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Stirn eine Zeichnung, welche man mit der Figur eines Hufeisens verglichen hat; streng genommen bilden aber diese Furchen die drei Seiten eines Vierecks. An der Stirn erwachsener oder nahezu erwachsener Personen sind dieselben häufig ganz deutlich, wenn die Augenbrauen in der geschilderten Weise schräg gestellt werden; bei kleinen Kindern aber sind sie in Folge des Umstandes, daß sich ihre Haut nicht leicht faltet, nur selten zu sehen oder es lassen sich bloße Spuren derselben nachweisen.

Diese eigentümlichen Furchen sind am besten in Figur 3 Tafel II. auf der Stirn einer jungen Dame dargestellt, welche in einem ganz ungewöhnlichen Grade das Vermögen besitzt, willkürlich auf die erforderlichen Muskeln einzuwirken. Da dieselbe, während sie photographirt wurde, ganz von dem Versuche absorbirt war, so war ihr Gesichtsausdruck durchaus nicht der des Kummers; ich habe daher allein die Abbildung der Stirn gegeben. Fig. 1 auf derselben Tafel, nach Duchenne's Werk[1] copirt, stellt in einem verkleinerten Maßstabe das Gesicht in seinem natürlichen Zustande von einem jungen Manne dar, der ein guter Schauspieler ist. In Fig. 2 ist er abgebildet, wenn er Kummer ausdrückt; wie aber schon vorher bemerkt wurde, sind hier die beiden Augenbrauen nicht in gleichmäßiger Art beeinflußt worden. Daß der Gesichtsausdruck ein richtiger ist, kann man aus der Thatsache schließen, daß von fünfzehn Personen, denen die Originalphotographie gezeigt wurde, ohne irgend einen Schlüssel zu dem, was mit dem Vorlegen des Bildes beabsichtigt wurde, vierzehn sofort antworteten: „verzweifelnder Kummer“, „leidendes Erdulden“, „Melancholie“ u. s. w. Die Geschichte der Fig. 5 ist einigermaßen merkwürdig. Ich sah die Photographie in dem Schaufenster eines Ladens und brachte sie zu Mr. Rejlander, um ausfindig zu machen, von wem sie gemacht worden sei, wobei ich gegen ihn bemerkte, wie pathetisch der Ausdruck sei. Er antwortete: „Ich habe sie gemacht, und der Ausdruck konnte wohl schon pathetisch sein, denn ein paar Minuten später brach der Junge in Weinen aus.“ Er zeigte mir dann eine Photographie desselben


  1. Ich bin Dr. Duchenne sehr für die Erlaubnis verbunden, diese beiden Photographien (Fig. 1 und 2) durch den Proceß der Heliotypie aus seinem Foliowerke reproduciren zu lassen. Viele der vorstehenden Bemerkungen über das Falten der Haut, wenn die Augenbrauen schräg gestellt werden, sind seiner ausgezeichneten Erörterung über diesen Gegenstand entnommen.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/175&oldid=- (Version vom 31.7.2018)