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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1004 der Ordnung nach gemeldet hatte, so nahm Waltherd für alle das Wort und erwiderte: „Wir wissen, was euer Herr beabsichtigt. Wir wünschen, wo möglich, Freiheit der Wahl zu haben. Alle diese Männer hier haben sämmtlich den Wunsch ausgesprochen, daß ich in die eröffnete Stelle eintreten möchte, wovon ihr selbst euch überzeugen könnt. Wir sind höchlich darum besorgt, daß den Rechten unserer Kirche kein Abbruch geschehe, und daß dies nicht eintrete, dazu bitten wir um des Königs Liebe und um eure Verwendung. Nicht uneingedenk sind wir des Ausspruches eines Weisen:[1] „die Freiheit des Volkes, welches unter einer Regierung stehe, werde vernichtet durch die Freiheit des Herrschers und sei ein leeres Schattenbild, wenn es allen Vorschriften desselben sich fügen wolle.““ Der Bischof verließ, nachdem dies gesprochen war, die Versammlung und theilte alles dem Könige mit. Dieser ließ als bald den Propst rufen und erlangte, indem er ihm vieles versprach, sowohl seine eigene Entsagung, als seiner Capitelsgenossen Einwilligung in die Wahl Tagino’s, und indem dann sofort alle in der Hauptkirche zusammenkamen, übertrug der König vermittelst des Hirtenstabes Arnulfs dem ehrwürdigen Vater Tagino die Leitung der Geistlichkeit und der Gemeinde zu einstiger Rechenschaft vor dem höchsten Richter, und setzte ihn selbst im Beisein und unter den Lobgesängen Aller auf den bischöflichen Sitz. Nachdem darauf eine Seelenmesse gehalten war, wurde die erzbischöfliche Leiche am Fuße des südlichen Altares bestattet.


25. Bevor ich nun aber an die Darstellung von der Erneuerung unseres Bischofsitzes gehe, muß ich doch einiges von dem ebengenannten Manne anführen, der damals geweiht werden sollte.

Er war ein Geistlicher des trefflichen Wulfgang, der als ein frommer Hirte, selbst nur angethan und lebend wie ein einfacher Mönch, die Kirche von Regensburg gehütet hatte. Diesem war er so theuer, daß derselbe ihn von klein auf wie seinen Sohn aufzog, und ihm, als er erwachsen war, die Verwaltung aller seiner Güter

  1. Des Lucan III, 145.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/202&oldid=- (Version vom 29.9.2023)