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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/144

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1000 mit allen Ehren eingeholt wurde. Als er darauf das Gebiet der Milcini[1] durchzogen hatte, eilte ihm, sobald er an den Grenzen des Gaues Diedesisi[2] erschien, Bolizlav (er hieß nicht nach Verdienst, sondern nur der alten Wortbedeutung nach „mehr Ruhm“) mit vielen Freudensbezeugungen entgegen, indem er an einem Orte, Namens Ilua[3] seine Bewirthung angeordnet hatte. Wie herrlich nun Bolizlav den Kaiser aufnahm, und wie er ihn durch sein Land nach Gnesen hinführte, ist ganz unglaublich und unbeschreiblich. Als Otto die ersehnte Stadt von weitem erblickte, nahte er derselben als barfüßiger Pilger betend. Darauf empfing ihn voll Würde der dortige Bischof Unger, und führte ihn in die Kirche, wo er mit einem Strome von Thränen den heiligen Märtyrer anflehte, ihm durch seine Fürbitte bei Christo Gnade zu erwirken. Dann stiftete er daselbst unverzüglich ein Erzbisthum, und zwar, wie ich hoffe, auf gesetzliche Weise, wenngleich ohne Einwilligung des genannten Bischofs, dem jenes ganze Land untergeben ist, indem er dasselbe einem Bruder des Märtyrers, dem Radim, übertrug, dem er demnächst die Bischöfe Reinbern von Colberg, Poppo von Cracau, Johannes von Breslau, nicht aber den Bischof Unger von Posen unterordnete. Auch stiftete er dort einen Altar, in den er auf feierliche Weise heilige Reliquien hineinlegte. Als er dann alles vollendet hatte, wurden ihm vom Herzoge reiche Geschenke dargebracht; darunter befanden sich – was ihm am meisten gefiel – 300 geharnischte Krieger. Bei der Abreise gab ihm Bolizlav mit großer Pracht das Geleit bis Mrz. 24. Magadaburg, wo unter großem Zulauf des Volks Palmsonntag gefeiert wurde. Am Montage darauf aber ward der Erzbischof durch einen kaiserlichen Befehl angewiesen, sein früheres Bisthum wieder zu beziehen, worauf Gisiler es nur mit Mühe durch große Summen, die er an Vermittler spendete, bewirkte, daß ihm bis zu einer Versammlung in Quidilingaburg Aufschub gewährt wurde.

  1. Milcini oder Milcieni saßen zwischen der Elbe und den Sudeten.
  2. Diefer Gau liegt zwischen Oder, Bober und Katzbach.
  3. Eilau, Ort am Bober, wo die Grenze war.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/144&oldid=- (Version vom 25.9.2023)