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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/201

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

durch den er viele ihm wohlgefällige Anordnungen ausführen ließ. 1004 Zuletzt aber vermochte er doch dem feurigen Anreize, dem der Herr in ihm entzündete, nicht mehr zu widerstehen, und indem er den Erzbischof mit unbegrenztem Hasse verfolgte, sandte er jene Abgeordneten an ihn. Ihnen antwortete Gisiler mit Mühe folgende Worte: „Man gebe mir nur zwei oder drei Tage Aufschub und gestatte mir von dannen zu gehen; sind diese vorüber, so will ich euch bestimmten Bescheid geben.“ Dies erlangte er vom Könige; er setzte sich – wie er es schon lange nicht anders gewohnt war – in einen Wagen und begab sich auf sein Gut Thriburi[1] und nachdem er sich dort zwei Tage lang aufgehalten hatte, verließ er am 25. Januar diese Welt. Auf diese Kunde folgte der König selbst der Leiche des verstorbenen Erzbischofs nach Magadaburg, wohin er seinen Caplan Wigbert voraufschickte, um die einstimmige Wahl des Tagino von den geistlichen Brüdern zu erlangen. Der dortige Propst aber, Namens Waltherd, berief alle geistlichen Mitbrüder zusammen und zeigte ihnen den Tod ihres Vorgesetzten und zugleich die Ankunft des Königs an, indem er sie beschwor, einen aus ihrer Mitte zu erlesen und so den alten Wahlbrauch zu bewahren. Sofort antworteten ihm alle, ihn selbst wollten sie, wenn’s Gott gefalle, insgesamt zum Herrn haben. Dies nun vernahm er mit gebührender Demuth, bat aber auf seinen Knieen um Aufschub. Die Leiche des Erzbischofs ward nach St. Johannis[2] gebracht und dort in der folgenden Nacht mit geziemenden Ehren bewacht. Am folgenden Tage aber wurde sie nach der St. Mauritiuskirche getragen, wo sie von dem Könige, der sich dort einfand, sammt der ganzen Geistlichkeit und Gemeinde empfangen und die zweite Nacht sorgfältig behütet wurde. Am andern Morgen ward Bischof Arnulf [von Halberstadt] an die trauererfüllten geistlichen Mitbrüder und die Vasallen des Verstorbenen vom König gesandt wegen der Wahl des Tagino. Als er nun seine Botschaft an alle

  1. Wahrscheinlich Troibern bei Dornburg.
  2. Das außerhalb der Stadt erbaute Kloster, später Kloster Bergen genannt, wohin bei der Errichtung des Erzbisthums die Mönche von St. Moritz versetzt waren.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/201&oldid=- (Version vom 29.9.2023)