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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/226

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1005 nicht blos den König und seine Begleiter mit Schmerz, sondern ging selbst, wie mehrere glaubwürdige Zeugen berichten, dem Herzog Bolizlav sehr nahe.

Darauf vereinten sich die Liutizen mit den Unsrigen den Tag bevor man an die Oder kam. Sie folgten ihren Göttern nach, die ihnen vorangingen. Obwohl ich nun fast Abscheu davor empfinde, dieser Heiden zu gedenken, so will ich doch, damit du, geliebter Leser, ihren eitlen Wahnglauben und den noch nichtigeren Götzendienst dieses Volkes kennen lernst, in kurzem entwickeln, welcher Art sie sind und woher sie einst in diese Gegenden kamen.


17. Es liegt im Gau Riedirierun [der Redarier][1] eine Burg, Namens Riedegost [Rethra], von dreieckiger Gestalt, mit drei Thoren versehen, welche von allen Seiten ein großer, von den Eingebornen gepflegter und heilig gehaltener Hain umgiebt. Zwei dieser Thore stehen jedem in die Burg hineingehenden offen; das dritte im Osten gelegene, kleinste, weist hin auf einen Pfad zum Meere und gewährt einen gar furchtbaren Anblick. An diesem Thore steht nichts, als ein künstlich aus Holz gebautes Heiligthum, welches anstatt des Fundamentes die Hörner verschiedener Thiere zur Grundlage hat. Die Außenseiten dieses Heiligthums sind mit verschiedenen Bildern von Göttern und Göttinnen, die, so viel man sehen kann, mit bewundernswerther Kunst in das Holz hineingemeißelt sind, verziert; inwendig aber stehen von Menschenhänden gemachte Standbilder von Götzen, mit ihren Namen am Fußgestell, furchtbar anzuschauen; denn sie stehen da in voller Rüstung, mit Helm und Harnisch angethan. Der vornehmste derselben heißt Zuarasici und wird von allen Heiden vornehmlich geehrt und angebetet. Hier befinden sich auch ihre Feldzeichen, welche nur im Falle des Bedürfnisses, wenn es zum Kampfe geht, von hier fortgenommen und dann von Fußkämpfern getragen werden. Um dies alles sorgfältig zu hüten, sind von den Eingebornen besondere Priester angestellt, welche, wenn die Leute hier

  1. Der südöstliche Theil des Großherzogthums Mecklenburg-Strelitz.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/226&oldid=- (Version vom 30.9.2023)