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bestehend, eingefasst mit Lapislazuli, Rubinen, Saphirn, Smaragden und Amethysten, können wir mit vieler Wahrscheinlichkeit dieser Annahme folgen; denn wir haben gesehen, dass die Geschlechter wenigstens bei einer Species bedeutend in der Färbung von einander abweichen. Bei einigen Fischen könnten wohl, wie bei vielen der niedrigsten Thiere, glänzende Farben das directe Resultat der Natur ihrer Gewebe und der Wirkung der umgebenden Bedingungen sein ohne irgendwelche Hülfe einer Zuchtwahl. Vielleicht ist der Goldfisch (Cyprinus auratus), wenigstens nach der Analogie der Goldvarietät des gemeinen Karpfens zu urtheilen, ein hier einschlagender Fall, da er seine glänzenden Farben einer einzigen, in Folge der Bedingungen, welchen dieser Fisch im Zustande der Gefangenschaft unterworfen ist, plötzlich auftretenden Abänderung verdanken dürfte. Es ist indessen wahrscheinlicher, dass diese Farben durch künstliche Zuchtwahl intensiver geworden sind, da diese Species in China seit einer sehr entlegenen Zeit schon sorgfältig gezüchtet worden ist.[1] Unter natürlichen Verhältnissen scheint es nicht wahrscheinlich, dass so hoch organisirte Wesen wie Fische, und welche unter so complicirten Bedingungen leben, brillant gefärbt werden sollten, ohne aus einer so bedeutenden Veränderung irgend einen Nachtheil oder einen Vortheil zu erlangen, folglich also auch ohne das Dazwischentreten natürlicher Zuchtwahl.

Was müssen wir denn nun in Bezug auf die vielen Fische, bei welchen beide Geschlechter gleich gefärbt sind, daraus folgern? Mr. Wallace[2] glaubt, dass die Species, welche Riffe bewohnen, wo Corallen und andere glänzend gefärbte Organismen in grosser Zahl leben, glänzend gefärbt sind, damit sie der Entdeckung seitens ihrer Feinde entgehen; aber meiner Erinnerung zufolge würden sie hierdurch nur


  1. Veranlasst durch einige Bemerkungen über diesen Gegenstand in meinem Buche „Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication" hat Mr. W. F. Mayers (Chinese Notes and Queries, Aug. 1868, p. 123) die alten chinesischen Encyklopädien durchsucht. Er findet, dass Goldfische zuerst unter der Sung-Dynastie, welche um das Jahr 900 unserer Zeitrechnung herrschte, in Gefangenschaft gezüchtet wurden. Im Jahre 1129 waren diese Fische zehr zahlreich. An einem andern Orte wird erzählt, dass seit dem Jahre 1548 „in Hangchow eine Varietät producirt wurde, welche wegen ihrer intensiv rothen Farbe der Feuer-Fisch genannt wurde. Sie wird ganz allgemein bewundert, und es gibt keinen Hausstand, wo sie nicht cultivirt würde, theils in Folge des Wetteifers in Bezug auf ihre Farbe, theils als Quelle von Einnahmen".
  2. Westminster Review. July, 1867, p. 7.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)