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Theilen ihres Körpers gelegene Drüsen und ausstülpbare Taschen; man glaubt, dass sie einen Geruch von sich geben.

Die scharfe Aussonderung des Ziegenbocks ist wohlbekannt und die gewisser männlicher Hirsche ist wunderbar stark und persistent. An den Ufern des La Plata habe ich die ganze Luft mit dem Geruche des männlichen Cervus campestris bis in eine Entfernung von einer halben Meile windabwärts von einer Heerde durchzogen gefunden, und ein seidenes Taschentuch, in welchem ich eine Haut nach Hause trug, behielt, trotzdem es wiederholt benutzt und gewaschen worden war, wenn es zuerst entfaltet wurde, Spuren des Geruches noch ein Jahr und sieben Monate lang. Dieses Thier gibt den starken Geruch nicht eher von sich, als bis es über ein Jahr alt ist, und wenn es jung castrirt wird, sondert es denselben niemals ab.[1] Ausser dem allgemeinen Geruche, mit welchem der ganze Körper gewisser Wiederkäuer während der Paarungszeit durchdrungen zu sein scheint (so z. B. Bos moschatus), besitzen viele Hirsche, Antilopen, Schafe und Ziegen riechbare Stoffe absondernde Drüsen an verschiedenen Stellen, besonders an dem Gesichte. Die sogenannten Thränensäcke oder Suborbitalgruben fallen unter diese Kategorie. Diese Drüsen sondern eine halbflüssige stinkende Substanz ab, welche zuweilen so reichlich ist, dass sie das ganze Gesicht tränkt, wie ich es bei einer Antilope gesehen habe. Sie sind „gewöhnlich beim Männchen grösser als beim Weibchen und ihre Entwickelung wird durch die Castration gehemmt“.[2] Desmarest zufolge fehlen sie beim Weibchen von Antilope subgutturosa vollständig. Es kann daher kein Zweifel sein, dass sie in irgend einer Beziehung zu den reproductiven Functionen stehen. Sie sind auch bei nahe verwandten Formen zuweilen vorhanden und zuweilen fehlen sie. Bei dem erwachsenen männlichen Moschusthiere (Moschus moschiferus) ist ein nackter Raum rund um den Schwanz von einer riechenden Flüssigkeit angefeuchtet, während bei dem erwachsenen Weibchen und beim Männchen ehe es zwei Jahre alt wird dieser Raum mit Haaren bedeckt und nicht riechend ist. Der eigentliche Moschusbeutel ist seiner Lage nach nothwendig auf das Männchen beschränkt


  1. Rengger, Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay, 1830, S. 355. Dieser Beobachter theilt auch einige merkwürdige Eigenthümlichkeiten in Bezug auf den entwickelten Geruch mit.
  2. Owen, Anatomy of Vertebrates, Vol. III, p. 632. s. auch Dr. Murie’s Beobachtungen über diese Drüse, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1870, p. 340. Desmarest: über die Antilope subgutturosa in seiner Mammalogie, 1820, p. 455.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/274&oldid=- (Version vom 31.7.2018)