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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1009 einen Rächer erwartet hatte. Er setzte hinzu, daß Guncelin die Familien vieler Leibeigenen, die ihm das geklagt hätten, an die Juden verkauft, und sich weder auf sein, des Königes, Gebot um die Freigebung derselben, noch auch darum bekümmert habe, den Räubereien Einhalt zu thun, die in seinem Namen vielen Menschen Schaden und Gefahr brächten. Zudem klagte Heinrich, Guncelin stände bei seinem Bruder Bolizlav [von Polen] mehr in Gunst, als ihm zieme oder dem Könige gefallen könne. Auch waren solche anwesend, die ihn anzuklagen bereit waren, daß er mit ihnen selbst zusammen sich des Hochverraths schuldig gemacht habe. Bei so vielen obwaltenden Beschwerden und den dagegen von Seiten seiner und der Seinigen vorgebrachten Entschuldigungen wurden die Fürsten des Reichs vom Könige um einen gemeinsamen Rath ersucht, und thaten nach langer geheimer Erwägung den Ausspruch: „Wir wissen, daß Guncelin’s Betragen gegen euch nicht ohne Entschuldigungsgründe ist; unser Gutdünken geht dahin, daß er sich alles Widerstreben bei Seite setzend, unbedingt eurer Gnade unterwerfe. Euer Herz aber rühre der Allgütige in seiner Barmherzigkeit, daß ihr nicht nach dem Maße seines Verdienstes, sondern nach der ganzen Größe eurer gränzenlosen Milde an ihm thun möget, auf daß dies zur Richtschnur diene allen denen, die sich an euch wenden.“ Diesen Rath genehmigend, empfing der König den Markgrafen und übergab ihn dem Bischof Arnulf von Halberstadt zu sicherer Haft; seine Stadt Misni [Meißen] aber ließ er fortwährend gegen feindliche Angriffe besetzt halten und überwies die Obhut derselben einstweilen dem Grafen Fritherich [von Eilenburg]. Im folgenden Sommer zur Erntezeit aber verlieh er die Stadt, auf Verwendung der Königin und auf Antrieb des lieben Tagino, dem Rathe und der Beipflichtung derselben Fürsten gemäß dem Grafen Heriman.


37. Unterdeß bewachte Graf Brun, ein Bruder Guncelins, da ihn die Reihe traf, die Stadt Misni. Damals aber, einen Tag vor Herimans Ankunft, kam eine große Schaar von Polen

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/254&oldid=- (Version vom 2.10.2023)