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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Urlaub vom Propste und von meinen geistlichen Mitbrüdern am 1009 Palmsonntage von hier abreiste, erreichte ich am Dienstage nach Christi Auferstehung [19. April] den Ort meiner Bestimmung und wurde vom Erzbischofe gnädig empfangen, obwohl er zürnte, daß ich so spät kam. Am folgenden Tage ward ich zu ihm berufen und von ihm auf Befehl des Königs befragt, ob ich geneigt sei, meine Kirche mit einem Theile meines Vermögens zu unterstützen? – Darauf antwortete ich: „Auf euern Befehl bin ich hieher gekommen, nicht aus eigenem Antriebe, und auf diese Frage jetzt schon eine bestimmte Antwort zu geben, bin ich weder im Stande, noch gewillt. Wenn nach Gottes Willen durch des Königs Gnade eure Gesinnung gegen mich, liebevoll, wie sie von jeher gewesen ist, ihr Ziel erreicht, so werde ich, was ich nur in dieser, wie in allen anderen Beziehungen zum Heile meiner Seele und aus Pflicht gegen das mir anvertraute Amt zu thun vermag, gern erfüllen.“ Diese meine Worte nahm der Erzbischof gütig auf und billigte sie, und führte mich darauf in die Capelle des Bischofs Bruno, wo der König ihn erwartete, und übergab, indem er selbst zur Messe angethan war, mich in des Königs Hände. Als dieser mir darauf unter Mitwahl der Anwesenden unverdienter Weise das bischöfliche Amt vermittelst des Krummstabes verliehen, und ich, auf die Erde niederknieend, um Nachsicht gebeten hatte, da stimmte der Sangmeister den Eingang an: „Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters.“ Und in der größeren Kirche läuteten inzwischen alle Glocken zur Messe, und obwohl dies nur durch Zufall und nicht auf jemandes Geheiß oder meiner Würde wegen geschah, so erklärte es doch der König für eine gute Vorbedeutung. Nachdem darauf der hochwürdige Bischof Bruno daselbst ein großes Gastmahl veranstaltet hatte, kamen wir am nächsten Sonnabende nach Neuburg[1]. Hier wurde ich am Sonntage nach Ostern [24. April] von dem genannten Erzbischofe, unter Beihülfe unseres Mitbruders Hilliward [Bischofs von Zeiz], unter Mitwirkung von nicht weniger

  1. Neuburg an der Donau.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/241&oldid=- (Version vom 30.9.2023)