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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


995 der auch Heinrich hieß, und wies ihn folgendermaßen an: „Geh schnell heim und ordne die Landesregierung, und widersetze dich nie deinem Herrn und König. Denn ich fühle tiefe Reue, dies jemals gethan zu haben. Vergiß nicht deines Vaters, den du in diesem Leben nicht mehr wiedersehen wirst.“ Als der Sohn darauf abgereist war, ging der ruhmgekrönte Herzog, der während seiner Krankheit fortwährend aus der Tiefe seines Herzens Kyrie eleison [Herr, erbarme dich mein!] rief, am 28. August zum ewigen Leben ein. Seine Leiche aber ward daselbst mitten in der Kirche vor dem Altare des heiligen Kreuzes bestattet. Als dies der Sohn erfuhr, erlangte er nach der Wahl und mit Hülfe der Baiern des Vaters Lehen vom Könige. In demselben Jahre starben Pfalzgraf Thiedrich und dessen Bruder Sibert.


14. Zur selben Zeit[1] nahm mein Vetter, Markgraf Heinrich [von Schweinfurt], den Ewerker, einen trefflichen, aber gar übermüthigen Ritter des Bischofs Bernward von Würzburg gefangen, und ließ ihn wegen gewisser Beleidigungen, die derselbe ihm zugefügt hatte, blenden, an einem Orte Namens Lindinlog. Als der König von dem Bischofe, der sich bitter darüber bei ihm beschwerte, diese Kunde erhielt, bestrafte er voll Unwillens den Markgrafen mit Verbannung; nachher aber begnadigte er ihn wieder und versöhnte ihn, indem er ihn zu einer angemessenen Genugthuung veranlaßte, wieder mit dem Bischofe. Der Bischof lud darauf Liupold, den Markgrafen der Ostlande, und dessen Neffen Heinrich auf die St. Kilians-Messe, welche am 8. Juli Statt findet, zu sich ein, und bewirthete beide sehr gastlich. Als nun Markgraf Liupold in der heiligen Nacht nach der Frühmesse mit seinen Rittern sich mit Kampfspielen erlustigte, traf ihn aus einem Loche hervor ein Freund des Geblendeten mit einem Pfeile, so daß er am 10. Juli, nachdem er gebeichtet, verschied, obwohl er an der erwähnten That, sowohl was die Ausführung, als was

  1. Vielmehr schon früher, denn der im Anschluß hieran berichtete Tod des Markgrafen Liupold fällt ins Jahr 994.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/126&oldid=- (Version vom 25.9.2023)