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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Sünde ist. Dieser ehrwürdige Mann nun saß fünf Jahre sechs 1008 Wochen und fünf Tage auf dem bischöflichen Stuhle. Nachdem er mit vielen Thränen zu wiederholten Malen seine Beichte abgelegt und von den ihn auf seinem Sterbelager besuchenden Bischöfen Wigo [von Brandenburg] und Herich [von Havelberg] die Vergebung seiner Sünden empfangen hatte, ging er am Dienstage den 24. März in Merseburg aus diesem Leben in, wie ich hoffe, 1009 seligem Abscheiden zu Christus hinüber. Er ward an der Stelle bestattet, die einer der Auserwählten Christi, der während seiner Lebzeiten sein Führer und Gefährte gewesen war, ihm vordem in einer Erscheinung angewiesen hatte.


27. Zu dieses Mannes Nachfolger ward ich Unwürdiger, der ich dies schreibe, von dem frommen Seelenhirten Tagino vorherbestimmt. Als der König nämlich zu Palithi [Pölde] Weihnachten feierte [1007], besprach er sich mit diesem seinem Vertrauten, wie er nach dem Tode Bischof Wigberts die Merseburger Kirche einem guten Hirten anvertrauen könnte. Da sprach der Erzbischof: „Es ist an meinem Münster ein Bruder, Namens Thietmar, den ihr selbst wohl kennt; dieser Mann, der das Seine verständig beschafft, ist, wie ich hoffe, mit Gottes Hülfe für das Amt geeignet.“ Da hub der König an: „Möchte er’s doch annehmen! an mir hätte er in allem, was er bedürfte, sicher einen zuverlässigen Beförderer.“ Sofort ward mein Vetter Thiedrich [Bischof von Münster], an mich abgeschickt, um mir dies von Seiten des Königs und des Erzbischofes mitzutheilen und mich nach Kräften zu bereden, darauf einzugehn. Ich erhielt diese Botschaft zu Magadaburg, wo ich damals verweilte, und antwortete folgendermaßen: „Gott der Allmächtige möge es meinem geliebten Herrn und Vater vergelten, daß er meiner je in Gutem Erwähnung gethan hat. Ich halte mich aber dessen, was er mir zudenkt, für unwürdig; darum wage ich es noch gar nicht anzunehmen und für passend zu erklären. Auch steht es ja in Gottes Hand, den Bischof, der doch noch am Leben ist, dem Rachen des Todes zu entreißen. Schlage

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/239&oldid=- (Version vom 30.9.2023)