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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/250

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1009 achte der Seligkeiten [Matth. 5, 10] und das, was jenen Geboten zuwider ist, fliehend, sie zu erreichen streben. Doch was bemühe ich mich, die Einen noch weiter zu tadeln und die Andern zu erheben, da ja ein Jeglicher gewißlich nach Beschaffenheit der Saat, die er ausgestreut hat, Frucht bekommen wird an dem Tage der Ernte? Freilich – wir, die wir tagtäglich uns um vergänglicher Schätze willen abmühen, warum setzen wir nicht unsere weltliche Furcht bei Seite und streben ein wenig vorwärts hin nach der Krone unvergänglicher Ehre? Diese Krone mittelst aller seiner Fahrten und Mühen zu erlangen, war das eifrigste Streben unseres Königs, und darum wurden seine Freunde seine Feinde, weil er mit Recht die Gottlosen haßte.


33. Indeß rührte Graf Dädi, indem er mit Worten und Werken meinem Neffen Wirinhari großen Schimpf anthat, wieder jenes Unheil auf, welches Wirinhari längst vergessen geglaubt hatte. Denn auf sein Anrathen und mit seiner Hülfe ward Walmerstidi[1] [Wolmirstedt], slavisch Ustiure genannt, weil hier die Ara [Ohre] und die Elbe zusammen fließen, eine Burg, die Wirinhari’s Vater und uns zugehörte, geplündert und eingeäschert. Das Alles entzündete des trefflichen Jünglings muthvolles Herz. Und als er zuverlässige Kunde bekam, daß der Feind von Tongeremuthi [Tangermünde] (so benannt, weil die Tonger dort in die Elbe mündet) herzöge, nahm er meinen Bruder Fritherich[2] nebst nur zwanzig Bewaffneten mit, und griff sie von der Höhe eines Feldes her, welches sich bis nach dem Dorfe Moss[3] hin erstreckt, von wo aus er von ferne erblickt werden konnte, mannhaft an und erschlug den Dädi, der, obwohl seine Knappen, deren mehr als vierzig waren, sehr bald davon flohen, den tapfersten Widerstand leistete, sammt seinem Lehnsmanne Egilhard. Und so verlor er [Wirinhari] nach dieser That mit Recht, was er vorher auf eine

  1. Etwas nördlich von Magdeburg gelegen
  2. Der nächstjüngste Bruder Thietmar’s, Burggraf von Magdeburg.
  3. Etwas nördlich von Wolmirstedt.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/250&oldid=- (Version vom 1.10.2023)