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Die Verkleidete stampfte sehr temperamentvoll mit dem Fuße auf.

„Ich bin nicht Bessie Flepp!“ rief sie, immer noch die Stimme verstellend. „Ich bin der Besitzer der Mohalla, bin James Goorb!“

„Angenehm!“ meinte Harst mit ironischer Verbeugung. „Also James Goorb! Ganz interessant, die Geschichte wird immer verzwickter. Daß noch eine zweite Frau hier mit im Spiel ist, macht die Sache weit komplizierter. Auf den Vornamen James haben Sie jedenfalls keinen Anspruch, Miß oder Mistreß Goorb. James müßte ein Mann sein, und Sie sind kein Mann.“

Die Verkleidete sprang auf und legte auf Harst an.

„Sie sind verrückt! Noch niemand hat –“ – Sie schwieg plötzlich.

Eine der vier Türen des Salons war aufgerissen worden. Der Matrose Brigham steckte den Kopf herein.

„Master Goorb – einen Augenblick!“

Die maskierte Frau winkte ihm. Sie behielt uns scharf im Auge, während sie mit Brigham nun erregt flüsterte. Dann gab sie Brigham die Pistole und ging eilends hinaus. Der Matrose setzte sich in denselben Sessel. Sein pockennarbiges Gesicht suchte zuerst eine höhnisch-triumphierende Miene anzunehmen. Aber unter Harsts dringendem Blick wurde Brigham immer unruhiger.

„Brigham, das kostet verschiedene Jahre Zuchthaus,“ sagte Harald dann sehr langsam. „Sorgen Sie dafür, daß wir nachher in eine Kabine gebracht werden, in der man uns nur so bewacht, wie es Gentlemen zukommt. Ich werde dann später für Sie ein gutes Wort einlegen.“

Der alte Matrose probierte ein ironisches Auflachen. Aber es geriet ihm nicht. Sein Gesicht wurde zur Fratze, aus der man als stärkste Seelenempfindung Angst herauslesen konnte. Er schaute zu Boden.

Es wäre ein leichtes gewesen, ihn zu überrumpeln. Aber Harst verfolgte offenbar andere Absichten.

Gleich darauf trat James Goorb wieder ein. Abermals flüsterte diese verkleidete Frau, die unmöglich alt sein konnte, mit Brigham ebenso leise wie vertraulich. Der Matrose schien ihr einen Vorschlag zu machen. Sie sträubte sich erst. Dann nickte sie widerwillig, gab Brigham die andere Clementpistole,

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Walther Kabel: Der Piratenschoner. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Piratenschoner.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)