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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


oben geredet habe[1], dachte nach dem Vergehen, daß er sich gegen seinen Herrn und König hatte zu Schulden kommen lassen, ernstlich daran, von diesem Makel sich zu reinigen. Daher erbaute er an einem Orte, Namens Waldbach [Walbeck], der heiligen Mutter Gottes zu Ehren ein Kloster, in welches er den Willigis als Propst einsetzte, indem er den Brüdern zu Kleidung und Nahrung den zehnten Theil seines Vermögens schenkte. Nach seinem Tode beeilte sich seine Gemahlin Mathilde, unter Mitwirkung ihrer beiden Söhne, ihres geliebten Eheherrn Wünsche zu vollziehen, und sie ließ nach dem Abscheiden des trefflichen Willigis den Reginbert, einen gebornen Ostfranken, an dessen Stelle folgen. Dieser wurde nach Verlauf vieler Jahre, als mein Vater und dessen Mutter bereits gestorben waren, mit Hülfe meines Oheims Liuthar von Otto III. zum Bischof von Aldenburg[2] erhoben.

Damals lebte in unserer Nachbarschaft ein Geistlicher edler Abkunft, Namens Thiedrich, der auf Zureden des genannten Grafen Liuthar jene Propstei um zehn Hufen Landes erwarb. Als dieser eben so lange wie Reginbert, oder länger im Amte gewesen war, starb meine Mutter, und ich bekam, indem ich als dritter Erbe in Besitz trat, von meinen Brüdern die Hälfte des Lehnsgutes, welches zu jenem Kloster gehörte. Darauf ging ich zu wiederholten Malen meinen Oheim an, ob es mir nicht verstattet würde, das erwähnte Amt zu übernehmen, und ob dies nicht, wenn es umsonst nicht sein könne, um einen mäßigen Preis zu erlangen wäre. Dieser forderte von mir nach einer langen, beharrlich durchgeführten Verhandlung ein bedeutendes Opfer, ohne die Pflichten und die Liebe, die er als ein so naher Verwandter mir schuldete, zu beachten. Da ich nun bei meinen Brüdern keine Unterstützung fand, so willigte ich leider in sein Verlangen, und war so der Hüter derselben Kirche, deren Lehensmann ich vermöge erblicher Uebertragung von meinem Vater her war. Dies geschah am 7. Mai des Jahres 1002 der Menschwerbung Christi, indem

  1. II, 14.
  2. Bei Thietmar Antiqua civitas, jetzt Oldenburg in Wagrien, dem nordöstlichen Theile von Holstein. Das Bisthum wurde später nach Lübeck verlegt.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/245&oldid=- (Version vom 30.9.2023)