Die Elementargeister (Hohbach)

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Textdaten
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Autor: Gustav Hohbach
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Titel: Die Elementargeister
Untertitel:
aus: Taschenbuch von der Donau. Auf das Jahr 1824, S. 241–247
Herausgeber: Ludwig Neuffer
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1823
Verlag: Stettinische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Ulm
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Quelle: Exemplar der HAAB Weimar auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[241]

Die Elementargeister.

Chor.
Den Menschen geleiten
Wir auf des Lebens Bahn,
Und führen ihn treulich
Zum fernen Ziel hinan.

5
Wir weinen, wir scherzen,

Wir lieben, wie er,
Und fühlt er die Schmerzen
Der Erde nicht mehr,

Dann erweisen wir freundlich

10
Ihm noch die letzte Pflicht,

Und legen ihn in die Bahre;
Doch dankt er’s uns nicht.

Die Salamander.
Es flammet das ewige Feuer so rein;
Wir Salamander stürzen hinein;

15
Da lodert es hell, und Funken sprüh’n,

Du siehst sie da droben als Sternlein glüh’n.
Sie funkeln so hold
Gleich lichtem Gold,

[242]

Und gießen der Liebe unendliche Lust

20
In der Mädchen und Jünglinge glühende Brust.


 *

Den Jüngling reißt ein heißes Streben
Schon frühe weg vom Vaterhaus.
Er geht allein ins wirre Leben
Voll Hoffnung und voll Muth hinaus.

25
Es treibt ihn rastlos in die Ferne,

Und was er hat, genügt ihm nie;
Weit hinter die entferntsten Sterne
Trägt kühn ihn seine Phantasie.

Doch stillt er nicht des Herzens Sehnen,

30
Wird auch des Wissens Durst gestillt.

Er weinet einsam heiße Thränen,
Er findet nicht das theure Bild,
Das oft in stillen, heil’gen Träumen
Des Knaben keuschen Sinn entzückt: –

35
Ach, in der Schöpfung weiten Räumen

Schlägt ihm kein Herz, das ihn beglückt.

Da will er muthig denn entsagen,
Und kehrt in’s Heimathland zurück.
Kommt’s nicht von selber dir, erjagen

40
Läßt nimmer sich der Erde Glück. –
[243]

Schon sieht er es von ferne blinken,
Das Vaterhaus, im Abendschein;
Die Bäume sieht er freundlich winken;
Fast kehret Frohsinn bei ihm ein.

45
Doch plötzlich – darf, o darf er trauen?

Hat nicht sein Auge falsch gesehn? –
Er sieht die Holdeste der Frauen
Mit zücht’gen Blicken vor sich stehn.
„So hab’ ich endlich dich gefunden,

50
Du, meiner Träume theures Bild?

Nun wirst du, armes Herz, gesunden,
Nun ist dein Sehnen bald gestillt!“

Die Sylphen.
Wir fliegen, wir schweben
Froh über das Leben

55
Der Sterblichen hin.

O wahrt euch, ihr Armen,
Den fröhlichen Sinn.
Genießet des Lebens,
Dieweil es noch Zeit:

60
Bald sehnt ihr euch vergebens

Nach der Vergangenheit.

 *

[244]

O glücklich, wer schon frühe fand
Ein treues Herz, das ihn verstand,
Ein Herz, das ganz sein eigen ist,

65
Und seiner Liebe nie vergißt.


Ob Unglück auch uns wild umstürmt,
Ob Leiden sich auf Leiden thürmt:
Wer hoffen noch und lieben kann,
Der schaut das Leben heiter an.

70
Wenn Grabesluft am Abend spät

Durch seine Silberlocken weht,
Was dann dem Armen Trost noch gibt? –
Er hat gelebt und hat geliebt.

Die Undinen.
Tief in den Wassern

75
Hausen wir,

Liebend, ihr Sterblichen,
Innig, wie ihr.
Liebend auch euch:
Doch Thränen nur

80
Gab uns für euch

Mutter Natur.

 *

[245]

Willst du hier auf Erden,
Armer, glücklich werden,
O so sage nur der Lieb’ Ade.

85
Denn wer liebet,

Den betrübet
Doppelt des Geliebten Weh.

Nimmer, wird hienieden
Deinem Herzen Frieden,

90
Nimmer eh es ruht im kühlen Grab;

Und mit Freuden
Wechseln Leiden
Ewig hier auf Erden ab.

Rothe Rosen glänzen

95
Wohl im heitern Lenzen

Hold in anmuthvoller Farbenpracht;
Sie verblühen
Und verglühen
In des Herbstes kalter Nacht.

100
Mädchenwangen blühen,

Jünglingsherzen glühen,
Doch es rafft sie weg der kalte Tod,
Und nur Thränen
Hat das Sehnen,

105
Hat das Herz in seiner Noth.


[246]

Und es will zerspringen;
Aber Engel singen
Freundlich hohen Himmelstrost ihm zu:
Nicht hienieden –

110
Dort ist Frieden,

Dort im Himmel wohnt die Ruh!

Die Gnomen.
Wir graben und graben
Ein großes Grab;
Es müssen alle

115
Zu uns herab.

Wir graben tief
In der Erde Schacht.
Einst deckt euch Alle
Des Todes Nacht.

 *

120
Wenn am Abend hell die Sterne flimmern,

Schleicht ein Jüngling auf den Kirchhof hin.
„Ach, ihr würdet nicht so freundlich schimmern,
Wüßtet ihr, wie ich so elend bin.
Die ich liebte, sie ist hingegangen,

125
Und sie hat der Tod sich angetraut.

Mädchen, warum flohst du mein Umfangen?
Wardst mir ungetreu, du Todesbraut?

[247]

Ruht sich’s süßer in des Todes Armen?
Ruht sich’s weicher in dem dunkeln Grab?

130
Fühlst du nimmermehr mit mir Erbarmen?

Ja, du winkest mir zu dir hinab.
Ach es ist so schön, dieß Erdenleben,
Und ich hoffte, glücklich hier zu seyn!
Doch du rufst mir! – mag das Herz auch beben,

135
Nimmer lasse dort ich dich allein!“


Und er wirft sich auf den Hügel nieder,
Der die Leiche der Geliebten deckt. –
Jeden Abend kommt er bleicher wieder,
Weinend, bis der goldne Tag ihn weckt.

140
Also lag er in des Morgens Lichte

Einst entseelt auf seines Mädchens Grab,
Und der Todtengräber senkt’ ihn dichte
Neben der Geliebten Gruft hinab.

 Gustav Hohbach.