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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1008 entfremdete sich denselben dadurch in dem Grade, daß er alles, was er hatte, aufgab und – wie ich oben erzählt habe – in den Dienst des Königs Heinrich trat, dem er denn auch ausnehmend gefiel. Denn er, ausgezeichnet von Gestalt und Antlitz, hatte einen trefflichen Vortrag und ein sehr angenehmes Organ, war weise im Rath, unterhaltend im geselligen Kreise und außerordentlich freigebig. Daher gelangte er also durch Gottes Gnade und wegen seiner Tugenden zur Würde eines Bischofs von Merseburg. Als solcher erwarb er während der ihm von Gott bewilligten Tage folgende Besitzungen für seine Kirche: Sidegeshusun und Wiribeni [Werben], in Derlingun [Nieder-Röblingen] neun Höfe, in Daliwi [Thaldorf] sieben, in Ninstedi [Nienstädt] drei. Von seinen eigenen Gütern aber schenkte er der Kirche in Uppusun[1] sieben Höfe und den Bergwald, den man den schönen Berg nennt. An Büchern und an Geräthen für den Gottesdienst schaffte er viel nützliches an. Nicht weniger als zehn Jahre hindurch litt er in Folge eines vergifteten Trankes an häufigen Körperschmerzen und im Märzmonat erreichten diese den höchsten Punct. Wenn er daher gegen die Seinen oder gegen Fremde irgend unfreundlich war, so war daran die von seinen außerordentlichen Körperleiden bewirkte Aufregung Schuld. In unabläßiger Predigt und Lehre suchte er seine ihm anvertrauten Diöcesanen von der Irrbahn des Aberglaubens abzubringen. So zerstörte er auch einen Hain, Namens Zutibure, den die Anwohner desselben in jeder Beziehung göttlich verehrten und von alter Zeit her nie verletzten, von Grund aus, und erbaute an der Stelle desselben dem heiligen Märtyrer[WS 1] Romanus eine Kirche; und außer dieser hat er noch eine dritte und eine vierte in Magadaburg und sonst noch viele andere Gotteshäuser selbst eingeweiht. Wenn die wankelmüthige Menge etwas zu seinem Nachtheil schwatzt, so bin ich überzeugt, daß bei Gutgesinnten dergleichen durchaus keinen Glauben finden wird. Gar Manche bedenken, indem sie Andere beschuldigen, nicht, daß niemand ohne

  1. S. oben Kap. 12 S. 195 A. 1.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Märyrer
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/238&oldid=- (Version vom 30.9.2023)