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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

bestehlen. Beim ersten Eintreten nun begann er zu zittern und wollte von seinem Vorhaben abstehen; da hörte er, wie er selbst nachher erzählte, eine Stimme, die ihn ermunterte, seinen Vorsatz nur kühnlich auszuführen. Sobald er nun aber eine Krone daselbst ergriffen hatte, ward er sofort mit derselben ertappt und darauf zur Strafe seiner Missethat mit gebrochenen Gliedern auf’s Rad geflochten.


44. Auch bleibe dir, mein Leser, die Festigkeit eines meiner geistlichen Brüder, des Husward, nicht unbekannt. Zu diesem, der damals neben mir schlief, kam der Teufel, der uns ja mit so großer List Fallstricke zu legen weiß, wiederholt in der Nacht und bat vergeblich, bei ihm liegen zu dürfen; zuletzt flehte er ihn fußfällig an, er möge ihm doch um einen Lohn, den er ihm versprach, zu Willen sein. Jener aber, der ein frommer Mensch war und eingedenk blieb des Gelübdes gegen Gott, das er gethan hatte, verlangte, erst solle er ihm den verheißenen Preis zeigen, und dann seine Antwort hören. „Ich will,“ sprach der Teufel darauf, „dir, wenn du in mein Begehren willigst, mit einem ähnlichen Geschenke lohnen, wie ich meinem Diener im Westlande gewährt habe.“ Als er aber diesen Antrag gemacht hatte, trieb ihn der würdige Priester, wie er oft vorher gethan, durch das Zeichen des heiligen Kreuzes mit zornigem Schelten von hinnen, und als er hinterher erfuhr, daß ein Geistlicher im Westlande wegen großer Schandthat am Galgen gestorben sei, erzählte er uns allen die ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Und wunderbar ist, daß der Böse so etwas zu versuchen gewagt hat, da doch alle Sonntage das wahre Kreuz Christi in jenes Schlafhaus getragen wurde. In jenem Jahre nun entrann Husward, ich hoffe als Sieger und voll Reue ob seiner Sünden, am 23. Febr. den Gefahren dieser Welt. Wie er im Todeskampfe lag, so tröstete ihn seine hochbetagte Mutter – sie hieß Bertha – sie trug mit Geduld den doppelten Schmerz, denn der Sterbetag Husward’s war zugleich der Jahrestag des Todes ihres Sohnes Bevo, eines

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/159&oldid=- (Version vom 24.9.2023)