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Wie ich von Mr. Weir höre, richten auch kleine Vögel, wie verschiedene Finken, Meisen und Grasmücken, wenn sie zornig sind, alle ihre Federn auf oder nur diejenigen um den Hals; oder sie breiten ihre Flügeln oder Schwanzfedern aus. Mit dem Gefieder in diesem Zustande und mit drohenden Geberden fahren sie, den Mund weit geöffnet, auf einander los. Aus seiner reichen Erfahrung zieht Mr. Weir den Schluß, daß das Aufrichten der Federn viel mehr durch den Zorn als durch Furcht verursacht wird. Als Beispiel führt er einen Bastard-Goldfinken von sehr zorniger Disposition an, welcher, wenn sich ihm der Diener zu sehr näherte, im Augenblicke die Erscheinung einer Kugel von Federn annahm. Er glaubt, daß, wenn Vögel erschreckt werden, sie der allgemeinen Regel nach ihre sämmtlichen Federn dicht andrücken; die hierdurch eintretende Verminderung ihrer Größe ist häufig staunenerregend. Sobald sie sich von der Furcht oder der Überraschung erholen, ist das erste, was sie vornehmen, ihre Federn aufzuschütteln. Die besten Beispiele von diesem Andrücken der Federn, welche Mr. Weir beobachtet hat, bieten die Wachtel und der Wellenpapagey dar.[1] Eine solche Handlungsweise ist bei diesen Vögeln daraus verständlich, daß sie gewöhnt sind, in Gefahr sich entweder platt auf den Boden zu ducken oder bewegungslos auf einem Zweige zu sitzen, um der Entdeckung zu entgehen. Obgleich bei Vögeln Zorn die hauptsächlichste und häufigste Ursache des Aufrichtens der Federn sein mag, so ist es doch wahrscheinlich, daß junge Kuckucke, wenn sie im Neste angesehen werden, und eine Henne mit ihren Küchlein, der sich ein Hund nähert, wenigstens einen geringen Schrecken fühlen. Mr. Tegetmeier theilt mir mit, daß bei Kampfhähnen das Aufrichten der Federn auf dem Kopfe schon seit langer Zeit auf den Kampfplätzen als ein Zeichen der Feigheit erkannt worden ist.

Die Männchen einiger Eidechsen breiten, wenn sie während der Brunstzeit mit einander kämpfen, ihre Kehlsäcke oder Krausen aus und richten ihre Rückenkämme in die Höhe.[2] Dr. Günther glaubt aber nicht, daß sie die einzelnen Dornen oder Schuppen aufrichten können.


  1. Melopsittacus undulatus s. eine Schilderung seiner Lebensweise bei Gould, Handbook of Birds of Australia. 1865, Vol. II, p. 82.
  2. s. z. B. die Schilderung, welche ich von einer Anolis und dem Draco gegeben habe (Abstammung des Menschen, 3. Aufl., Bd. II. S. 29, 30, 31).
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/97&oldid=- (Version vom 31.7.2018)