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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Himmelsbraut? Denn schon kommt sie, ihren Lohn zu empfangen und in seliger Erwartung der ewigen Friedenswohnung.“ Sobald er erwachte, erzählte er es zuerst dem Waltherd, der damals noch Propst war, und da dieser bald nachher hörte, daß die ehrwürdige Matrone in derselben Nacht, worin dies Gesicht Statt fand, gestorben sei, so meldete er das seinem Vorgesetzten und sagte ihm, sein Gesicht sei in Erfüllung gegangen. Die Verstorbene, welche ihre guten Werke und Vorzüge verborgen hielt, indem nur ihr Gewissen darum wußte, war den andern Frauen heutiger Zeit sehr unähnlich; denn diese zeigen größtentheils, indem sie einzelne Theile ihres Körpers auf eine unanständige Weise entblößen, allen Liebhabern ganz offen, was an ihnen feil ist, und wandeln, obwohl das ein Gräuel vor Gott und eine Schande vor der Welt ist, ohne alle Scham allem Volke zur Schau einher. Es ist schlimm und höchst beklagenswerth, daß kein Sünder im Verborgenen bleiben will, sondern daß alle, den Guten zum Aergerniß, den Bösen zum Beispiel, stets öffentlich hervor zu treten trachten.


42. In jenen Tagen heirathete eine Nonne, Mathilde, eine Tochter des Markgrafen Thiederich, einen Slaven, Namens Prebizlav. Ihrer bemächtigte sich nachher der unrechtmäßige Befehlshaber von Brandenburg, Bolibut, und hielt sie so eingeschränkt, daß sie sich weder auf die Geburt des Herrn, noch auf irgend ein anderes Fest durch entsprechendes Fasten vorbereiten, auch diese Feste selbst nicht feiern konnte. Dort gebar sie einen Sohn, den sie mit Thränen erzog. Späterhin aber ward sie aus so großem Elende erlöst und obwohl dessen nicht recht würdig, Aebtissin in Magadaburg. Ihr Ehemann war vorher von zwei Zwillingsbrüdern, Ugio und Uffico, am 28. Dec. erschlagen. Dessen Bruder Liudulf trat aus dem geistlichen Stande und that, die Waffen zur Rache ergreifend, den Unseren großen Schaden, ward aber vom Kaiser gefangen genommen und seinem früheren Stande wieder übergeben.


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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/157&oldid=- (Version vom 24.9.2023)