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Wasser schwimmt; und bei diesem Fische sind, wie man sagt, die beiden Seiten des Kopfes etwas unähnlich. Unsere große Autorität in Fischen, Dr. Günther, beschließt seinen Auszug aus Malm’s Aufsatz mit der Bemerkung, daß „der Verfasser eine sehr einfache Erklärung des abnormen Zustandes der Pleuronectiden gibt.“

Wir sehen hieraus, daß die ersten Stufen des Hinüberwanderns des Auges von der einen Seite des Kopfes zur andern, von denen Mr. Mivart meint, daß sie schädlich sein dürften, der ohne Zweifel für das Individuum wie für die Species wohlthätigen Angewöhnung zugeschrieben werden können, zu versuchen mit beiden Augen nach oben zu sehen, während der Fisch mit der einen Seite am Boden liegt. Wir können auch den vererbten Wirkungen des Gebrauchs die Thatsache zuschreiben, daß bei mehreren Arten von Plattfischen der Mund nach der untern Fläche gebogen ist, wobei die Kieferknochen auf diesen, der augenlosen Seite des Kopfes stärker und wirkungskräftiger sind, als auf der andern, damit, wie Dr. Traquair vermuthet, der Fisch mit Leichtigkeit am Boden Nahrung aufnehmen könne. Auf der andern Seite wird Nichtgebrauch den geringer entwickelten Zustand der ganzen untern Hälfte des Körpers, mit Einschluß der paarigen Flossen, erklären; freilich glaubt Yarrell, daß die reducirte Größe dieser Flossen für den Fisch vortheilhaft sei, da „so viel weniger Platz für ihre Thätigkeit vorhanden ist, als für die größeren oberen Flossen.“ Vielleicht kann die geringere Zahl von Zähnen in der oberen Kieferhälfte, nämlich vier bis sieben gegen fünfundzwanzig bis dreißig in der untern bei der Scholle gleichfalls durch Nichtgebrauch erklärt werden. Aus dem farblosen Zustande der Bauchfläche der meisten Fische und vieler andern Thiere können wir wohl vernünftigerweise schließen, daß das Fehlen der Farbe an derjenigen Seite, mag dies die rechte oder die linke sein, welche nach unten liegt, Folge des Ausschlusses des Lichtes ist. Man kann aber nicht annehmen, daß das eigenthümlich gefleckte Ansehen der oberen Seite der Seezunge, welches dem sandigen Grunde des Meeres so sehr ähnlich ist, oder das einigen Species eigene Vermögen, ihre Farbe, wie neuerdings Pouchet gezeigt hat, in Übereinstimmung mit der umgebenden Fläche zu verändern, oder die Anwesenheit von knöchernen Höckern an der obern Seite des Steinbutts Folge der Einwirkung des Lichtes sind. Hier ist wahrscheinlich natürliche Zuchtwahl in’s Spiel gekommen, ebenso wie beim Anpassen der allgemeinen Körpergestalt dieser Fische und vieler

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/274&oldid=- (Version vom 31.7.2018)