Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/197

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

vor den König geführten Gefangenen aber ward von den Richtern 1003 das Todesurtheil gesprochen, welches jedoch auf dringende Verwendung des Erzbischof Willigis von Mainz nach des Königs Verfügung in eine Geldbuße umgewandelt wurde. Graf Bucco aber ward, als er von der Flucht seines Lehnsherrn und Bruders Kunde bekam, schmerzlich ergriffen, und berieth sich mit seinen Gefährten, was er nun zu thun habe. Von diesen bekam er verschiedene Antworten. Einige fagten, wegen der ihrem Herrn gelobten Treue und der ihnen sonst zeitlebens vorzuwerfenden Feigheit wollten sie lieber sterben, als jemals die Burg mit solchen Unterpfändern dem Könige überliefern, und da ja auch noch ihr Herr am Leben war, so hofften sie noch immer auf Entsatz. Andere aber, die umsichtiger waren, erklärten, reißendem Wasser und einem mächtigen Manne sei schwer zu widerstehen, Besiegte erhielten selten oder nie Verzeihung, und behaupteten, sie würden jetzt, wo sie noch von keiner Wunde beschwert und unversehrt seien, vom Könige die Erlaubniß erwirken, sammt ihrer Herrin und aller Habe und Mannschaft frei abzuziehen. Diesem letzteren Rathe gemäß sprach Bucco, der Befehlshaber der Burg, mit Otto, dem Bruder seiner Gebieterin, und übergab mit dessen Bewilligung die Burg in die Gewalt des Königs; er selbst zog mit allen ihm anvertrauten ungefährdet ab. Sofort befahl der König, die Burg von Grund aus zu vertilgen; weil aber die Vollstrecker dieses Auftrags derselben schonten, so wurde sie sammt den Gebäuden zum großen Theile erhalten.


22. Während der König unterdeß Graf Heinrichs Burg Crusni [Creußen] belagerte, sammelte Bolizlav, der sich sehr beeiferte, ihm irgendwie beizukommen, heimlich ein Heer und ließ durch Abgesandte seinen Bruder Guncilin auffordern, eingedenk seines alten Versprechens, ihm die Stadt Misni [Meißen] zu übergeben und die alte Freundschaft zu erneuern. Jener aber, der wußte, daß er durch Bolizlav’s Beginnen die Huld des Königs und sein so schönes Lehen völlig verlieren würde, antwortete auf jenen Antrag: „Mein Bruder, gerne will ich dir alles gewähren, was

Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/197&oldid=- (Version vom 29.9.2023)