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Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1

glotzte ihm in die Augen, feurige Stacheln wühlten sich in sein Gebein, der Brand der Hölle schlug über ihn zusammen, bis der Tod ihn streckte.

So war die Spinne bald nirgends, bald hier, bald dort, bald im Thale unten, bald auf den Bergen oben; sie zischte durchs Gras, sie fiel von der Decke, sie tauchte aus dem Boden auf. Am hellen Mittage, wenn die Leute um ihr Habermuß saßen, erschien sie glotzend unten am Tisch, und ehe die Menschen vom Schrecken auseinander gesprengt, war sie allen über die Hände gelaufen, saß oben am Tisch auf des Hausvaters Haupte, und glotzte über den Tisch, über die schwarz werdenden Hände weg. Sie fiel des Nachts den Leuten ins Gesicht, begegnete ihnen im Walde, suchte sie heim im Stalle. Die Menschen konnten sie nicht meiden, sie war nirgends und allenthalben, konnten im Wachen vor ihr sich nicht schützen, waren schlafend vor ihr nicht sicher. Wenn sie am sichersten sich wähnten unterem freien Himmel, auf eines Baumes Gipfel, so kroch Feuer ihnen den Rücken auf, der Spinne feurige Füße fühlten sie im Nacken, sie glotzte ihnen über die Achsel. Das Kind in der Wiege, den Greis auf dem Sterbebette schonte sie nicht; es war ein Sterbet, wie man noch von keinem wußte, und das Sterben daran war schrecklicher, als man es je erfahren; und schrecklicher noch als das Sterben war die namenlose Angst vor der Spinne, die allenthalben war und nirgends, die, wenn man am sichersten sich wähnte, einem todtbringend plötzlich in die Augen glotzte.

Die Kunde von diesen Schrecken war natürlich alsobald ins Schloß gedrungen, und hatte auch dorthin Schreck und Streit gebracht, so weit er bei den Regeln des Ordens stattfinden konnte. Dem von Stoffeln

Empfohlene Zitierweise:
Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. In: Bilder und Sagen aus der Schweiz, Band 1. Jent & Gaßmann, Solothurn 1842, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder_und_Sagen_aus_der_Schweiz_I.pdf/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)