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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/247

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Schuldigkeit erfüllt. Die Würde eines Presbyters aber empfing ich Unwürdiger am 21. Decbr.[1] aus den Händen des genannten Erzbischofs, in Gegenwart König Heinrichs, der mir bei der Gelegenheit noch ein treffliches Meßgewand verehrte.

Noch vordem aber, bevor ich zum Bischof erhoben wurde, in der Woche, in der die gesammte Christenheit gemeinsam das Gedächtniß der Brüder feiert [2], verkündete mir jemand im Schlafe folgendes: „In diesem Jahre,“ sagte er, „müßt ihr, der Bischof Hillerich [von Havelberg], der Decan Meinrich und du Gottes Willen thun.“ Darauf antwortete ich: „Wie es des Himmels Wille ist, also geschehe es.“ Und noch in demselben Monate und an dem zunächstfolgenden 30. Oct. [1008], verschied der ebengenannte Bischof im Herrn, wie ihm das vorher offenbart war.

Und weil nun der allmächtige Gott den gebrechlichen Menschen in seiner Gnade nicht selten persönlich aufsucht und ihm Trost spendet, so gebührt es sich, solche Beispiele durch Rede und Schrift der Nachwelt zu überliefern, auf daß der Name des Herrn verherrlicht und der schwankende Mensch für sich zu sorgen angeregt werde. Der ebenerwähnte Bischof also wurde, als er zu Magadaburg einst an einer heftigen Krankheit darniederlag, von einem trefflichen Manne, der ihm im Schlafe erschien, so vermahnt: „Sei nicht um dein Ende besorgt; auf dieses hast du noch vier Jahre und zwei bis drei Wochen zu warten, darum lasse nicht ab, so viel wie möglich Gutes zu thun.“ Nachdem er dies gesagt, verschwand er, und der Bischof überlebte diesen Krankheitsanfall, wie er ihm vorausgesagt hatte, und zwar, wie ich hoffe, wachen Geistes, bis ihn leider ein plötzlicher Tod aus diesem Leben abrief. Die Nacht darauf erschien ein großes Licht, das von Vielen gesehen wurde.

Nach dem Feste aller Heiligen [1008 Nov. 1] bat ich, meiner

  1. Dies war wahrscheinlich im Jahre 1003.
  2. Es kann hiermit nur die auch von Widukind I, 12 erwähnte sog. Gemeine Woche, die Woche nach Michaelis gemeint sein, wie auch Koppmann im Jahrbuch für Niederdeutsche Sprachforschung 1876 S. 116 bemerkt. Weshalb Lappenberg (Monumenta Germ. Scr. III. S. 819) den 11. Oct. an den Rand setzte, ist unerklärlich.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/247&oldid=- (Version vom 30.9.2023)