Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen.
Abkürzung:
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1894, Nr. 19, Seite 405 - 409
Fassung vom: 1. Mai 1894
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 9. Mai 1894
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
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[405]

(Nr. 2169.) Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Vom 1. Mai 1894.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1.[Bearbeiten]

Die §§. 4 und 17 des Gesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichs-Gesetzbl. S. 153), werden durch folgende Bestimmungen ersetzt:

§. 4.[Bearbeiten]

Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Anordnungen zu überwachen.
Tritt die Seuche in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange im Auslande auf, so hat der Reichskanzler die Regierungen der betheiligten Bundesstaaten zur Anordnung und einheitlichen Durchführung der nach Maßgabe dieses Gesetzes erforderlichen Abwehrmaßregeln zu veranlassen.
Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebietes oder in einer solchen Ausdehnung auf, daß von den zu ergreifenden Maßregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichskommissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den seitens der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Maßregeln zu sorgen und zu diesem Behuf das Erforderliche anzuordnen, nöthigenfalls auch [406] die Behörden der betheiligten Bundesstaaten unmittelbar mit Weisungen zu versehen.

§. 17.[Bearbeiten]

Alle Vieh- und Pferdemärkte sowie auch öffentliche Schlachthäuser sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann auch auf die von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zusammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung veranlaßten Zusammenziehungm von Pferde- und Viehbeständen, sowie auf Gastställe, private Schlachthäuser und Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde-und Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniß der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln zu beantragen.
Liegt Gefahr im Verzuge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizeilichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der verdächtigen Thiere anzuordnen.

Artikel 2.[Bearbeiten]

Im §. 18 desselben Gesetzes ist in der ersten Zeile die Einschaltung „(§. 14)“ zu streichen.

Artikel 3.[Bearbeiten]

Die §§. 19, 22 und 27 desselben Gesetzes werden durch folgende Bestimmungen ersetzt:

§. 19.[Bearbeiten]

1. Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten, der verdächtigen und der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere.
Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unterworfenen Thieres ist verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, daß das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w) nicht verlassen kann und außer aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt.

§. 22.[Bearbeiten]

4. Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark, oder eines ohne Rücksicht auf Feldmarkgrenzen bestimmten, [407] thunlichst eng zu bemessenden Gebietes gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können.
Die Sperre des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark, oder des sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) darf erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist.
Die Sperre eines Ortes, einer Feldmark oder eines sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließt. Die Sperre kann auf einzelne Straßen oder Theile des Ortes oder der Feldmark beschränkt werden.
Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöftes oder einer Weide verpflichtet den Besitzer, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrieben werden.

§. 27.[Bearbeiten]

8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe, Standorte und Eisenbahn-Rampen, sowie des von ihnen herrührenden Düngers und die Unschädlichmachung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung gekommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen sind.
Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden.
In Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben kann die Reinigung der von zusammengebrachten, der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren benutzten Wege und Standorte (Rampen, Buchten, Gastställe, Marktplätze u. s. w.) polizeilich angeordnet werden.
Die Durchführung dieser Maßregeln muß nach Anordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen.

Artikel 4.[Bearbeiten]

Im §. 28 desselben Gesetzes sind die Worte „innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend“ zu streichen.

Artikel 5.[Bearbeiten]

Nach §. 29 desselben Gesetzes wird folgender §. 29a eingeschaltet:

§. 29a.[Bearbeiten]

11. Die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruchs und des Erlöschens der Seuche. [408]

Artikel 6.[Bearbeiten]

Hinter §. 44 desselben Gesetzes wird eingeschaltet:

cc. Maul- und Klauenseuche.[Bearbeiten]

§. 44a.[Bearbeiten]

Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche festgestellt, so kann das Weggeben von Milch aus einem Seuchengehöfte, einer der Sperre unterworfenen Ortschaft, Feldmark oder einem sonstigen Sperrgebiete (§. 22 Absatz 1) verboten oder an die Bedingung geknüpft werden, daß die Milch vorher abgekocht wird.
Das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien kann in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben verboten werden. Ist einer der betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach erfolgter Abkochung weggegeben werden.

Artikel 7.[Bearbeiten]

Der §. 45 desselben Gesetzes erhält als zweiten Absatz folgenden Zusatz:
Der Landesgesetzgebung bleibt die Bestimmung überlassen, ob und unter welchen Bedingungen eine Schutzimpfung der der Ansteckung ausgesetzten Rindviehbestände polizeilich angeordnet werden darf.

Artikel 7a.[Bearbeiten]

a) Die §§. 57 bis 64 desselben Gesetzes erhalten statt der bisherigen folgende Ueberschrift:
4. Entschädigung für getödtete, oder nach Vornahme einer polizeilich angeordneten Impfung eingegangene Thiere.
b) Der §. 57 desselben Gesetzes erhält folgende Fassung:
Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten, oder nach dieser Anordnung gefallenen, sowie für diejenigen Thiere, welche in Folge einer gemäß §. 45 polizeilich angeordneten Impfung eingehen, muß vorbehaltlich der in diesem Gesetze bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden.
c) Der Absatz 1 des §. 59 desselben Gesetzes erhält folgende Fassung:
Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erlitten hat, daß es von der Seuche ergriffen, oder der Impfung unterworfen worden ist. Bei den mit Rotzkrankheit behafteten Thieren hat jedoch die Entschädigung drei Viertel, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh, sowie bei den nach Ausführung einer gemäß [409] §. 45 polizeilich angeordneten Impfung eingegangenen Thieren vier Fünftel des so berechneten Werthes zu betragen.

Artikel 8.[Bearbeiten]

Der §. 66 Nr. 4 desselben Gesetzes wird durch folgende Bestimmungen ersetzt:
4. Wer den im Falle der Seuchengefahr polizeilich angeordneten Schutzmaßregeln (§§. 19 bis 28, 38, 44a, 51), sowie den auf Grund des §. 45 Absatz 2 getroffenen polizeilichen Anordnungen zuwiderhandelt.

Artikel 9.[Bearbeiten]

Der Reichskanzler wird ermächtigt, den unter Berücksichtigung obiger Aenderungen sich ergebenden Text des Gesetzes vom 23. Juni 1880 durch das Reichs-Gesetzblatt bekannt zu machen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Schloß Friedrichshof, Cronberg, den 1. Mai 1894.
(L. S.)  Wilhelm.

  von Boetticher.