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l'occasion d'observer les amours des limaçons, ne saurait mettre en doute la séduction déployée dans les mouvements et les allures qui préparent et accomplissent le double embrassement de ces hermaphrodites“. Es scheinen diese Thiere eines geringen Grades dauernder Anhänglichkeit fähig zu sein. Ein sorgfältiger Beobachter, Mr. Lonsdale, theilt mir mit, dass er einmal ein Paar Landschnecken (Helix pomatia), von denen die eine schwächlich war, in einen kleinen und schlecht versorgten Garten gethan habe. Nach einer kurzen Zeit war das kräftige und gesunde Individuum verschwunden und konnte nach der schleimigen Spur, die es hinterlassen hatte, über die Mauer in einen benachbarten gut versorgten Garten verfolgt werden. Mr. Lonsdale folgerte daraus, dass es seinen kränklichen Genossen verlassen habe; aber nach einer Abwesenheit von vierundwanzig Stunden kehrte es zurück und theilte offenbar das Resultat seiner erfolgreichen Entdeckungsreise seinem Gefährten mit, denn beide machten sich nun auf denselben Weg und verschwanden über die Mauer.

Selbst in der höchsten Classe der Mollusken, der der Cephalopoden oder der Tintenfische, bei welchen die Geschlechter getrennt sind, kommen secundäre Sexualcharactere von der Art, welche wir hier betrachten, so viel ich sehen kann, nicht vor. Dieser Umstand überrascht wohl allerdings, da diese Thiere hoch entwickelte Sinnesorgane besitzen und auch beträchtlich ausgebildete geistige Kräfte haben, wie alle die zugeben werden, welche die kunstvollen Bestrebungen dieser Thiere, ihren Feinden zu entgehen, beobachtet haben.[1] Gewisse Cephalopoden sind indessen durch ein ausserordentliches Geschlechtsmerkmal characterisirt: das männliche Sexualelement wird nämlich bei diesen in einem der Arme oder Tentakeln angesammelt, welcher dann abgeworfen wird und, sich mit seinen Saugnäpfen an den Weibchen festhaltend, eine Zeit lang ein selbständiges Leben führt. Dieser abgeworfene Arm ist einem besondern Thiere so vollständig ähnlich, dass er von Cuvier als parasitischer Wurm, Hectocotylus, beschrieben wurde. Diese wunderbare Bildung dürfte aber eher als ein primärer denn als ein secundärer Geschlechtscharacter bezeichnet werden.

Obgleich nun bei den Mollusken geschlechtliche Zuchtwahl nicht in's Spiel gekommen zu sein scheint, so sind doch viele einschalige Schnecken und zweischalige Muscheln, wie Voluten, Conus, Pilgrimmuscheln


  1. s. z. B. den Bericht, welchen ich in meinem Journal of Researches, 1845, p. 7 gegeben habe.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/359&oldid=- (Version vom 31.7.2018)