welche nachher in zweiter Ehe die Gattin Zwingli’s wurde, geheirathet hatte. Dem Sohne des Enterbten, der frühe starb, wandte der Großvater nachher seine Gunst wieder zu, und diesem Gerold, seinem nachmaligen Stiefsohne, widmete Zwingli 1523 sein einziges pädagogisches Werk, das in der nachherigen deutschen Uebersetzung sogenannte „Lehrbüchlein“: „Quo pacto ingenui adolescentes formandi sint“. Tapfer kämpfend besiegelte 1531 der im 22. Jahre stehende hoffnungsvolle junge Familienvater neben dem Reformator in der Schlacht bei Cappel mit dem Tode seine Ueberzeugung, und ein gleichzeitiges Volkslied hob ihn eigens hervor: „Junker Gerolt Meyer, syns lybs ein starker man, vil stich und streichen that er; sampt andren fuor er dran“. Nach den hinterlassenen Söhnen dieses Gerold – dem gelehrten Wilhelm und Gerold (gest. 1570 und 1569) – fesselt erst die durchaus eigenthümliche Persönlichkeit des in sechster Generation von Wilhelm abstammenden Hans Ludwig, im 18. Jahrhundert, von Neuem die Aufmerksamkeit. (Eine 1747 durch Kaiser Franz I. in einem neu ertheilten Adelsdiplome mit dem Prädicate „zu Knonow“ ausgestattete, in der Lausitz ansässige Familie, eines allerdings vielleicht aus Zürich stammenden Andreas Meyer, ist ohne jegliche gültig irgendwie nachweisbare Beziehung.) – Die M. v. K. hatten durch Kauf seit 1432 und 1435 die im Limmatthale unterhalb Zürich liegenden Vogteien Oetwil und Weiningen inne, und weil diese Gerichtsherrschaften außerhalb der zürcherischen Kantonalgrenze auf dem Boden der eidgenössischen gemeinen Herrschaft Baden lagen, so genossen deren Gerichtsherren hier durch die Verwaltung ihrer feudalen Rechte größere Selbständigkeit, während im Uebrigen zu Zürich die gewisse Mißgunst der zünftigen Mitbürger gegen die „Junkerfamilien“ auch auf ihnen lag. Nur unter den für Weiningen bestehenden Verhältnissen konnte sich Hans Ludwig zu der originalen Erscheinung entwickeln, als welche er in der Litteraturgeschichte in dem Bodmer’schen Kreise entgegentritt. In eigenartiger Ausprägung zeigt er in sich den Einfluß der reichen Anregungen, wie sie, von Bodmer und Breitinger ausgehend, Zürich im 18. Jahrhundert aus einer vorangegangenen Erschlaffung wieder kräftig emporhoben. Ein eifriger Jäger, ein feiner Beobachter und gründlicher Kenner der Natur, war der Landedelmann vom Schlosse Weiningen ganz geschaffen, um auf dem allerding eingeschränkten, aber von dem ästhetisch-kritischen Freundespaare in Zürich ganz besonders betonten und dem Zeitgeschmacke in vorzüglicher Weise entsprechenden Gebiete der Thierfabel die Theorien der Zürcher „Maler“ in individuell selbständiger Arbeit zu illustriren. Das durch Bodmer mit einer Einleitung empfohlene Buch: „Ein halbes Hundert Neuer Fabeln“ erschien zuerst 1744, dann in neuen Auflagen durch einen „Anhang“ und hernach durch acht weitere Stücke vermehrt 1754, 1757 und noch drei Male bis 1773; schon 1757 waren auch 58 Kupfertafeln beigegeben. Denn der Dichter, später unterstützt von seinem 1771 mit seiner Verheirathung als Landschreiber nach Weiningen gezogenen Schwiegersohne, dem Landschafter Heinrich Hirzel (vgl. Bd. XII, S. 493), widmete sich auch der Malerei und bewies dabei wieder voran seine eingehende Kenntniß der Eigenthümlichkeiten des Naturlebens. Mörikofer urtheilt in der „Schweizerischen Litteratur des 18. Jahrhunderts“ (S. 280–282) sehr zutreffend von [621] diesen Fabeln: „Es duftet darin gleichsam ein Waldgeruch“. Insoweit unterschied sich der Dichter sehr wesentlich von dem gelehrten Theoretiker Bodmer, der, nicht zum Vortheile desselben, dessen Fabeln in seine litterarischen Fehden hineinmischte. – Uebrigens wußte auch M. v. K., bei aller in der eifrigen Correspondenz zu Tage tretenden Verehrung für Bodmer, sich hier gleichfalls völlig selbständig zu halten, wie er denn überall, als aufgeklärter Landwirth, als patriarchalisch waltender Herr seiner Unterthanen, als freimüthiger, oft sehr scharfer Beurtheiler öffentlicher Dinge – der mystisch angehauchte, nichts weniger als unreligiöse Mann hielt gegenüber Auswüchsen im kirchlichen Leben beider Confessionen seinen Tadel nie zurück – durchaus unabhängig sich hielt. Auch Wieland war mit der Gutsherrschaft in Weiningen befreundet und redet in der „Euthanasia“ von der Frau, in den „Sympathien“ von einer Tochter – „Cyane“ – des Gerichtsherrn.

Vgl. die Schilderung des Fabeldichters durch seinen Enkel in „Lebenserinnerungen von Ludwig Meyer von Knonau“ (S. 23–27), sowie den Aufsatz von Scherer und d. Verf. d. Art. in der Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur, Bd. XX, S. 355 ff., endlich in des Verf. d. Art.: Aus einer zürcherischen Familienchronik, 1884 (wo überhaupt Züge aus der Entwickelung vom 13. Jahrhundert bis 1798), S. 60 ff.