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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Laufbahn, sein Zelt, welches gar fein aussah, täglich dem kaiserlichen gegenüber aufzuschlagen und sein Schwert zu tragen, um daran zu prüfen, ob er sich mit Gewandtheit in den Hofdienst hineinfinden werde. Dies Geschäft übernahm er deshalb mit um so größerer Dankbarkeit, weil er so, indem er dem Kaiser auf einsamen Pfaden, wenn derselbe sich mit der Vogeljagd erlustigte, nachfolgte, ihn die lieblichsten Lieder um so leichter unbemerkt singen hören konnte.

Als nun der Kaiser zu Rom einzog, machte er den Jüngling, in den er nun schon nicht geringes Vertrauen setzte, zu seinem ordentlichen Schwertträger, indem er zu ihm sagte: „Während ich heute an der heiligen Schwelle der Apostel mein Gebet verrichten werde, halte du beständig das Schwert über meinem Haupte. Denn es ist mir wohlbekannt, daß meinen Vorfahren die Treue der Römer sich oft als verdächtig erwiesen hat, und ein verständiger Mann sieht Widerwärtiges, auch wenn es noch fern ist, im Geiste voraus, auf daß es ihn nicht unvorbereitet überrasche. Wenn wir dann zurückkommen, so bete so lange du willst am Freudenberge[1].“ Als Ansfrid aus Italien heimgekehrt war, erbaute er von seinem Erbgute die Abtei Torna[2], in der er mit Genehmigung des Papstes seine Tochter als Aebtissin und Mutter sehr vieler gottseligen Jungfrauen einsetzte, und die er zum Heile seiner Seele völlig dem heiligen Lambert überwies.

23. Weil ich nun dieser Dienerin des Allmächtigen erwähnt habe, so will ich nicht mit Stillschweigen übergehen, was der Herr zu meiner Zeit alles durch dieselbe gewirkt hat. Stets der Gastfreundschaft eingedenk, bewirthete sie Dürftige und Pilger so reichlich, daß sie eines Tages gar keinen Wein für sich und ihre Schwestern zur Pflege und zum Abendmahl übrig hatte. Als ihr das die Kellermeisterin meldete, sagte sie: „Sei nur ruhig und getrost, meine Liebe; Gottes Gnade wird uns genug verleihen

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/135&oldid=- (Version vom 24.9.2023)
  1. Mons gaudii, jetzt Monte Mario, wo Otto I. 962 lagerte.
  2. Thorn, franz. Turne, unweit des linken Ufers der Maas, unterhalb Mastricht.