Benutzer:Shruggy/Baustelle

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Textdaten
Autor: Euripides
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Titel: Iphigenie in Aulis
Untertitel:
aus: Thalia, 2. Band (1789), Heft 6, S. 1–58,
Heft 7, S. 1–69
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1788
Verlag: Georg Joachim Göschen
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Friedrich Schiller
Originaltitel: Ιφιγένεια εν Αυλίδι
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld bzw. Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
E-Texts: buecherquelle.com,
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[1] Iphigenie in Aulis.

übersetzt aus dem Euripides.

Personen.[Bearbeiten]

[1]

Agamemnon.

Menelaus.

Achilles.

Clytemnestra, Agamemnons Gemahlinn.

Iphigenie, Agamemnons Tochter.

Ein alter Sclave Agamemnons.

[2]

Ein Bote.

Chor, fremde Frauen aus Chalcis, einer benachbarten Landschaft, die gekommen sind, die Kriegs- und Flottenrüstung der Griechen in Aulis zu sehen.

Die Scene ist das griechische Lager in Aulis, vor dem Zelt Agamemnons.

Erster Akt.
Zweiter Akt.
Dritter Akt.
Vierter Akt.
Fünfter Akt.


Anmerkungen.[Bearbeiten]

[55]

Anmerkungen.

Diese Tragödie ist vielleicht nicht die tadelfreieste des Euripides, weder im Ganzen noch in ihren Theilen. Agamemnons Charakter ist nicht fest gezeichnet, und durch ein zweideutiges Schwanken zwischen Unmensch und Mensch, Ehrenmann und Betrüger, nicht wohl fähig, unser Mitleiden zu erregen. Auch bei dem Charakter des Achilles bleibt man zweifelhaft, ob man ihn tadeln oder bewundern soll. Nicht zwar, weil er neben dem racinischen Achilles[WS 1] zu ungalant, zu unempfindsam erscheint; der französische Achilles ist der Liebhaber Iphigeniens, was jener nicht ist und nicht seyn soll; diese kleine eigennützige Leidenschaft würde sich mit dem hohen Ernst und dem wichtigen Interesse des griechischen Stücks nicht vertragen. Hätte sich Achilles wirklich überzeugt, daß Griechenlands Wohl dieses Opfer erheische, so möchte er sie immer bewundern, beklagen und sterben lassen. Er ist ein Grieche und selbst ein großer Mensch, der dieses Schicksal eher beneidet als fürchtet; aber Euripides nimmt ihm selbst diese Entschuldigung, indem er ihm Verachtung des Orakels, wenigstens Zweifel in den Priester, der es verkündigt hat, in den Mund legt. Man sehe die dritte Scene des vierten Akts; und selbst sein Anerbiethen, Iphigenien mit Gewalt zu erretten, beweis’t seine Geringschätzung des Orakels, denn wie [56] könnte er sich gegen das auflehnen, was ihm heilig ist? Wenn aber das Heilige wegfällt, so kann er in ihr nichts mehr sehen, als ein Opfer der Gewalt und priesterlichen Künste, und kann sich dieser großmüthige Göttersohn auch alsdann noch so ruhig dabei verhalten? Muß er sie nicht vielmehr, wenn sie mit thörigtem Fanatismus gleich selbst in den Tod stürzen will, mit Gewalt davon zurückhalten, als daß er ihr erlauben könnte, ein Opfer ihrer Verblendung zu werden? Man nehme es also wie man will, so ist entweder sein Versuch zu retten thöricht, oder seine nachfolgende Ergebung unverzeihlich, und inconsequent bleibt in jedem Falle sein Betragen. Der Chor in diesem Stücke, wenn ich seine erste Erscheinung ausnehme, ist ein ziemlich überflüßiger Theil der Handlung, und wo er sich in den Dialog mischt, geschieht es nicht immer auf eine geistvolle Weise; das ewige monotonische Verwünschen des Paris und der Helene muß endlich jeden ermüden. Was gegen die, durch ein Wunder bewirkte, Entwickelung des Stücks zu sagen wäre, übergeh’ ich; überhaupt aber ist zwischen der dramatischen Fabel dieses Dichters und seiner Moral oder den Gesinnungen seiner Personen zuweilen ein seltsamer Widerspruch sichtbar, den man, soviel ich weiß, noch nicht gerügt hat. Die abenteuerlichsten Wunder- und Göttermährchen verschmäht er nicht, aber seine Personen glauben nur nicht an ihre Götter, wie man [57] häufige Beispiele bei ihm findet. Ist es dem Dichter erlaubt, seine eigenen Gesinnungen in Begebenheiten einzuflechten, die ihnen so ungleichartig sind, und handelt er nicht gegen sich selbst, wenn er den Verstand seiner Zuschauer in eben dem Augenblicke aufklärt oder stutzen macht, wo er ihren Augen einen höhern Grad von Glauben zumuthet? Sollte er nicht vielmehr die so leicht zu zerstörende Illusion durch die genaueste Uebereinstimmung von Gesinnungen und Begebenheiten zusammen zu halten, und dem Zuschauer den Glauben, der ihm fehlt, durch die handelnde Personen unvermerkt mitzutheilen beflissen seyn?

Was einige hingegen an dem Charakter Iphigeniens tadeln, wäre ich sehr versucht, dem Dichter als einen vorzüglich schönen Zug anzuschreiben; diese Mischung von Schwäche und Stärke, von Zaghaftigkeit und Heroismus ist ein wahres und reitzendes Gemählde der Natur. Der Uebergang von einem zum andern ist sanft und zureichend motiviret. Ihre zarte Jungfräulichkeit, die zurückhaltende Würde, womit sie den Achilles selbst da, wo er alles für sie gethan hat oder zu thun bereit ist, in Entfernung hält, die Bescheidenheit, alle Neugier zu unterdrücken, die das räthselhafte Betragen ihres Vaters bei ihr rege machen muß, selbst einige hie und da hervorblickende Strahlen von Muthwillen und Lustigkeit, [58] ihr heller Verstand, der ihr so glücklich zu Hülfe kommt, ihr schreckliches Schicksal noch selbst von der lachenden Seite zu sehen, die sanft wiederkehrende Anhänglichkeit an Leben und Sonne – der ganze Charakter ist vortreflich. Clytemnestra – mag sie anderswo eine noch so lasterhafte Gattinn, eine noch so grausame Mutter seyn, darum kümmert sich der Dichter nicht – hier ist sie eine zärtliche Mutter, und nichts als Mutter; mehr wollte und brauchte der Dichter nicht. Die mütterliche Zärtlichkeit ist’s, die er in ihren sanften Bewegungen, wie in ihren heftigen Ausbrüchen schildert. Aus diesem Grunde finde ich die Stelle im fünften Akt, wo sie Iphigenien auf die Bitte: sie möchte ihren Gemahl nicht hassen: zur Antwort gibt: „O, der soll schwer genug an dich erinnert werden!“ eine Stelle, worin ihre künftige Mordthat vorbereitet zu seyn scheint, eher zu tadeln, als zu loben – zu tadeln, weil sie dem Zuschauer (dem griechischen wenigstens, der in der Geschichte des Hauses Atreus sehr gut bewandert war; und für den doch der Dichter schrieb) plözlich die andre Clytemnestra, die Ehebrecherinn und Mörderinn, in den Sinn bringt, an die er jezt gar nicht denken soll, mit der er die Mutter, die zärtliche Mutter gar nicht vermengen soll. So glücklich und schön der Gedanke ist, in demjenigen Stücke, worin Clytemnestra als Mörderinn ihres Gemahls erscheint, das Bild der beleidigten [59] Mutter und die Begebenheit in Aulis dem Zuschauer wieder in’s Gedächtnis zu bringen, (wie es z. B. im Agamemnon des Aeschylus geschieht) so schön dieses ist, und aus eben dem Grunde, warum dieses schön ist, ist es fehlerhaft, in dasjenige Stück, das uns die zärtliche, leidende Mutter zeigt, die Ehebrecherinn und Mörderinn aus dem andern herüber zu ziehen; jenes nehmlich diente dazu; den Abscheu gegen sie zu vermindern, dieses kann keine andre Wirkung haben, als unser Mitleiden zu entkräften. Ich zweifle auch sehr, ob Euripides bei der oben angeführten Stelle diesen unlautern Zweck gehabt hat, den ihm viele geneigt seyn dürften, als eine Schönheit unterzuschieben.

Die Gesinnungen in diesem Stücke sind groß und edel, die Handlung wichtig und erhaben, die Mittel dazu glücklich gewählt und geordnet. Kann etwas wichtiger und erhabener seyn, als die – zulezt doch freiwillige – Aufopferung einer jungen und blühenden Fürstentochter für das Glück so vieler versammelten Nationen? Konnte die Größe dieses Opfers in ein volleres und schöneres Licht gestellt werden, als durch das prächtige Gemählde, das der Dichter durch den Chor (in der Zwischenhandlung des ersten Aktes) von der glänzenden Ausrüstung des Griechischen Heeres gleichsam im Hintergrunde entwerfen läßt? Wie groß endlich und [60] wie einfach mahlt er uns Griechenlands Helden, denen dieses Opfer gebracht werden soll, in ihrem herrlichen Repräsentanten Achilles?

Die gereimte Uebersetzung der Chöre giebt dem Stücke vielleicht ein zwitterartiges Ansehen, indem sie lyrische und dramatische Poesie mit einander vermengt; vielleicht finden einige sie unter der Würde des Drama. Ich würde mir diese Neuerung auch nicht erlaubt haben, wenn ich nicht geglaubt hätte, die in der Uebersetzung verloren gehende Harmonie der griechischen Verse – ein Verlust, der hier um so mehr gefühlt wird, da in dem Inhalte selbst nicht immer der größte Werth liegt – im Deutschen durch etwas ersetzen zu müssen, wovon ich gerne glaube, daß es jener Harmonie nicht nahe kommt, was aber, wär’ es auch nur der überwundenen Schwürigkeit wegen, vielleicht einen Reitz für diejenigen Leser hat, die durch eine solche Zugabe für die Chöre des griechischen Trauerspiels erst gewonnen werden müssen. Kann mich dieses bei unsern griechischen Zeloten nicht entschuldigen, so sind sie hinlänglich durch die Schwürigkeiten gerächt, die ich bei diesem Versuche vorgefunden habe. In einigen wenigen Stellen hab’ ich mir erlaubt, von der gewöhnlichen Erklärungsart abzugehen, wovon hier meine Gründe.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist das Stück Iphigénie (1674) vom französischen Autor Jean Racine