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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1003 Fasten beging; denn erst trachtete er das Reich Gottes zu erlangen und was vor ihm recht ist, darnach erst, die Anforderungen menschlicher Gebrechlichkeit zu befriedigen.


18. Da während der Zeit Wlodowej von Böhmen gestorben war, so wurden die obenerwähnten sammt ihrer Mutter vertriebenen Brüder von den reuigen Unterthanen wieder zurückberufen. Sie aber griff der Herzog Bolizlav von Polen mit einem von allen Seiten zusammengezogenen Heere an und vertrieb sie zum zweiten Male, setzte darauf den früher vertriebenen Herzog Bolizlav wieder in seine alten Würden ein und kehrte, seine hinterlistigen Pläne tief verhehlend, heim. Er wußte nämlich gar wohl, daß sein Vetter sich an den Urhebern und Beförderern seiner Vertreibung allzu wild rächen werde und hoffte sich dann vielleicht selbst mit besserer Gelegenheit hineinbringen zu können. Und das geschah denn auch folgendermaßen. Da der böhmische Bolizlav sein Volk, welches verruchtem Götzendienst ergeben war, in völliger Sorglosigkeit sah, so steigerte er seine eigene Gottlosigkeit in so hohem Grade, daß er den von ihm eidlich beschworenen Friedensbund in folgender Weise treulos brach. Er ließ alle Großen seines Landes vor sich in einem Hause erscheinen, und tödtete darauf zuerst seinen eigenen Schwiegersohn, indem er ihm das Haupt mit dem Schwerte durchbohrte mit eigener Hand, und dann mit Hülfe der Helfershelfer seiner Bosheit alle Uebrigen, obwohl sie unbewaffnet waren; und das that er noch dazu in der heiligen Fastenzeit, der hinterlistige Blutmensch, der nicht die Hälfte der ihm verliehenen Lebenstage verdiente. Darob entsetzt, sandten die noch übrigen Unterthanen Bolizlav’s an den Herzog von Polen heimlich Boten mit dem Berichte von der verübten Gewaltthat und mit dem Anliegen an ihn, sie von ihrer Angst zu befreien. Diese Bitte erhörte er gerne, und ließ zu dem Ende jenen durch einen treuen Vermittler auffordern, mit ihm zu einer Unterredung auf einer nahen Burg zusammenzukommen, um sich gemeinschaftlich mit ihm über gewisse, ihr beiderseitiges Interesse angehende dringende Angelegenheiten in

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/192&oldid=- (Version vom 29.9.2023)