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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1004 erzählt hat, gerade zehn Jahre verflossen waren. Der neuerwählte Erzbischof brachte dem Kaiser, der Kaiserin und allen seinen Gefährten vielfache Geschenke dar, welche jedoch seinem guten Herzen noch keineswegs genügten.


26. Von Magadaburg begab sich der König mit ihm nach einer dem Erzbischof gehörigen Burg, Namens Givikansten[1] und besichtigte dort alles, was Erzbischof Gisiler daselbst gesammelt hatte, im einzelnen, worauf er bezeugte, daß alles im Ueberfluß vorhanden sei. Dann besuchte er die lange ihres Hirten beraubte Kirche von Merseburg, um sie in ihrem verwaisten Zustande zu trösten, und begann mit Eifer daran zu denken, wie er ihr ihre alten Ehren wieder geben könnte. Daselbst ward der ehrwürdige Tagino am zweiten Februar, d. i. am Tage der Begegnung Simeon’s des Gerechten, in Gegenwart des Königs und eines päpstlichen Legaten[2] vom Erzbischof Willigis von Mainz mit Bewilligung des Bischofs Hilderich [von Havelberg], welcher der erste der dortigen Bischöfe nach der Reihenfolge der Weihe war, unter dem Beistande aller übrigen Bischöfe geweiht. Weil aber Tagino, der laut der päpstlichen Erklärung allein vom apostolischen Bischofe[3] eingesetzt werden sollte, dorthin [nach Rom] wegen der Dringlichkeit der Umstände nicht kommen konnte, so machte er hier in der Verleihung des heiligen Oeles die Dreizahl voll[4]. Dem Waltherd aber übertrug er die ganze Verwaltung des Erzbisthums an seiner Statt. Der König, der sich mit der Speise der Gerechtigkeit, wonach ihn stets hungerte und dürstete, zu sättigen sehnte, tauschte, weil er wußte, daß es Bischof Arnulf von Halberstadt nicht anders thäte, gegen hundert Hufen Landes die Befreiung allein des Merseburger Territoriums von dem bischöflichen Gerichtsbann ein[5].

  1. Giebichenstein bei Halle.
  2. Bischof Leo, Bibliothekar der römischen Kirche.
  3. d. h. dem Papste. Diese Angabe Thietmars scheint aber auf einem Irrthum zu beruhen.
  4. Er war der dritte Erzbischof von Magadaburg.
  5. Vgl. III, 8. Merseburg stand seit 981 unter dem Bischofe von Halberstadt. Der König Heinrich II. mußte deßhalb, um die Stadt von dem Regimente des Bischofs zu eximiren, die Rechte des Bischofs gegen 100 Hufen Landes erkaufen. Im lateinischen Text steht für Territorium das mittelalterliche „burgwardus“.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/204&oldid=- (Version vom 29.9.2023)