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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

kurzem zu besprechen. Darein willigte denn der jüngere Bolizlav 1003 sofort und kam an den verabredeten Ort. Hier wurde er zuerst freundlich empfangen; in der folgenden Nacht aber blendeten ihn seine Anverwandten und hinderten ihn so, theils je wieder solche Frevel an den Seinen zu üben, theils die Regierung weiter dort zu führen. Dann verurtheilten sie ihn zu einer langen Verbannung. Sein älterer Namensvetter aber eilte am nächsten Tage rasch gen Prag und ward von den auf ein neues Regiment sich stets freuenden Einwohnern eingeholt und von ihnen einmüthig zum Herrn erhoben. Wie nun so seine zeitliche Macht wuchs, nahm die Verstocktheit seines zügellosen Sinnes noch auf eine ganz ungewohnte Weise zu. Dies beachte, mein Leser, und wisse, daß, wessen Geist im Glücke aufgeblasen ist, oft im Unglück zu sehr zu Boden sinkt, was, wie die Schrift bezeugt, ein weiser Mann nicht thut.


19. Der König, der das Vorgefallene durchs Gerücht vernahm, ertrug alles mit ehrenwerthem Ernst und geduldigem Gemüthe, indem er alles Mißgeschickt, das sich zu seiner Zeit im Reiche ereignete, allein seinen eigenen Sünden zuschrieb. Er schickte deshalb, indem er, das schien ihm das passendste, alles was den Böhmen widerfahren war, unbemerkt ließ, an Bolizlav Abgeordnete mit dem Auftrage, wenn er um das jüngst von ihm in Besitz genommene Land, wie es das alte Recht fordere, seine Gnade nachsuchen und ihm in allen Stücken treulich dienen wolle, so werde er ihm seinen Wunsch gewähren; wo nicht, so werde er ihm mit den Waffen entgegentreten. Diese so billige und so geschickt angebrachte Botschaft vernahm Bolizlav nichtsdestoweniger mit Unwillen und verdiente so die Strafe, die ihn später ereilte.

Der König beging nach Beendigung der von ihm, wie anfänglich bemerkt, während der heiligen Passionszeit gehaltenen Fasten das Osterfest zu Quidilingaburg nach Art seiner Vorfahren auf würdevolle Weise[1]. Hier ließ er weder von Bolizlav’s ungerechter

  1. Am 28. März 1003.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/193&oldid=- (Version vom 29.9.2023)