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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


trefflichen Kriegsmannes, den früherhin Markgraf Ekkihard hatte blenden lassen.


45. Auch folgendes Gesicht meines geistlichen Mitbruders Merquard kann ich nicht unerwähnt lassen. Dieser ward, wie er mir selbst zitternd erzählte, auf den allgemeinen Kirchhof geführt, wo er ein ganz mit Flammen angefülltes Grab sah und von seinem Führer so angeredet wurde: „In diesen brennenden Pfuhl sollst du bald geworfen werden, und Rodulf würde dir folgen, wenn er nicht als ein Bekehrter an St. Ludgers Schwelle stände[1]. Denn diese waren beide Mönche im Kloster dieses Bekenners gewesen, der diesen Ort, genannt Helmanstidi [Helmstedt], aus seinen Mitteln zu Zeiten Kaiser Karls des Großen erbaut hatte. Ludger aber war ein Bruder Hildigrims, Bischofs von Chalons, und ersten Lenkers der Kirche von Halberstadt, der er 47 Jahre vorstand, denn er starb unter der Regierung Ludwigs des Frommen 827 im Jahre 827. Ludger aber ward von Kaiser Karl zum ersten Bischofe von Mirmingerdevord [Münster] eingesetzt, und nachdem er seinen Sprengel auf das beste in Ordnung gebracht und einen 808 Ort, Wirdunun [Werden], auf eigene Kosten erbaut hatte, empfing er im Jahre 808 den himmlischen Lohn. Ihn überlebte der eben genannte Kaiser nur um fünf Jahre, indem er am 28. Januar, 814 71 Jahr alt, im sieben und vierzigsten Jahre seiner Regierung, im vierzehnten seines Kaiserthums, seinen Geist aushauchte. Der oben erwähnte Priester nun gelobte in dem Jahre, in welchem er dies Gesicht hatte, sein früheres Leben im Kloster wieder zu beginnen, und dem Gehorsam gegen die Ordensregel sich aufs neue zu unterziehen, und starb bald nachher, am 14. April. – Was ich hier nun von meinen geistlichen Mitbrüdern gesagt habe, das habe ich nicht gesagt, um sie anzuklagen, sondern vielmehr, um uns alle zu beschwören, daß wir vorsichtig sein und den Tugendhaften nachahmen mögen.


  1. d. h. wenn er sich nicht voll Reue aus dem sündigen Leben wieder als Klosterbruder in St. Ludger’s Stift zurückbegeben hätte.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/160&oldid=- (Version vom 24.9.2023)