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ihrer eigenen befruchtet werden können, trotzdem dieser Pollen durch Befruchtung anderer Pflanzen oder Arten als vollkommen gesund nachgewiesen werden kann. Bei der Gattung Hippeastrum, bei Corydalis, wie Professor Hildebrand gezeigt hat, bei verschiedenen Orchideen, wie Scott und Fritz Müller gezeigt haben, finden sich alle Individuen in diesem merkwürdigen Zustande. So können bei einigen Arten gewisse abnorme Individuen und bei andern Species alle Individuen wirklich viel leichter verbastardirt, als durch den Pollen derselben individuellen Pflanze befruchtet werden! Um ein Beispiel anzuführen: eine Zwiebel von Hippeastrum aulicum brachte vier Blumen; drei davon wurden von Herbert mit ihrem eigenen Pollen und die vierte hierauf mit dem Pollen einer complicirten aus drei andern verschiedenen Arten gezüchteten Bastardform befruchtet; das Resultat war, „daß die Ovarien der drei ersten Blüthen bald zu wachsen aufhörten und nach einigen Tagen gänzlich eingiengen, während das Ovarium der mit dem Bastardpollen befruchteten Blüthe rasch zunahm und reife und gute Samen lieferte, welche kräftig gediehen.“ Herbert wiederholte ähnliche Versuche mehrere Jahre hindurch und immer mit demselben Resultate. Diese Fälle dienen dazu zu zeigen, von was für geringen und geheimnisvollen Ursachen die größere oder geringere Fruchtbarkeit der Arten zuweilen abhängt.

Die practischen Versuche der Blumenzüchter, wenn auch nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit ausgeführt, verdienen gleichfalls einige Beachtung. Es ist bekannt, in welch’ verwickelter Weise die Arten von Pelargonium, Fuchsia, Calceolaria, Petunia, Rhododendron u. a. gekreuzt worden sind, und doch setzen viele dieser Bastarde reichlich Samen an. So versichert Herbert, daß ein Bastard von Calceolaria integrifolia und C. plantaginea, zweier in ihrem allgemeinen Habitus sehr unähnlichen Arten, „sich selbst so vollkommen aus Samen verjüngte, als ob er einer natürlichen Species aus den Bergen Chile’s angehört hätte.“ Ich habe mir einige Mühe gegeben, den Grad der Fruchtbarkeit bei einigen durch mehrseitige Kreuzung erzielten Rhododendron’s kennen zu lernen, und die Gewißheit erlangt, daß mehrere derselben vollkommen fruchtbar sind. Herr C. Noble z. B. berichtet mir, daß er zur Gewinnung von Propfreisern Stöcke eines Bastardes von Rhododendron Ponticum und Rh. Catawbiense erzieht, und daß dieser Bastard „so reichlichen Samen ansetzt, als man sich nur denken kann.“ Nähme bei richtiger Behandlung die Fruchtbarkeit

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/341&oldid=- (Version vom 31.7.2018)