Seite:Bousset-S380.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hae sunt decem tribus. Vgl. auch IV Esra 2,42f.: ego Ezra vidi in monte Sion turbam magnam, quam numerare non potui, et omnes canticis conlaudabant Dominum, et in medio eorum erat juvenis statura celsus, eminentior omnibus illis et singulis eorum capitibus inponebat coronas. — Der Apok. hat hier nach den beigebrachten Parallelen offenbar ein älteres Bild eingearbeitet. Wahrscheinlich versteht er übrigens unter dem Zion das irdische, nicht das himmlische Jerusalem, da er dieses letztere erst ganz am Ende der Weissagung als eine neue Erscheinung einführt. Ferner entsteht die Frage, wer die 144000 hier sein sollen, und wie sich diese zu den 7,4ff. erwähnten verhalten. Und daraus läßt sich antworten, daß der Apok. jedenfalls andre 144000 verstanden haben will, was schon aus dem Fehlen des Artikels, dann aber aus der folgenden ausdrücklichen Charakteristik hervorgeht. Mit einiger Wahrscheinlichkeit aber läßt sich auch behaupten, daß ursprünglich die hier erwähnten und vom Apok. herübergenommenen 144000 dieselben sind wie die 7,4 erwähnten, also die in der letzten Zeit der Not bewahrt gebliebenen Juden (resp. Judenchristen), daß also die kleinen Fragmente 7,1ff. und 14,1ff. einmal zusammengehört haben müssen. Die 144000 erscheinen hier im Gegensatz zu den Tieranbetern versiegelt mit dem Namen des Lammes und des Vaters. Über die Bedeutung der Versiegelung s. o. zu 13,16. Die Geretteten erscheinen hier als Stigmatisierte Gottes. Deutlich zeigen sich auch hier höchst ursprüngliche religiöse Anschauungen, die auf den niedersten Stufen menschlichen religiösen Lebens lebendig waren und sich in der apokalyptischen Sprache gleichsam versteinert erhalten haben. — In dem allerdings gezwungenen Doppelausdruck: „sein Name und der Name seines Vaters“ sieht Sp. eine Überarbeitung und schlägt statt dessen nach 7,2 als ursprünglich vor: τὸ ὄνομα τοῦ θεοῦ ζῶντος. Wenn zwischen 7,1ff. und 14,1 ein quellenmäßiger Zusammenhang vorliegt, eine nicht unwahrscheinliche Vermutung. Der Apok. letzter Hand hätte dann hier überarbeitet.

14,2. καὶ ἤκουσα φωνὴν ἐκ τοῦ οὐρανοῦ (10,4.8) ὡς φωνὴν ὑδάτων πολλῶν (1,15) καὶ ὡς φωνὴν βροντῆς μεγάλης (19,1), καὶ ἡ φωνὴ, ἣν ἤκουσα, ὡς κιθαρωδῶν κιθαριζόντων ἐν ταῖς κιθάραις αὐτῶν. Es ist nicht ganz klar, wen der Apok. hier als die Sänger gedacht hat, die Engelchöre oder die 144000. Wenn freilich im vorhergehenden Vers das irdische Zion gemeint war, so ist nur die erstere Erklärung möglich.

14,3. καὶ ᾄδουσιν ὡς[1] (s. o. S. 127f.) ᾠδὴν καινὴν (5,9) ἐνώπιον τοῦ θρόνου καὶ ἐνώπιον τῶν τεσσάρων ζῴων καὶ τῶν πρεσβυτέρων. Es sind die vorher erwähnten Stimmen, welche etwas wie ein neues Lied singen. Bemerkenswert ist, daß der Apok. hier ganz unbefangen zu der in Kap. 4 entworfenen Szenerie zurückkehrt, als wäre inzwischen nichts Vorgefallen. καὶ οὐδεὶς ἐδύνατο μαθεῖν τὴν ᾠδὴν, εἰ μὴ αἱ ἑκατὸν τεσσεράκοντα τέσσαρες χιλιάδες οἱ (s. o. S. 161) ἠγορασμένοι ἀπὸ τῆς γῆς (5,9). Die 144000 sind allein imstande, den


  1. AC An.¹² 95 vg. s¹; > ως ℵPQ Rel. c s² a ae. g sa. Pr. Or. (s. o. S. 248 A. 4).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S380.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)