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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/158

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


43. Zu Zeiten Kaiser Otto’s III. lebte in Magadaburg ein Dekan, Namens Hepo, ein munterer Mann, der dem Münster sehr nützlich war, besonders auf dem Chor. Da dieser schon hochbetagt war und in allem, was er vornahm große Ueberlegung zeigte, verlor er plötzlich durch einen Schlagfluß die Sprache. Doch aber konnte er durch die Hülfe des erhabenen Arztes aller Aerzte mit seinen Amtsbrüdern nach wie vor ganz vortrefflich Psalmen singen; obwohl er sonst zu anderer Thätigkeit der Stimmwerkzeuge nicht fähig war. So erkennt, wer diesen wunderbaren Vorfall preist, das Verdienst Christi, der dem, der ihm treu dient, in manchen Stücken Kräfte verleiht. Nachdem aber dieser ehrwürdige Vater in der Beichte besonders darüber sich beklagt hatte, daß er sein Mönchsgewand unerlaubter Weise mit weltlicher Kleidung vertauscht habe, und nachdem er auf Ermahnung seiner Brüder diese Sünde dadurch wieder gut zu machen bemüht gewesen war, daß er das Mönchsgewand wieder anlegte, verschied er bald nachher am 5. Januar, und ward auf dem Kirchhofe von St. Johannes bei seinen Amtsbrüdern begraben, mit denen er, hätte die menschliche Hinfälligkeit es also verstattet, gemeinsam hätte leben sollen.

Der Hüter [Custos] der erwähnten Kirche aber, Namens Ekkihard, beigenannt der Rothe, ein gelehrter Grammatiker und Vorsteher der Schule, wollte eines Tages den hohen Altar, welcher mit Gold, Edelsteinen und dem besten Bernstein verziert war, besichtigen, ob auch etwas daran fehle; plötzlich fiel der Altar um, so daß Ekkihard unter demselben zu liegen kam. Durch die so erhaltene Quetschung ward er bettlägerig und übergab sein seit langer Zeit angehäuftes Geld dem Propste Waltherd, um es mit freigebiger Hand zu vertheilen, und wenige Tage nachher, am 4. Sept., gab er seinen Geist auf. Nun will ich diesen Mann durchaus nicht beschuldigen; das aber weiß ich gewiß, daß wer den heiligen Mauritius beleidigt, sich auf daraus erwachsenden Schaden gefaßt machen muß. Ein Jüngling nämlich wollte, vom Teufel getrieben, in einer finsteren Nacht den Schatz dieses Heiligen

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/158&oldid=- (Version vom 24.9.2023)