RE:Fabius 39ff.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Fabii Ambusti und Vibulani, häufigste Beinamen der Fabier
Band VI,2 (1909) S. 17501751
Bildergalerie im Original
Register VI,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,2|1750|1751|Fabius 39ff.|[[REAutor]]|RE:Fabius 39ff.}}        

39ff.) Fabii Ambusti und Vibulani. Die Beinamen Vibulanus, Ambustus und Maximus sollen einander bei den Fabiern abgelöst haben. Vibulanus gehört nach Mommsen (R. Forsch. II 292) zu denen, die von dem Namen einer alten, ganz verschollenen Ortschaft abgeleitet sind. Ambustus hat Du Rieu De gente Fabia 80f. bildlich deuten wollen, als iudicio ambustus, d. h. angeklagt, doch weder verurteilt noch freigesprochen; dagegen läßt sich außer anderen Gründen besonders geltend machen, daß Val. Max. VIII 1 nach den Lemmata Absol. und Damn. als drittes Ambust. bringt, aber gerade das Beispiel des F., dem nach Du Rieu sogar der Beiname deshalb gegeben worden wäre, nicht kennt. Demnach ist die einfachste Erklärung des Cognomens die buchstäbliche: Ambustus = circumustus (Fest. ep. 5); eine Brandwunde oder etwas Ähnliches wird einem F. diese Benennung eingetragen haben, die er dann seinen Nachkommen vererbte. Der Stammbaum für die Fabier der ersten beiden Jahrhunderte ist nun in sehr merkwürdiger und schematischer Weise hergestellt worden, indem nämlich dreimal, zweimal für die Vibulani und einmal für die Ambusti, ein Vater mit drei Söhnen angesetzt wurde; was nicht in das Schema paßte, wurde bei seite gelassen, obgleich es höchst unwahrscheinlich war, daß von drei Brüdern stets nur einer einen einzigen Sohn gehabt haben sollte. Die erste Generation von drei Brüdern sind Q. K. M. Fabii Vibulani Consuln 269 = 485 bis 275 = 479 (Nr. 159); schon ihr Vater müßte das Cognomen geführt haben, weil sie es alle tragen; er soll als Stammvater den Luperkervornamen K. (s. o.) getragen und müßte zur Zeit der Gründung der Republik geblüht haben. Daß die drei ältesten Fabier wirklich Brüder gewesen seien, ist denkbar, doch nicht außer Zweifel. Hier wurde nun die befremdende Fiktion, daß den drei Söhnen nur ein Enkel entsprach, leicht gemacht durch die Überlieferung vom Untergange des ganzen Geschlechts am Cremera und vom Übrigbleiben eines einzigen Knaben. Q. Vibulanus, in den Fasten 287 = 467 bis 295 = 459 verzeichnet (Nr. 165), wird als der zweite Stammvater hingestellt und als Vater von M. Q. N. Fabii Vibulani, die 312 = 442 bis 347 = 407 Consuln und Consulartribune waren (Nr. 162. 163. 166). Um dies mit den Fasten in Einklang zu bringen, waren bereits gewaltsamere Mittel notwendig. Der Mann, der 277 = 477 noch ein unmündiges Kind war, soll zehn Jahre später und ein Sohn von ihm schon 35 Jahre später das Consulat bekleidet haben; dieser Sohn selbst gelangt um 20 Jahre früher zu der Würde, als seine beiden angeblichen Brüder; ein Consulat, das sich mit der Vorstellung vom Untergange des ganzen Geschlechts nicht vertrug, wurde überhaupt beseitigt (vgl. Nr. 161). Die Schwierigkeiten häufen sich noch mehr bei den drei angeblichen Brüdern der dritten Generation. Drei Brüder sollen die Schuld an der gallischen Katastrophe tragen und in dem verhängnisvollen J. 364 = 390 Consulartribunen gewesen [1751] sein; Liv. V 35, 5 führt sie bei ihrem ersten Auftreten ein als M. Fabii Ambusti filii. Die Fasten vor der gallischen Katastrophe kennen zwei Fabii Ambusti, Num. Tribun 348 = 406 und K. Tribun 350 = 404 bis 359 = 395 (Nr. 45 und 42), und die Fasten nach der gallischen Katastrophe kennen zur Zeit der Licinischen Gesetze zwei Vettern M. Fabii Ambusti, Enkel eines M., von denen der ältere K. f., der jüngere N. f ist (Nr. 43 und 44). Diese Angaben lassen sich untereinander wohl vereinigen, aber weder mit der Tradition über die Vibulani, noch mit der über die Geschichte des J. 364 = 390. M. Ambustus, auf den als ersten Träger dieses Beinamens alle erwähnten Angaben hinführen, fehlt in den Fasten; der einzige Ausweg ist, ihn mit dem M. Vibulanus der zweiten Brüdergeneration gleichzusetzen, und diesem die beiden Cognomina zuzuweisen (so Mommsen R. Forsch. II 259). Auch bei Liv. IV 52, 1 wird einmal einer aus jener zweiten Brüderreihe der Vibulani entgegen der sonstigen Tradition Ambustus genannt, aber nicht etwa M., sondern Q. So bleibt die Unterbringung des ersten Ambustus unter den Nachkommen des einzigen Überlebenden vom Cremera recht bedenklich. In der konventionellen Tradition über das J. 364 = 390 spielt die Hauptrolle Q. Ambustus (Nr. 48), aber dieser steht im Grunde ganz für sich da: seine Brüder könnten nur die bereits genannten Num. und K. sein; sie sind ihm in der Ämterlaufbahn um anderthalb Jahrzehnte voraus, treten aber doch ganz hinter ihm zurück; sie pflanzen das Geschlecht fort, während Nachkommen des Q. nicht nachweisbar sind, obgleich sein Praenomen das beliebteste der späteren Fabier ist. Also erweist sich uns von dieser Seite her die ganze Tradition über die drei Brüder von 364 = 390 als unhaltbar. Die Tatsachen, die aus den Fasten zu entnehmen sind, stehen mit ihr in Widerspruch; das Fabische Geschlecht war in jener Zeit weit verzweigter, die Zahl der Mitglieder war größer, der genealogische Zusammenhang zwischen ihnen lockerer, als man in alter und neuer Zeit gewöhnlich meinte. Auch die Erzählungen von der Einführung des Vornamens Num. bei den Fabiern (vgl. Nr. 27) und von dem frommen C. Fabius Dorso (vgl. Nr. 68), auch die doppelte Überlieferung über das Praenomen des Consulartribunen von 350 = 404 (vgl. Nr. 39) sind Beweise dafür. Es ist unter solchen Umständen nicht möglich, einen Stammbaum der Fabier für das 1. Jhdt. der Republik aufzustellen; nur bei einigen der Ambusti läßt sich die genealogische Verknüpfung annehmen (vgl. Nr. 100ff.). Noch einmal erscheinen dann unter ihnen drei Brüder, die Bedenken erregen: Dem ersten Fabius Maximus, dem Q. Rullianus Nr. 114 wird einmal ein Bruder C. Ambustus und einmal ein Bruder K. zur Seite gestellt; beide sind ungeschichtlich, so daß hier, umgekehrt wie früher, die Zahl der Fabier durch Erfindung nicht vermindert, sondern vermehrt worden ist.