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Walther Kabel: Übertrumpft. In: Die Burg, 2. Jahrgang, S. 216–217

Übertrumpft. Von W. Kabel.

Unter den Generalen der Freiheitskriege gab es so manche Originale. Wegen ihrer herzerfrischenden Grobheit waren die Brigadekommandeure v. Horn und Hünerbein, die zum Yorckschen Korps gehörten, geradezu berüchtigt. Man nannte sie allgemein nur die beiden „Grobsäcke“.

Am Tage der Schlacht von Möckern ließ Blücher das Korps Yorck gegen die Stellung des Marschalls Marmont vorgehen, wobei die Brigaden v. Horn und Hünerbein den Auftrag erhielten, den Feind in der linken Flanke zu bedrängen. Nebeneinander in etwa 11/2 Kilometer Abstand rückten die beiden Brigaden vor, an deren Spitzen wie immer die „Grobsäcke“ mit ihren Adjutanten ritten. Plötzlich bemerkte Horn, daß Hünerbein die Marschrichtung änderte und einen weiten Bogen machte.

Sofort schickte er einen Ordonnanzoffizier zu ihm und ließ nach der Ursache dieser Bewegungsänderung fragen. Der junge Offizier sprengte in voller Karriere davon und parierte erst so dicht vor Hünerbein sein Pferd, daß dieser mit einer Ladung Sand und Staub überschüttet wurde.

„Herr General von Horn lassen um geneigte Auskunft über die Gründe zu dero Bewegung ergebenst ersuchen“, meldete der Ordonnanzoffizier.

„Hören Sie mal, geehrter Herr Staubmacher“, entgegnete Hünerbein kopfschüttelnd, „so hat der nicht gesagt! Dazu kenne ich den alten Horn viel zu gut. Sie sollten aber auch schon wissen, daß Befehle wörtlich zu wiederholen sind, Herr …!!“

Der Offizier zögerte etwas.

„Zu Befehl … Ich wollte den Herrn General schonen“, erwiderte er schließlich.

Hünerbeins Gesicht nahm eine bedrohliche Färbung an.

„Heraus mit der Sprache, Herr!“ donnerte er. „Hier auf dem Schlachtfelde drechselt man keine Redensarten!“

Daraufhin richtete sich der Offizier stramm auf und wiederholte wirklich wörtlich den Auftrag seines Brigadekommandeurs:

„Reiten Sie mal hin und fragen Sie, warum das alte Hünerbein wie ein Hahn auf dem Misthofe hin- und herspaziert.“

Hünerbein lachte jetzt aus vollem Halse.

„So ist’s brav, Herr Staubmacher. Immer hübsch bei der Wahrheit bleiben! Und nun kehren Sie um und bestellen Sie wörtlich folgendes: …“

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Übertrumpft. In: Die Burg, 2. Jahrgang, S. 216–217. Verlag der Paulinus Druckerei, Trier 1914, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cbertrumpft.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)